Sonntag, 24. September 2023

Shadowrun: Dragonfall - Director's Cut


Soweit ich verstanden habe, war Shadowrun Dragonfall zuerst eine Art DLC für Shadowrun Returns, der dann so beliebt und groß geworden ist, dass ein eigenes Spiel daraus wachsen konnte. Eine gute Entscheidung! Ob es allerdings von mir selbst so eine gute Entscheidung war, Dragonfall so kurz nach Returns anzugehen, habe ich mich zwischendurch schon ein paar mal gefragt.
Keine Frage, dieses Spiel hier ist definitiv besser als das vorherige, aber gleichzeitig ist es wirklich sehr, sehr viel more of the same. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, nochmals etwas über die Klassen, die Kämpfe oder die Charaktererstellung zu schreiben, weil sich hier wirklich kaum etwas geändert hat. Selbst die einzelnen Quests, obwohl durchaus größer und nochmal abwechslungsreicher, machen nichts so Bahnbrechendes, dass ich irgendwelche Momente besonders hervorheben müsste. Naja, außer vielleicht der Tatsache, dass man einen Höllenhund zur Seite bekommt, wenn man ihn vorher nur ausreichend gestreichelt hat. :3
Wie auch immer, Shadowrun Dragonfall ist im Prinzip dasselbe Spiel wie Returns mit einigen Zusatzinhalten. Also ja, irgendwie doch wie ein DLC. Aber einer, der alles wirklich sinnvoll erweitert und da kleine Änderungen anstellt, wo sie auch gebraucht werden.

Die Geschichte spielt in einem zukünftigen Berlin und hat nur sehr lose Verbindungen zu der aus Shadowrun Returns. Man startet als völlig neue Person und wird in eine bestehende Gruppe Runner geworfen, um dort bei einem Auftrag zu helfen. Zuerst einmal gleich die sicherlich beste Neuerung in Dragonfall: Die Partymitglieder sind in die Story verwoben, haben eigene Persönlichkeiten, Hintergründe und Motive, und man kann sie sogar an bestimmten Stellen im Spiel verbessern. Sie anzuheuern kostet auch kein Geld, was wirklich das Angenehmste ist, was ich jemals erlebt habe. Oder zumindest seit dem ersten Spiel. ;0
Die Ereignisse eskalieren recht schnell und irgendwie wird man selbst dann plötzlich die Anführerin dieser Gruppe, muss sich vor den Teammitgliedern beweisen und nebenbei auch noch 50.000 Nyen (Geld) bei Aufträgen sammeln, um einem großen Geheimnis auf die Spur zu kommen.
In dieser Phase, die sicher die längste und die offenste im Spiel ist, hat man eine Reihe von obsoleten Aufträgen, aber auch viele Sidequests zur Auswahl, um das nötige Kleingeld zusammenzukratzen. Die Ausgangsbasis ist immer ein Gebäude im sogenannten Kreuzbasar, der als Hub dient. Dort kann man shoppen, sich mit NPCs unterhalten, neue Aufträge bekommen, sich ausrüsten, eben Dante den Hund, streicheln, und Gespräche mit dem Team führen. Mit Letzterem kann man übrigens auch noch optionale Charakter-Quests freischalten, die man nur mit dem jeweiligen Charakter bestreitet, um dessen Hintergrundgeschichte es eben geht. Diese stachen für mich auch wirklich aus der Masse deutlich hervor - nicht nur weil man immer nur zu zweit ist, sondern auch weil die Aufgaben dort schon relativ einzigartig sind. Und schwierig! Also ich empfand diese Companion-Quests als die schwersten Missionen im Spiel, weshalb ich eine dann sogar gar nicht mehr gemacht habe: Die von Blitz, dem Decker des Teams, die sich wirklich bockschwer anhörte, wenn man selbst kein Decker war. Was ich nicht war. Ich war diesmal eine Magierin, eine Klasse die auch tatsächlich durch keines der Gruppenmitglieder abgedeckt wurde, juhu!
Obwohl diesmal wirklich Wert auf Teamgeist gelegt wurde, konnte man seine Mitstreiter aber nicht selbst ausrüsten oder wirklich leveln, nach bestimmten Quests konnte man bestehende Fähigkeiten von ihnen verbessern oder ihnen Items zusprechen, die sie dann immer dabei haben würden, und sie so in eine von zwei Richtungen spezialisieren. Wie gehabt steuert man aber natürlich trotzdem im Kampf alle wieder einzeln, und muss halt auch wieder mit dem klarkommen, was man kriegt.
Aber selbst wenn man sich nur auf die von der Geschichte vorgegebenen Charaktere verlässt, kann man nie alle mitnehmen und muss sich regelmäßig entscheiden. Das fand ich manchmal sehr schade, weil gerade gegen Ende durchaus so viele Gegnerwellen kamen, dass ein zusätzliches Mitglied nicht geschadet hätte - vor allem während Blitz als Decker in der Matrix herumhocken muss.


