Montag, 8. Februar 2016

999 vs. Virtue's Last Reward #1




Eigentlich schlummern diese Einträge schon seit geraumer Zeit in meinen Entwürfen - nämlich seitdem mein Freund "Nine Hours, Nine Persons, Nine Doors" gespielt hat, kurz nachdem ich "Virtue's Last Reward" selbst durch hatte (also ja, ich meine wirklich eine sehr "geraume Zeit"). Jetzt wo ein dritter Zero Escape Teil erscheinen soll, nehme ich das als Anlass, um meine Texte noch zu veröffentlichen.
Es geht hier also um einen direkten Vergleich von 999 und VLR - ich habe vieles davon schon bei meinem Fazit zu VLR geschrieben, aber nachdem ich 999 eben noch einmal aus einer Sicht erleben konnte, wo ich alle Geheimnisse schon kannte, hat mich das alles nochmal sehr beschäftigt. Vor allem im Bezug darauf, warum der Nachfolger trotz guter Ideen und komfortablerem Gameplay einfach nicht gegen das Original ankommt. ;)
Und die Reihe bietet sich auch gut für so etwas an, weil sich viele Dinge einfach direkt gegenüberstellen lassen - denn Zero Escape soll sich zwar irgendwo neu erfinden, um den Überraschungseffekt beizubehalten, allerdings müssen andere Zutaten gleich bleiben, um eine bestimmte Atmosphäre zu erzielen. Es gibt hier mehr "Regeln", an die sich eine Fortsetzung halten muss, weil der Fokus der Spiele auf diese ausgerichtet ist. Und so gibt es viele Punkte, die man problemlos vergleichen kann.
Diese Punkte werde ich jetzt in dieser kleinen Artikelreihe auflisten – es ist eine Reihe, weil ich mich natürlich wieder mal einfach nicht kurz fassen kann. Und auch wenn das alles natürlich meine subjektive Meinung ist, bemühe ich mich trotzdem, eher allgemeine Dinge anzusprechen. Also keine Sorge, ich werde kaum über meine Gefühle bestimmten Charaktern oder Plottwists gegenüber schwafeln. ;) Den Beginn macht eine relativ simple Sache, die aber ziemlich eng mit allen anderen Kritikpunkten verwoben ist.

1. Der Schauplatz für das Nonary Game

Hier geht es gar nicht darum, wo die Nonary Games wirklich stattfinden, sondern um die Präsentation des (vorgekaukelten) Schauplatzes. In 999 erwacht man in einer Kajüte und ist überzeugt davon, sich auf einem Schiff zu befinden. Erste Erkundungen geben dem Spieler nicht nur den Eindruck, dass die Location einfach nur riesig ist, sondern lassen auch ein höchst unsicheres Gefühl aufkommen. Die nummerierten Türen stellen ein großes Mysterium dar – man weiß nie, was sich dahinter befinden wird und ob bzw. wann man die anderen Charaktere wieder sehen wird. Alle Gebiete fühlen sich auch unterschiedlich an - sobald man einen der Rätselräume geschafft hat, wird man nie wieder vergessen, in welchem man war und durch welche Tür man dorthin gekommen ist. Das hat zwar auch noch einen anderen Grund (dazu dann später), aber liegt alleine schon am Aufbau des Schauplatzes. Man hat keine Chance, ihn von Anfang an zu durchschauen, weil das Schiff mit unterschiedlichen Wegen (auch rein vom optischen her) und geheimnisvollen, verschlossenen Türen aufwartet. Alleine durch die Tatsache, dass man nicht erraten kann, wo einen die ganzen Türen, Gänge und Aufzüge hinbringen, erscheint der Schauplatz schon irgendwie mysteriös. Um das noch zu verstärken, wurde die Geschichte mit der Titanic eingebaut. Zu rätseln, ob man sich nun auf dem Schwesternschiff befindet, trägt dazu bei, sich auch wirklich für die Location zu interessieren. Der Gedanke, wo man denn nun ist , was einen „draußen“ erwartet und ob man auf dem großen, weiten Meer einsam vor sich hintreibt, wird durch die Titanic-Geschichte so viel präsenter und spannender, dass man sich wirklich aktiv damit auseinandersetzt. Der Schauplatz ist nicht nur ein Rahmen für die Handlung, sondern (gefühlt) ein essentieller Teil davon. Man hofft dann auch stark darauf, neben Hinweisen zu Zero, den Charakteren und den Motiven, irgendwo Informationen über den eigenen Standort zu finden, was das Spielerlebnis einfach nochmal dichter werden lässt.

