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Samstag, 28. August 2021
The Council
The Council ist ein Adventure, das von der Struktur her an eines der bekanntesten Telltale Spiele erinnert. Es gibt mehrere Episoden mit allerlei Entscheidungen und ein paar Quicktime Events, allerdings gibt es auch tatsächliche Rätsel zu lösen, die sogar die ein oder andere Herausforderung darstellen können.
Was das Spiel wirklich so richtig interessant macht ist aber das RPG-artige Skill-System. Dieses basiert auf rhetorischen Fähigkeiten und dient dazu an mehr Informationen zu gelangen oder Hilfestellungen für die Rätsel zu erhalten. Das macht das Gameplay extrem motivierend, und gemeinsam mit der recht einzigartigen Atmosphäre, dem hochpolitischen Thema und den interessanten Charakteren wirkt The Council vor allem auf die ersten paar Blicke sehr einnehmend. Etwas später werden die eigenen Fähigkeiten leider immer unwichtiger, und die Geschichte driftet ins Übernatürliche. Vor allem Letzteres hat anscheinend vielen Spielern das Erlebnis ein bisschen verdorben, ich persönlich bin aber recht gut damit klargekommen. Es ist zwar unbestreitbar, dass vor allem die Episoden 4 und 5 sicher schwächer (und auch kürzer) als die davor sind, aber mich konnten sie zum Glück bis zum Ende trotzdem noch an der Stange halten. Vor allem weil sich hier einige Dinge wirklich, je nach Entscheidungen, signifikant ändern können. Natürlich gibt es wie immer ein bestimmtes Grundgerüst, aber es gibt einige Szenen, die man alleine schon durch direkte Entscheidungen verpassen kann, da man sich nicht an zwei Orten gleichzeitig aufhalten kann und sich eben für einen entscheiden muss. Aber auch durch indirekte Konsequenzen finden manche Spielabschnitte statt oder eben nicht - wenn man sich zum Beispiel bestimmten Charakteren gegegenüber ständig loyal benimmt kann man später nicht mehr so leicht die Seiten komplett wechseln. Außerdem gibt es eine Menge mögliche Endkonstellationen für die Charaktere. Man kann mit 10 von 12 Charakteren am Leben ein Ende erreichen, aber theoretisch auch nur mit 4 von 12 Charakteren (und alles dazwischen). Es kann sich auch die Konstellation ändern, indem jemand ausgetauscht wird oder einfach abhaut, ohne das Zeitliche zu segnen. Es gibt natürlich immer gewisse Grenzen, aber das Gefühl der freien Entscheidung wird hier wirklich um einiges besser vermittelt als bei den ganzen Telltale Spielen zusammen.
The Council spielt im Jahr 1793 auf einer kleinen privaten Insel, auf der ein reicher Mann namens Lord Mortimer ein Anwesen besitzt, zu dem er alle paar Jahre einflussreiche Menschen aus der ganzen Welt einlädt. Hier wird stets Geschichte geschrieben und es werden gemeinsam Entscheidungen getroffen, die immer das globale politische Geschehen nachhaltig verändern.
Zu so einer Zusammenkunft wird der Protagonist Louis de Richet eingeladen, allerdings nicht weil er irgendwie wichtig wäre, sondern weil seine Mutter auf der Insel verschwunden ist. Diese ist die Anführerin einer Geheimorganisation namens Golden Order und war ursprünglich als Gast von Lord Mortimer vorgesehen. Zumindest ist es das, was uns Anfangs gesagt wird, obwohl in Wahrheit natürlich weit mehr dahinter steckt.
Das Spiel ist voll von Intrigen und Geheimnissen, selbst schon bevor der große Twist herauskommt, der nochmal eine Schippe drauflegt. Die anderen Gäste sind einflussreiche Personen aus verschiedenen Regionen, teilweise aus Geschichtsbüchern bekannt. George Washington ist zum Beispiel da, genauso wie Napoleon Bonaparte, der zu diesem Zeitpunkt in Frankreich allerdings noch keine Berühmtheit ist - genau genommen wird in diesem Spiel quasi von Lord Mortimers "Council" sogar sein Aufstieg beschlossen.
