~Flower~

Es hat ziemlich lange gedauert bis ich mir nach dem entspannten Spielerlebnis von Flow das zweite Spiel von thatgamecompany angesehen habe. Flower funktioniert nach genau demselben Prinzip - das Gameplay beschränkt sich auf die Sixaxis-Steuerung, also das intuitive Lenken des PS3-Controllers. Es gibt keine Menüs und keine ausufernden Erklärungen, man taucht einfach in die vorgegebene Welt ein und lässt sich treiben. Was bei Flow noch eine kryptische Wasserwelt mit schwimmenden Organismen war, ist bei Flower eine deutlich dargestellte Landschaft mit fliegenden Blütenblättern. Das Überraschende daran ist, dass das Gameplay mit der veränderten Thematik noch einmal deutlich besser funktioniert.
Grundsätzlich liegt das bestimmt an der größeren "Offenheit" der Welt. In Flower hat man ein weitläufiges 3D-Areal zur Verfügung, in dem man sich relativ frei bewegen kann. Das Spiel ist auch darauf ausgelegt, dass man mit seinen Blütenblättern durch die Gegend rast und ein gewisses Gefühl der Freiheit genießt. Außerdem ist die Umgebung, wie gesagt, nichts Abstraktes - man fliegt über saftig grüne Wiesen oder durch rot schimmernde Felsformationen. Das sind eben Dinge, unter denen man sich etwas Konkretes vorstellen, aber die man doch ein bisschen durch andere Augen sehen kann.

Die Geschichte von Flower befasst sich prinzipiell damit, die Natur wieder aufleben zu lassen. Immer wieder werden vor den einzelnen Levels Bilder einer grauen Stadt gezeigt, außerdem bringt man mit geschafften Szenarien kleine Blumen auf einer Fensterbank zum Erblühen - zumindest halb, so richtig funktioniert das nur, wenn man auch die geheimen Pflanzen findet, was teilweise eine anstrengende Angelegenheit ist. Richtig deutlich wird das Ganze dann in den letzten Gebieten, wo man erst von elektrischen Türmen gebrutzelt wird und dann systematisch metallene Gebilde vertreibt, um die Stadt wieder erblühen zu lassen. Das ist gefühlsmäßig übrigens ganz großes Kino - ich hätte nie gedacht, dass es so erfüllend ist, mit einer Schar aus Blütenblättern irgendwelche Metalltürme zu zertrümmern. Zu sehen, dass man damit eine wieder freundliche und fröhliche Umgebung schafft, war einfach nur herzerwärmend.

Dass man so mitgerissen wird, ist vor allem dem gelungenen Mix aus visuellen und akustischen Eindrücken zu verdanken. Die Umgebung sieht wunderschön aus - die Grashalme könnten abgezählt werden, so genau werden sie dargestellt. Außerdem wird raffiniert mit Lichtern und Farben gespielt, um schöne Effekte und individuelle Schauplätze zu kreieren. Die dezente Hintergrundmusik fügt sich perfekt in das Spielerlebnis ein, wäre aber wohl teilweise auch nur unwesentlicher Begleiter, wenn man nicht speziellen Pflanzen spezielle Töne zugeordnet hätte. Pinke Blumen geben zum Beispiel den kurzen Ausruf eines Frauenchores (oder so) von sich, was beim Durchfliegen irgendwie episch wirkt. Vor allem weil diese Blumen einem auch noch einen kräftigen Schub verpassen. Man erzeugt beim Spielen also ein bisschen seine eigenen Klänge mit, was mir persönlich wirklich viel Freude bereitet hat.

Es gibt aber natürlich auch Dinge, die mir nicht so gefallen haben. Diese haben aber eigentlich nicht allzu viel mit dem Spiel an sich zu tun, sondern eher mit persönlichen Präferenzen.
Level 5 mochte ich nicht so. In diesem schwebt man durch eine dunkle Umgebung, in der eben diese elektrischen Türme  stehen, an denen man sich auch verletzen kann. Man muss  relativ nah ran, um wichtige Blumen zu erreichen und überhaupt weiterzukommen. Es gibt ein Achievement, das man bekommt wenn man das Level schafft ohne Schaden zu nehmen. Meiner Meinung nach ist das fast ein Ding der Unmöglichkeit, aber ich hätte es wahrscheinlich auch nicht versucht wenn es einfacher ausgesehen hätte. Ich hasse alles, was mit Elektroschocks zu tun hat, selbst wenn es nur in einem Spiel ist. Da habe ich mich echt extrem unwohl gefühlt und vermutlich mehr geschwitzt als während dem gesamten Silent Hill 2. Es kann aber ja niemand was dafür, dass ich eine kleine Phobie gegen sowas habe. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass das Level irgendjemandem tatsächlich Spaß gemacht hat, wird es wohl für die meisten nicht ganz so furchtbar wie für mich gewesen sein.^^
Was die ganze Sache schlimmer gemacht hat und auch ein Kritikpunkt von mir ist: Ich kam nicht immer so ganz mit der Steuerung zurecht. Ich glaube nicht, dass sie total unpräzise ist, aber ich hatte einfach manchmal Schwierigkeiten, dahin zu kommen wo ich wollte. Selbst bei geraden Linien musste ich meist noch ein zweites Mal drüber fliegen, weil ich die Hälfte der Pflanzen verpasst hatte. :x Vermutlich bin also einfach ich der Idiot, der nicht genau genug steuern kann, aber das ändert ja nichts daran, dass das nicht so spaßig für mich war.^^ Blöderweise habe ich ja auch den Orientierungssinn eines Ziegelsteines, was dann teilweise dazu geführt hat, dass ich beim Versuch, verpasste Blumen zu erwischen, diese dann nicht mehr gefunden habe. xD

Äh ja, also ich habe mich unglaublich blöd angestellt und hatte dadurch manchmal auch frustrierende Erlebnisse. Zum Durchspielen braucht man ja zum Glück nicht alles abgrasen und irgendwann kommt man auch von selbst zum gewünschten Ort, aber Achievements waren für mich halt teilweise unerreichbar. Im ersten Gebiet, das noch echt überschaubar ist, muss man für 3 Bonusblumen so gut wie alle anderen Pflanzen erblühen lassen. Das ist ja noch vergleichsweise einfach und trotzdem habe ich ewig gebraucht, um alles zu finden. Ich will gar nicht wissen wie das in den anderen Levels ist - ich habs gar nicht erst probiert. In den Credits, die auch hier wieder spielbar sind, war ich mir irgendwann auch nicht mehr sicher ob ich alles erwischt hatte, obwohl das vermutlich das linearste Gebiet überhaupt war. Ich hatte da irgendwie keine Energie mehr dafür (vor allem nachdem das Level davor so großartig war). Vielleicht hätte ich insgesamt mehr Pausen machen sollen oder so.

Aber wie auch immer, insgesamt war Flower ein wirklich tolles Erlebnis. Es ist auf jeden Fall ein besseres Spiel als Flow, auch wenn ich mich bei Letzterem weniger geärgert habe. Dafür hatte ich da aber auch nicht annähernd so starke, positive Emotionen, die mir der Weg der Natur zurück in die Stadt beschert hat.