Ich glaube ich habe mit dem Absatz oben jetzt aber auch wirklich schon die gröbsten Verbesserungen von Dragonfall beschrieben, also sind wir eigentlich schon wieder durch damit. ;0
Also am Anfang habe ich mich vielleicht etwas zu streng ausgedrückt, es gibt in der Geschichte schon ein paar sehr coole Momente. Gerade der Beginn, wo man die vorherige Teamleiterin (bevor man diesen Platz selbst einnimmt) auf ziemlich grässliche Art und Weise verliert, ist schon richtig gut. Vor allem, weil sich das auch auf alle Leute im Kreuzbasar auswirkt und man selbst erst mal in seine neue Stellung hineinwachsen muss. Auch einige der Story-Quests hatten öfter mal die ein oder andere nette Überraschung zu bieten, und vor allem Glory's Companion-Mission war wirklich gut. Aber gleichzeitig hatte ich gerade in dem etwas freierem Kapitel im Kreuzbasar manchmal wenig Motivation, mich wieder auf eine Mission zu begeben. Weil es im Endeffekt dann doch oft ein bestimmtes Schema gab: Komm irgendwie in ein Gebäude rein - vielleicht durch einen geheimen Zugang, oder durch eine Verkleidung, oder Manipulation der Umgebung bzw. von Leuten - finde in dem geheimen Abschnitt irgendetwas, und wenn du einen Decker dabei hast, öffnet er dir die Türen oder bringt die Abwehrmechanismen auf deine Seite, oder lädt vertrauliche Informationen herunter, und zwischendurch kämpfst du noch, vielleicht sogar gegen so eine Art Zwischenboss. Was der genaue Hintergrund so einer Mission war, kann ich jetzt schon gar nicht mehr so genau nacherzählen, weil es vom Ablauf her schon meist dasselbe war.
Und manchmal waren gerade die Aufgaben, die Decking involviert haben, etwas nervig. Also gleich vorweg: Nächstes Mal, sollte es eines geben, möchte ich selbst wahrscheinlich sogar einen Decker spielen, und die Vorteile durch so eine Profession im Team sind oft wirklich nicht zu leugnen. Obwohl mir Blitz jetzt nicht der sympathischste aller meiner Gefährten war (die anderen waren wirklich mit Abstand besser als er), hatte ich ihn immer dabei.
Gleichzeitig ist mir die ganze Sache aber oft zu umständlich gewesen. Die Level in der Matrix selbst sind nicht übersichtlicher oder gar spaßiger geworden - sie sind meiner Meinung nach sogar anstrengender als noch im Vorgänger! Und dabei aber auch nicht aufregender, die Maps sind immer noch dröge, die Gegner nur vielzählig, aber nicht spannend, und wenn man Pech hat muss man hin- und her- rennen, um wirklich das Beste aus der Situation herauszuholen (die APEX-Mission, diese Ausgeburt einer Quest-Hölle!!!).
Also, deshalb habe ich die Nebenmission von Blitz gar nicht erst gemacht, was aber tatsächlich die einzige Aufgabe war, die ich ausgelassen habe.


Ich habe selbst moralisch fragwürdige Aufträge angenommen, und bin mir bis zum Ende nicht sicher gewesen, was für ein Mensch meine Protagonistin (übrigens mit Namen Trinkerbell xD) ist. Vermutlich irgendwo in der Grauzone.
Es gibt Organisationen, die auf einen Aufmerksam werden und versuchen, einem ihre eigenen Ziele schmackhaft zu machen. Dies schaltet man durch bestimmte Sidequests frei, und wenn man sie mal hat, bekommt man bei sehr vielen Hauptaufgaben noch zusätzliche Auswahlmöglichkeiten, wie man sie beendet.
Kurz gesagt: Man hat schon wirklich viele Möglichkeiten, wie man sich verhalten will.
Ich war vermutlich ein recht kühles Egoistenschwein, das in bestimmten Fällen aber Ausnahmen macht - vor allem wenn es um die Teammitglieder geht. Ich habe mich oft von ihnen beraten lassen, und für sie (naja, außer für Blitz) ja eigentlich wirklich alles getan. Gleichzeitig habe ich aber die KI, die eigentlich unsere Anführerin vom Prolog umgebracht hat, in die Freiheit entlassen, damit sie mir dabei hilft, den titelgebenden Drachen zu Fall zu bringen.
Oh, und Assassinationen habe ich natürlich auch ohne viele Worte und sehr schnell durchgezogen. ;0

Also ja, der Drache. Das Ende war dann nochmal einer der Momente, die ich bei den wirklich guten mit aufzählen würde. Angefangen bei der gefangenen Feuerschwinge, bis zum Überzeugen des Drahtziehers hinter allen Ereignissen, dass er falsch liegt (darauf war ich seeehr stolz, ich hatte gar nicht so viel Charisma) und schließlich beim Ende, wo man die Motive der Kreatur erfährt und entscheidet, was mit ihr geschehen soll. Und da gab es selbst wenn man sie umbringt einen Unterschied, ob man dies mit Mitleid oder Genugtuung machen will. Ehrlich gesagt ist dieser letzte Abschnitt der Hauptgrund, warum ich überhaupt in Erwägung ziehe, vielleicht auch noch Hongkong zu spielen. Versteht mich nicht falsch, Dragonfall ist ein rundum cooles Spiel. Aber ich war dann doch relativ schnell schon übersättigt von dem Ganzen - wie gesagt, ich hätte vielleicht ein wenig warten sollen nach Returns - und war manchmal von Lustlosigkeit geplagt. Trotzdem ist es natürlich das bessere Spiel der beiden. Ich glaube auch, dass die etwas offenere Struktur im längsten Akt des Spiels vielen deutlich besser gefallen würde als mir zu der Zeit, und es auch mich unter anderen Umständen vielleicht mehr begeistern hätte können.
Das Ende hat mich aber dann doch so mitgerissen, dass ich nun schon ins Auge fasse, mir Shadowrun Hongkong noch irgendwann anzusehen. Diesmal aber wirklich mit sehr viel mehr Zeit zwischen den einzelnen Spielen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen