Montag, 1. März 2021

Yes, Your Grace


Yes, Your Grace ist vorrangig ein Management Spiel, beinhaltet aber auch viele Entscheidungen, die Einfluss auf die Geschichte nehmen.... oder nehmen sollen. Der übergeordnete Plot ist ziemlich festgesetzt, wirkliche Unterschiede gibt es eher nur in kleinerem Rahmen und in Bezug auf das Schicksal der Charaktere am Ende des Spiels. Das ist auch der Grund, warum mir der Verlauf der Story nicht besonders gut gefallen hat, was meinen größten - und vielleicht einzigen - Kritikpunkt darstellt.
Ansonsten ist das Spiel nämlich eigentlich gut: Das Gameplay kann durchaus ein bisschen süchtig machen, der Pixelstil ist wunderschön und detailliert, und die Musikuntermalung trägt erheblich zur Atmosphäre bei.
Ich habe die Switch-Version gespielt, bei der die Steuerung manchmal ein bisschen friemelig ist, und es kann ein, zwei Versuche brauchen um zum richtigen Menüpunkt zu gelangen - Touch-Steuerung gibt es dort nicht. Ansonsten kann ich an der Version aber nichts bemängeln und bin vor allem sehr stolz, dass ich die physische Version von Super Rare Games habe, mit kleinem Beschreibungsheftchen in der Box und hübschen Sammelkarten zum Spiel. :>

In Yes, Your Grace spielt man König Eryk, den Herrscher des fiktiven Landes Davern im Mittelalter. Man muss sein Königreich mit Verstand und Hingabe regieren - es gilt Vorräte und Gold zu sammeln, um mit diesen die Bedürfnisse seiner Untertanen zu befriedigen. Außerdem muss man Bündnisse mit anderen Herrschern schmieden, von denen man bei einem freundschaftlichen Verhältnis nicht nur weitere Ressourcen erhält, sondern auch Soldaten, die für einen kämpfen. Denn der anfängliche Aufhänger im Spiel ist ein Versprechen, das Eryk und seine Frau Aurelea einem Barbaren vor Jahren gegeben haben: Im Austausch für ihr Leben versprechen sie ihm die Hand ihrer ersten Tochter. Diese ist nun im heiratsfähigen Alter und der Barbar fordert natürlich das, was ihm zusteht. Eryk und Aurelea hatten natürlich gehofft, dass es nicht soweit kommen würde, weigern sich ihre Tochter Lorsulia rauszurücken und erwarten nun einen Ansturm der feindlichen Armee.
Die erste Hälfte des Spiels besteht also daraus, eben genug Kämpfer durch Bündnisse zu bekommen, um dem Angriff in einigen Wochen standzuhalten. Um die anderen Herrscher auf seine Seite zu bekommen muss man sie einladen und Aufgaben erfüllen, dann sagen sie einem Unterstützung zu. Der wichtigste Verbündete ist hierbei von der Geschichte vorgegeben: Ein unangenehmer Zeitgenosse, König Talys, hat eine Armee von 3000 Mann und verspricht diese bereitzustellen wenn Lorsulia statt dem Barbarentypen seinen Sohn Ivo heiratet. Man hat hier keine Wahl, Lulie (so ihr Spitzname) wird Ivo heiraten, das ist von der Geschichte vorgegeben.