Louis will zuerst vor allem seine Mutter finden, verstrickt sich aber natürlich in allerlei Machenschaften der anwesenden Gäste. Letzteres macht extrem viel Spaß - sich bei Personen einzuschleimen, Parteien zu ergreifen, persönliche Geheimnisse zu entlocken oder jemanden gegeneinander auszuspielen sind die Herzstücke des Spiels - zumindest für mich. Die Suche nach der Mutter hat mich meist kaum interessiert, da sie lediglich im Prolog vorkommt und auch ansonsten nicht unbedingt sympathisch charakterisiert wird. Anfangs habe ich mich gefragt wie das Spiel von mir erwarten kann für diese Person eine Bindung zu entwickeln, bis ich drauf gekommen bin, dass es das überhaupt nicht will. Im Gegenteil, eher wird Sarah de Richet wohl eher absichtlich ein bisschen antagon...i...siert (ist das ein echtes Wort?), da sie zum Schluss - nach dem großen Twist - der Geschichte eher im Weg stehen würde und Louis einen guten Grund braucht auf der Insel zu bleiben, obwohl sie entweder abhaut oder tot ist.
Wie auch immer, ich fand es jedenfalls immer nervig wenn ich mich darum kümmern musste Hinweise über Louis Mutter zu finden, statt mit den interessanten Persönlichkeiten zu plaudern.
Richtig angenehm ist, dass es hier kein wirkliches Game Over gibt. Wenn man eine Aufgabe versaut oder es sich mit einem der Charaktere verscherzt verändert sich die allgemeine Situation ein bisschen und unterschiedliche Konsequenzen entstehen. Man kann sogar bei jeder Unterhaltung scheitern und bis zum Ende gelangen, Lord Mortimer hält einen dann halt für einen Versager.
Es gibt viele unterschiedliche Enden, die sich nicht nur darauf beziehen welche Charaktere bis zum Ende noch dabei sind. Im Großen und Ganzen geht es im Spiel um ein (übernatürliches) Machtspiel zwischen Lord Mortimer und einem Herren namens Sir Gregory Holm, und zum Schluss geht es eigentlich vor allem darum wessen Seite man eher ergriffen hat. Hier sind die anderen Personen dann nicht mehr relevant, was ich ein bisschen schade fand. Ansonsten kam ich aber, wie gesagt, mit den Entwicklungen gegen Ende recht gut zurecht, auch wenn ich mir gewünscht hätte dass nicht plötzlich die Hälfte aller anwesenden Leute in Wahrheit irgendwelche Kinder von den beiden Hauptakteuren waren - das hätte mir für Louis gereicht.
Das Gameplay selbst ist eigentlich, wie schon weiter oben angedeutet, überraschend abwechslungsreich für so ein Genre. Einziger Schauplatz ist das imposante Herrenhaus von Lord Mortimer, in dem Louis sich mal mehr oder weniger frei bewegen kann. In einigen Räumen gibt es Rätsel um voranzukommen, die oft einiges an Zeit in Anspruch nehmen. So muss Louis durch Bibelverse versteckte Botschaften hinter Gemälden finden, oder mit Hilfe einer Tätowierung einen geheimen Code für Briefe an den Papst entschlüsseln. Manche der zahlreichen levelbaren Fähigkeiten können hier zu Hinweisen verhelfen, ich fand diese Rätsel aber trotzdem noch relativ schwierig. Wenn man komplett scheitert kommt man zwar nicht weiter, oft hilft aber auch nur die halbe Lösung schon, und einmal muss man dann halt damit leben, dass Louis nur noch einen Arm hat.... ^^ Viel wichtiger sind die Skills aber für die Dialogoptionen bei Unterhaltungen. Man hat nicht nur mehr Auswahl wenn man bestimmte Dinge kann, sondern kann dies auch ausnutzen um jemandem etwas zu entlocken oder sein Vertrauen zu erschleichen. Charaktere haben allerdings gewisse Schwächen und Immunitäten - versucht man mit einer Immunität bei jemandem zu punkten, wird man übel abblitzen. Diese beiden Dinge lassen sich oft während der Gespräche auf die harte Tour (oder bei den Schwächen halt durch Glück) herausfinden, manchmal aber auch aus kleinen Hinweisen in der Umgebung ableiten - das Spiel hält diese Infos dann automatisch für einen fest.