Und nun zu Virtue’s Last Reward. Man erwacht in einem Aufzug und befindet sich wenig später in einer Lagerhalle. So weit, so gut. Auch die schicksalhaften Türen sind wieder da, obwohl sie alleine vom Layout her schon mal nicht so mysteriös wirken. Aber egal, das ist ja vielleicht auch Geschmackssache. Nach dem ersten Rätselraum kommt allerdings die Ernüchterung: Es wird erklärt, dass nach jedem erfolgreichen „Escape“ das AB-Spiel gespielt wird, und zwar in der Lagerhalle. So nach einer halben Stunde im Spiel weiß man also sozusagen im Voraus das meiste, das bestritten werden muss. Jede Gruppe sucht sich eine Tür, es wird gerätselt und dann im Warehouse „Ally & Betray“ gespielt. Es ist vollkommen egal, was sich in den Räumen nun genau befindet, denn man weiß zu jeder Zeit, dass aus jedem ein Rückweg führt, der einen quietschvergnügt wieder mit den anderen vereinen wird. Absolut unspannend. Über den Schauplatz an sich wird zwar auch hin und wieder nachgegrübelt, aber so richtig interessant wird das nie. Irgendein Charakter meint, dass die Einrichtung eine Quarantänestation sein könnte und als Spieler denkt man sich dann „Okay, warum nicht?“. Ich habe diese Idee ziemlich schnell mal als vorsichtige Tatsache hingenommen und nicht mehr weiter darüber nachgedacht, denn es beschäftigt sich auch sonst niemand so richtig damit. Ja, man fragt sich, ob ein Virus draußen alles dahingemetzelt hat, und ja, man überlegt, warum die Charaktere in Quarantäne auch noch ein tödliches Spiel spielen müssen. Aber das hat wenig mit der Location an sich zu tun. Das Gebäude selbst ist absolut uninteressant und versucht nicht mal richtig, etwas Mysteriöses darzustellen. Was dem Ganzen den Rest gibt, ist das Layout. Hinter den ersten Chromatic Doors sieht alles gleich aus. Immer und egal durch welches man geht. An einem Punkt (in jedem Gang, natürlich) steht man vor drei Türen und es öffnet sich immer genau eine davon, je nachdem auf welcher Route man gerade spielt. Das fühlt sich an, als gäbe es zwar einige Rätselräume, aber dafür nur drei Schauplätze dazwischen. Und es lässt einen komplett vergessen wo man schon war. Ich merke mir nicht, welche von den generischen drei Türen sich beim letzten Mal geöffnet hat und wohin ich gegangen bin und obwohl die Charaktere immer alle erzählt haben, welche Zimmer sie durchsucht haben, wusste ich nie wo ich hinkomme, bevor ich nicht selbst drinnen stand. Und das eben nicht, weil es geheimnisvoll gewesen wäre, sondern weil man immer einen Weg genommen hat, der genauso aussah wie der davor und der davor. Selbst das zweite Stockwerk, das man irgendwann findet, sieht genau gleich aus wie das erste – nicht nur im Design, sondern sogar im gesamten Layout. Gänge, Wege, alles gleich!

Okay, Virtue’s Last Reward musste ohne Frage anders werden als 999, und man versuchte auch, die Spannung noch auf andere Weg zu erzeugen. Aber gerade so etwas Ähnliches wie die mysteriöse Titanic-Geschichte wäre ja wohl wirklich nicht allzu schwer einzubauen gewesen, vor allem wenn man mit Alice mit „an Bord“ sogar für dieselbe Geschichte eine Vorlage gehabt hätte. Vieles, was ich hier schon angesprochen habe, wird sich in den nachfolgenden Punkten wiederholen und ergänzen – der Schauplatz einer Geschichte ist immerhin etwas, was dauernd anwesend ist und bei vielen anderen Elementen mit hineinspielt. Gerade für das Nonary Game an sich, das Mysterium der Tür Nr. 9 und die Rätselräume ist die Location nochmal sehr wichtig – diese Themen werden euch dann in den nächsten paar Einträgen erwarten.

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