Ich meine mir war das da noch egal, weil mich keines von Eryks Familienmitgliedern Anfangs besonders interessiert hat. Er und Aurelea haben drei Töchter, die sich oft streiten oder zickig sind, und ich hatte irgendwie von Anfang an das Gefühl, dass ich wenig Einfluss darauf habe was genau mit ihnen geschieht. Viel mehr hatte ich den Eindruck, dass der Erfolg meines Königs mehr darauf beruhte, die nötigen Ressourcen und Soldaten zusammenzubekommen, weshalb ich bei Entscheidungen grundsätzlich mit Blick darauf entschieden habe. Ich hätte meine eigene Frau noch an irgendeinen König verheiratet wenn der mir nur genug Kram dafür gegeben hätte. :D
Auf jeden Fall kommt dann eben der Tag der Hochzeit zwischen Ivo und Lulie. Bei den Feierlichkeiten danach wird aber König Talys vergiftet und stirbt, und Ivo bezichtigt uns des Mordes, lässt seine Armee noch vor dem großen Kampf abziehen und nimmt unsere Tochter trotzdem mit.
Das war der Moment, wo die Geschichte wirklich anfing mir nicht mehr so zu gefallen. Ich hatte gar keine Chance mich da rauszureden, keine meiner Taten hatte irgendeinen Einfluss auf diese Situation, und was am schlimmsten ist: Nach dem großen Kampf gegen die Barbaren steht uns genau dasselbe bevor wie die Wochen davor: Eine Armee wird uns in so und so vielen Wochen angreifen, nur ist es diesmal halt dann die von Ivo. Zugegeben, das passiert jetzt nicht sofort, weil man erst einmal versucht Beweise zu finden, dass jemand anderes Ivos Vater vergiftet hat, aber genau das macht die Sache eigentlich noch schlimmer. Ich hatte alle Beweise, die zwar auf niemand Bestimmtes hindeuteten (was verdächtig war), aber mehr hätte ich nicht mehr machen können. Und es wurde dann jemand verurteilt, Ivo tat so als wäre alles okay, nur um dann eben in einem Plottwist in letzter Sekunde doch immer noch uns für den Mörder zu halten und uns sogar den Krieg zu erklären.
Es kommt später dann zwar heraus, dass er selbst unabsichtlich seinen Vater vergiftet hatte (er wollte eigentlich Eryk ermorden) und seine eigene Agenda verfolgte, wodurch das schon ein bisschen Sinn macht... aber in den Momenten ist es einfach wahnsinnig ärgerlich. Man bemüht sich alle Sachen ordentlich zu managen und dabei noch seine Unschuld zu beweisen, und es bringt einfach nichts. Diese Zeit ist eigentlich verschwendet.

Die Entscheidungen, die wiederum wirklich Auswirkungen haben, sind teilweise aber auch ein bisschen unnachvollziehbar. Ein Beispiel: Die jüngste Tochter Cedani schleppt immer wieder neue Haustiere an, die sie irgendwo findet und die irgendwie ständig einen mehr oder weniger tragischen Tod finden (soll heißen, gar nicht tragisch, denn sonst würde ich das eh niemals aushalten, das ist eher humoristisch aufgezogen). Das fängt bei einer Schnecke an und endet dann bei einem Bärenjungen, das größer ist als Cedani selbst. Jeder normale Mensch würde seiner jüngsten Tochter niemals erlauben diesen Bären zu behalten. Es wird sogar im Spiel mal angeteastert, dass der vielleicht nicht ganz~ so einfach zu halten und "kontrollieren" ist. Ist der Bär beim Finale aber nicht mehr im Schloss, stirbt Cedani. Aha. Ja.
Ich hatte den Bären noch, weil ich ein Idiot bin und eh nie an das Wohl meiner Töchter gedacht habe (die Mittlere hattee ich dann auch längst wegverheiratet, obwohl Lorsulia schließlich sogar von Ivo umgebracht wird und ich daher mit Vermählungen nicht so gute Erfahrungen hatte), aber ich denke als vernünftiger Spieler tendiert man eher dazu den Bären loszuwerden. Da ist dann völlig egal was man sonstwie mit Cedani gemacht hat, ist der Bär nicht da, ist sie dann am Ende auch nicht mehr... da. Sowas finde ich echt blödsinnig, weil es keine Möglichkeit gibt hier einen kausalen Zusammenhang zu erkennen und man meiner Meinung nach eher in die Richtung geschoben wird, die zum negativen Ausgang führt.
Bei vielen anderen, viel irrelevanteren Sachen kann man zumindest ein bisschen abschätzen worauf man sich einlässt, teils auch wenn man gut zuhört oder gewisse Details beachtet, und dann finde ich auch in Ordnung wenn man mit den Konsequenzen trotzdem nicht so wirklich rechnet, solange sie irgendwie Sinn ergeben. Leider betrifft das eben hauptsächlich den Umgang mit den Untertanen oder unwichtigeren Verbündeten, was zwar etwas an den Ressourcen und weiteren Management-Möglichkeiten ändert, storytechnisch aber halt einfach nicht wichtig ist.
Die wichtigen Dinge sind entweder so vorgegeben, dass man sich auch ja elend fühlt, egal wie sehr man sich angestrengt hat, oder sind dann so radikal, dass scheinbar zusammenhanglose Dinge über Leben und Tod entscheiden.
Kurz anmerken möchte ich hier noch, dass Lorsulias Tod mich überraschenderweise doch sehr mitgenommen hat, obwohl ich mit all den forcierten negativen Verläufen so unzufrieden war. Irgendetwas in mir hat also trotzdem zumindest ein bisschen mitgefiebert, oder vielleicht war das auch einfach nur die sehr gelungene Atmosphäre in diesem Moment. Das war definitiv sehr gut gemacht und hat auch mich nicht kalt gelassen.