Damit man sich besser etwas darunter vorstellen kann liste ich mal ein paar der Skills auf, die alle in eine von drei Kategorien, bzw. "Berufsgruppen" fallen, die man sich am Anfang für Louis aussucht. Einfluss hat diese aber eigentlich nur darauf, wie schnell sich Fähigkeiten leveln lassen, also wie viele Skillpunkte man für die Steigerung einsetzen muss.
Als Detektiv (meine erste Wahl), hat man zum Beispiel besseren Zugriff auf Dinge wie Befragung, Psychologie und Agilität. Als Okkultist kennt man sich besser mit, naja, Okkultismus aus, aber auch mit Wissenschaften und Täuschungen. Und als Diplomat hat man Ahnung von Ettikette, Politik oder fremden Sprachen.
Für Fähigkeiten hat man sogenannte "Effort"-Punkte, die je nach Level und Schwierigkeit der Aufgabe für den Einsatz aufgebraucht werden. Um diese aufzuladen oder eine Skill gratis zu benutzen gibt es auch noch verschiedene Verbrauchsitems, die überall im Anwesen herumliegen. Zusätzlich dazu gibt es auch noch ein paar optionale Sachen zu sammeln, sodass man wirklich gerne herumstromert und wie ein Kleptomane alles einsackt.
Das alles fühlt sich frisch und - wie schon gesagt - sehr motivierend an, und wenn man nicht gerade völlig desinteressiert an politischen Machenschaften ist wird dieses Spiel zumindest bis zur Hälfte bestimmt jedem gefallen. Ob das dann so bleibt ist leider große Geschmackssache.
Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass die Grafik eigentlich sehr gut ist, die Charaktere aber einen recht... eigenwilligen Stil aufweisen. Also, sie sind alle eigentlich ziemlich hässlich, aber ich glaube das soll auch so. Es verleiht dem Ganzen eine leicht groteske Note, die eigentlich vor allem gegen Ende total zur Thematik passt. Manchmal war ich aber sogar ein bisschen abgelenkt davon wie unfassbar hässlich zum Beispiel Sir Holm aussah. xD
Die englische Vertonung ist auch gut gelungen, die Stimmen fand ich alle absolut überzeugend und richtig gut - dafür lässt aber die Hintergrundmusik etwas zu wünschen übrig. Oder eher, ich erinnere mich so absolut gar nicht daran, dass ich nicht mal sagen kann ob es viele Stücke gab oder immer dasselbe gespielt wurde.^^
Was ich auch noch etwas enttäuschend fand waren die Achievements. In der ersten Episode gab es sehr viele für unterschiedliche Entscheidungen und auch optionale Entdeckungen. Aber ab der zweiten Episode waren da leider nur noch Errungenschaften für das Fortschreiten in der Geschichte. Da hat man sich für den kostenlos spielbaren Teil wohl so richtig bemüht und sich bei allem anderen nicht mehr wirklich darum gekümmert. Schade.
Damit ist aber glaube ich auch schon alles gesagt - es gibt wenig Gründe warum man sich The Council nicht ansehen sollte, aber leider halt einen ganz großen Punkt, der wirklich einen Großteil der Spieler zum Ende hin sehr enttäuscht hat. Für mich hat das Spiel die darauf basierenden negativen Meinungen nicht wirklich verdient, aber es könnte halt sein, dass ich damit in der Minderheit bin. Daher gibt es meine Empfehlung ohne Gewähr, aber ich fands ziemlich geil.
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