Donnerstag, 8. November 2012

Die Chronik der Erkorenen

Der vierte Teil von Dragon Quest war gleichzeitig der erste, den ich überhaupt aus dieser Reihe gespielt habe. Natürlich das Remake für den DS - die alte Version empfinde ich als heutzutage kaum noch spielbar (nachdem ich in einem Youtube-Video die furchtbaren, pinken Böden und das umständliche Menü-Geklicke gesehen habe).
Ich bin also mit großer Neugier an "Die Chronik der Erkorenen" herangegangen und war durchaus von vielen Dingen begeistert... bis ich ins dritte Kapitel bekommen bin.

Der grundsätzliche Aufbau des Spiels sollte Kennern ja ein Begriff sein: Bevor man mit dem eigentlichen Helden startet, spielt man mit jedem Charakter aus der zukünftigen Party ein kurzes Kapitel, das die Beweggründe eben jener beleuchten soll. Das fand ich eine wundervolle Idee, weil dadurch die Charaktere natürlich wichtiger werden und Persönlichkeit bekommen, zumindest so weit es für so ein altes Spiel möglich war. Der Umsetzung merkt man nämlich schon an, dass damals die Art der Geschichtenerzählung noch relativ minimalistisch war.
Dafür haben die Macher immerhin versucht, die einzelnen Kapitel relativ unterschiedlich zu gestalten, was in meinem Fall allerdings irgendwie nach hinten losgegangen ist. Wie oben angedeutet, die dritte Episode der Chroniken hat mir jegliche Motivation geraubt, und ich habe sie erst nach langer Durchqälerei wieder gefunden.



In den ersten beiden Kapiteln spielt man Ragnar bzw. Alena, Kyrill und Borja, und kommt langsam aber sicher einer Bedrohung auf die Spur, von der jeder von ihnen auf ganz eigene Weise betroffen ist. Im dritten Kapitel spielt man dann Torneko, der nichts von einem Kämpfer in sich trägt, sondern Händler mit Leib und Seele ist. Hier geht es weniger darum, durch die Welt zu reisen und Dungeons zu durchforsten, als einfach zu handeln. Und das ist keine spaßige Angelegenheit. Torneko arbeitet in einem Waffenladen, und dort muss man erst einmal ewig lange herumstehen und den Leuten, die vorbei kommen, etwas verkaufen. Die Kunden fragen einfach nach einem Objekt und man antwortet "Ja, du kannst es kaufen" oder eben nicht. Nicht besonders spektakulär. Am Ende jeden Tages bekommt man dann seinen Lohn, der unter alle Sau ist. Man braucht aber Geld, um in der Geschichte voran zu kommen.

So steht man also tagelang in diesem Laden und langweilt sich zu Tode. Ich fand diese Stelle äußerst mühsam und sie hat mir komplett den Spielspaß geraubt.
Selbst als ich Tornekos Geschichte hinter mir hatte (und das hat schon ewig gedauert, weil man später nochmal Waffen und Rüstungen besorgen muss, für die man das Geld nicht hat), konnte ich die Demotivation einfach nicht überwinden. Das vierte Kapitel über Maya und Mina war eigentlich ganz interessant - die beiden zogen aus um den Mörder ihres Vaters zu finden und sich zu rächen - aber das Spiel hatte für mich jeglichen Glanz verloren. Ich habe da eine ganze Weile lang eigentlich kaum gespielt und ich habe sogar manchmal überlegt, ob ich nicht vielleicht besser einfach abbrechen sollte.
Schließlich kommt man aber ins fünfte Kapitel und fängt mit dem eigentlichen Abenteuer an - der selbst benannte Held (bzw. die Heldin in meinem Fall) ist aus Weissagungen bereits als Bekämpfer des Bösen bekannt, weshalb der Antagonist kurzerhand deren Heimatdorf auslöscht. Eine Kindheitsfreundin meiner Heldin nimmt dabei ihre Gestalt an und wird getötet, während Aylin (so ihr Name bei mir) sich irgendwo versteckt und am Ende als einzige Überlebende vor den Trümmern ihrer Heimat steht. War eigentlich ganz cool, allerdings war ich immer noch so demotiviert, dass es mir eigentlich egal war.

Erst als ich nach und nach die Charaktere aus den anderen Kapitel wieder eingesammelt habe, begann ich wieder Spaß an der Sache zu haben. Für sich alleine gesehen war die letzte Episode der Chroniken dann doch überaus spaßig und mit kreativen Ideen gefüllt. Die Ereignisse nehmen dann auch schnell ihren Lauf - erst sammelt man noch die Charaktere und dann wird plötzlich der Herr der Unterwelt erweckt, der Antagonist mutiert zu irgendeinem fetten Monster, wir steigen in das Reich der Götter empor, um eine Möglichkeit zu finden, ihn aufzuhalten und dann brechen wir plötzlich schon vier Barrieren, um in den Finalen Dungeon zu gelangen.
Gut, natürlich war da noch so einiges dazwischen, aber insgesamt eskalierte die Situation dann doch ziemlich schnell. Und das gefiel mir. Überhaupt gab es einige Sachen, die ich dann im Endeffekt doch sehr toll an Dragon Quest 4 fand, und die möchte ich jetzt mal fix aufzählen.

An der Geschichte und den Charakteren hatte ich in folgenden Punkten nichts auszusetzen:
  • Die ganze Quest um ins Götterreich Zenithia zu kommen war irgendwie cool. Man braucht alle vier Gegenstände, die man alle in unterschiedlichen Dungeons findet. Es war einfach ein toller Moment nach all der Sucherei dann wirklich nach Zenithia zu kommen und mit dem Drachen sprechen zu können. Der Drache war btw. der coolste NPC überhaupt. ;0
  • Wo wir gerade bei NPCs sind: Die Geschichte mit Rosi fand ich toll. Damit bekam der Antagonist Psaro einen sehr tragischen Touch - er wollte die Menschheit vorrangig deshalb vernichten, weil die Menschen seiner Rosi immer nur Leid zugefügt hatten und sie am Ende sogar töteten (was während des Spiels passierte und nicht davor, wie man es vielleicht vermuten könnte). Sie war nämlich eine Elfe, die Rubintränen weinte - aus Gier wollten die Menschen sie dann natürlich möglichst oft zum Weinen bringen. ;) Auf jeden Fall fand ich es schön, dass Psaro die Liebe als Motivation für seine Taten hatte. Ich fand ihn als Bösewicht wirklich gut gemacht.
  • Am meisten Spaß im ganzen Spiel hat es mir gemacht, die Monsterfestung zu infiltrieren. Dies war ein Schloss, in dem sich nur Monster tummelten - von denen war Psaro der Anführer, und um seine weiteren Pläne zu erfahren mussten wir uns dort hineinschmuggeln. Das war das absolut Coolste im ganzen Spiel. Der Mutationsstab hat die Truppe in zufällige Monstertypen verwandelt, und so bin ich als Schleime oder Yetis oder Zauberer herumgeschlurft und nahm an einer Besprechung der Bösen teil. :A

Auch spielmechanisch gab es ein paar Dinge, die einem das Abenteurerleben erleichtert, und mir gefallen haben:
  • Über die Weltkarte konnte man schon früh absolut komfortabel reisen. Den Zauber "Teleportation" lernen gewisse Charaktere relativ bald, und man kann in jede besuchte Stadt mit nur einem Knopfdruck. Später werden sogar Schiff und Ballon mitgenommen, so dass man die Gefährte später nicht wieder irgendwo suchen muss, wenn man sie braucht. :D
  • Alle Charaktere bekommen Erfahrungspunkte so lange man den Wagen dabei hat. In einigen wenigen Dungeons war das möglich, vor allem aber auf der Weltkarte war das Standard und auch Gold wert, weil man dort am ehesten gegrinded hat. Ich hatte Torneko kein einziges Mal in der Party und trotzdem war der mit dem Level nicht hinterher.
  • Die Dungeons waren recht kurzweilig. Das Lauftempo drinnen war angenehm schnell und teilweise gab es dort recht niedrige Encounterraten. Einen Weg nur wegen Schatztruhen extra abzulaufen war selten nervig, weil man schnell wieder da war, wo man hinsollte. Allgemein kamen mir die Dungeons nicht so kompliziert und lang vor, wie es bei anderen RPGs oft der Fall ist, und der Finale Dungeon war überhaupt der kürzeste, den ich jemals gesehen habe. Da drinnen hatte ich wohl auch nur mehr zwei Zufallskämpfe und damit war die Sache gegessen. Irgendwie gefiel mir das. xD

Diese Dinge fand ich alle ganz gut, und diese haben schließlich auch dazu geführt, dass ich Dragon Quest 4 dann doch noch recht schnell beenden konnte. Meiner Meinung nach hätte man sich die ersten vier Kapitel auch sparen können - klar ist das kreativ und etwas, das ich noch nie vorher gesehen hatte, aber im Endeffekt hat mir das gute, alte, klassisch aufgebaute letzte Kapitel mit Abstand am besten gefallen. Auch wenn da die Interaktion der Charaktere komplett weggefallen ist.

Und damit kommen wir schon zu den Dingen, die mir an der Chronik der Erkorenen gar nicht gefallen haben:
  • Wie gesagt, die Interaktion der Charaktere ließ sehr zu wünschen übrig. Während die Party in den ersten vier Kapiteln näher beleuchtet wurde, verloren alle am Ende jegliche Fähigkeit zu sprechen. Vielleicht liegt es daran, dass der Spieler nun mal die Freiheit hat, die Party frei zu wählen, aber es nahm schon viel an Atmosphäre, dass plötzlich niemand mehr irgendwas zu den Ereignissen zu sagen hatte. Stummer Protagonist, okay, aber komplett stumme Party? Meh.
  • Damit verbunden wurde das Potential der Geschichten der Charaktere dann vollkommen verschenkt. Maya und Mina konnten sich endlich am Mörder ihres Vaters rächen, aber es interessiert keine Sau, weil keine von beiden auch nur ein Wort dazu verliert. Das fand ich ziemlich schwach. Alles, was also an Tiefe aufgebaut wurde (und wozu die ersten Kapitel doch eigentlich dienten) wurde also irgendwie in die Tonne gekloppt.
  • Kapitel 3 war nervig und langweilig. Dazu hab ich ja schon genug gesagt.
  • Die Kämpfe waren absolut öde. Ein paar Bossgegner waren schon ganz okay, aber bis kurz vor Ende des Spiels musste ich eigentlich wenig anderes tun, als einfach drauzukloppen und hin und wieder zu heilen. Nur der letzte Kampf funktioniert ganz und gar nicht mit dieser Technik und da war ich Anfangs erst mal überfordert, weil ich teilweise nicht mal wusste, welche Zauber welcher Charakter nun kann. xD
  • Das Leveln war anstrengend. Wenn man nicht gerade das Glück hatte, einen Metallschleim zu erwischen, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit bis man mal ein Level aufsteigen konnte. Zum Vergleich: Im Gebiet, wo die Metallschleime auftreten, geben die Gegner zwischen 200-600 Erfahrungspunkte. Ein Metallschleim gibt aber ganze 10.000! Wenn ich es geschafft habe, so einen zu besiegen, sind alle Charaktere ein Level aufgestiegen. Und jetzt kann man sich ausrechenen wie lange selbiges mit den normalen Gegnern dauert - und Metallschleime tauchen nicht nur relativ selten auf, sondern haben auch noch die Unart, zu fliehen. Wie gesagt, da brauchte man Glück.
  • Wenn man Dragon Quest 4 ganz ohne Guide spielt, wird man irgendwann feststellen, dass man absolut keine Ahnung hat, was man als nächstes machen muss. Oft gibt es nur Andeutungen von NPCs ohne Richtungsangaben oder Hinweise, wieso zum Teufel man an diesen nächsten Ort gehen sollte. Dies betrifft aber hauptsächlich das fünfte Kapitel, bei den vorigen ist das noch recht gut gemacht. Aber spätestens als ich plötzlich in einem Gebiet war, in dem ich total überpowerte Waffen für 15k kaufen konnte und wo ich offensichtlich erst viel, viel später hinmusste war mir klar, dass ich nicht nur einen Guide, sondern auch am besten noch eine beschriftete Weltkarte zum Spielen hinzuziehen sollte.
  • Zu guter Letzt fand ich die Musik meistens eher nervig. Zwar gehen die Stücke alle ins Ohr, aber beim Großteil wollte ich das gar nicht. o.O Mir fällt auf Anhieb gerade nur eine Melodie ein, die ich recht gut fand, und das ist die Townmusik bei Nacht. Alles andere war zwar schon meist passend, aber einfach nicht besonders gut. Für meinen Geschmack. ;)
Psaro vor und nach seiner Evolution
Alles in allem werde ich mich wohl hüten, Dragon Quest 4 nochmal anzurühren. Die negativen Dinge werden teilweise durch die positiven aufgewiegelt, aber allgemein bietet das Spiel zu wenig, um reinen Spielspaß zu gewähren. Ich habe meist nur gespielt, um irgendwann fertig zu werden, und nicht weil ich total Lust darauf hatte. Zwar war die Zeit dann auch nicht verschwendet, weil ich ja doch auch meine Freude an Dragon Quest 4 hatte, aber richtig "Klick" gemacht hat es einfach nie.
Auch das Ending war eine eher beiläufige Sache - alle Charaktere sind halt in ihre Heimat zurückgekehrt. Auch Aylin, was ich irgendwie doof fand. Ich wäre an ihrer Stelle beim coolen Zenithdrachen geblieben, aber sie entschied sich, auf der Erde bei ihren "Freunden" zu bleiben. Wann immer die auch alle wirklich Freundschaft geschlossen haben, die haben ja nie miteinander geredet. ;0 Immerhin wurde dann die Kindheitsfreundin, die sich geopfert hatte, irgendwie wiederbelebt und es wurde angedeutet, dass auch die restliche Party helfen wird, Aylin ein Leben nach dem Abenteuer aufzubauen. War ganz nett gemacht, aber war nun nichts, was einen vom Hocker reißen würde. Aber gut, das Spiel ist ja eigentlich auch ziemlich alt, und da kann man nicht so viel erwarten.

Auf jeden Fall gibt es in der DS-Version noch ein sechstes Kapitel, in dem man Rosi wiederbeleben, und Psaro für die Party gewinnen kann. Meine Güte, das wäre vermutlich die coolste Sache im ganzen Spiel, wenn ich dafür nicht noch 5-6 Levels gewinnen und irgendwelche übermächtigen Gegner besiegen müsste. Dazu hab ich bei der Spielmechanik nun mal absolut keine Lust, und so wird mir das auf immer verwährt bleiben.

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