Nun noch kurz zum Gameplay an sich. Wie schon erwähnt, das Spiel läuft eigentlich in Runden ab, wovon eine Runde eine Woche im Leben des Königs darstellt, und insgesamt ein ganzes Jahr gespielt wird. Zu Beginn jeder Runde sitzt der König im Thronsaal. Dort empfängt er Untertanen oder anderen Herrschern, die sich der Reihe nach anstellen und ihre Probleme vortragen. Man kann zwar jederzeit jemanden "vorreihen", allerdings muss, sobald man jemanden wirklich angesprochen (also angeklickt) hat, dieses Gespräch auch zu Ende gebracht und eine Entscheidung getroffen werden. Die Untertanen haben meist Probleme und bitten um Gold, Vorräte oder die Unterstützung eines sogenannten Agenten (das sind einfach Fachmänner in unseren Diensten, ein General, eine Hexe und ein Jäger). Die potenziellen Verbündeten haben eine Aufgabe für uns. Manchmal ist das sofort zu erledigen - zum Beispiel die Hand einer der Töchter mit denen ich quasi gehandelt habe wie mit rohem Fleisch, dem Sohn des jeweiligen Herrschers versprechen - aber meist sind es Dinge, die etwas Zeit in Anspruch nehmen - beispielsweise einen Scharlatan aufspüren und ins Gefängnis stecken, der dann ein paar Wochen später auch schon zufällig bei einer dieser Audienzen auftaucht.
Im Thronsaal kann man außerdem mit seinem Berater sprechen, der immer nützliche Tipps parat hat, und ankommende Brieftauben empfangen. Alle diese Aktionen werden mit dem A-Knopf ausgeführt, je nachdem was man auf dem Bilschirm mit L oder R halt anwählt.
Man kann den Thronsaal aber auch verlassen und unterschiedliche Räume im Schloss anwählen, in denen man sich begrenzt bewegen kann. Diese dienen hauptsächlich dazu mit Familienmitgliedern zu sprechen, die immer am selben Ort zu finden sind. Selbst zu entdecken gibt es eigentlich kaum etwas.
Über ein Menü kann man dann noch selbst Brieftauben losschicken, die Agenten in die umliegenden Dörfer schicken (wo sich dann Vorräte oder Gold finden lassen) und ein Archiv einsehen, wo alle erledigten Quests und selbst kleinste Vorkommnisse aufgezeichnet werden.
Das alles wird zu einer richtigen Routine, die aber Spaß macht und auch flott von der Hand geht.
Wenn alles getan wurde - manche Sachen sind optional, einige sind aber Pflicht, um die Woche beenden zu können - kommt man dann noch zu einer Zusammenfassung, wo man genau im Überblick hat welches Einkommen und welche Ausgaben man hatte. Dort gibt es manchmal auch extra Aktionen auszuwählen, wie zum Beispiel die Wände des Schlosses (gegen viel Geld) verstärken zu lassen.

Insgesamt ist es nicht schwierig, das alles gemanaged zu bekommen. Ich hatte am Ende zumindest alle Grundvoraussetzungen für eine positiv verlaufende, finale Schlacht erfüllt, sodass ich eigentlich das beste Ende bekommen habe. Naja, zumindest für Eryk, Aurelea und Cedani. Ich finde es immer noch eine Verarsche, dass ich ohne den Bären trotz einer fast perfekten Vorbereitung (viel mehr Wochen hätte das nicht mehr dauern dürfen, weil ich dann pleite gewesen wäre) eben nicht das beste Ende gehabt hätte. So ein Blödsinn, ey.
Äh, naja, auf jeden Fall wollte ich sagen, dass das Spiel also vielleicht nicht direkt "leicht" ist, aber durchaus locker machbar wenn man halbwegs vernünftig spielt und ein bisschen mitdenkt. Für mich genau die richtige Schwierigkeit, für andere vielleicht keine große Herausforderung. Aber darum geht es vermutlich auch nicht. Es geht nämlich darum, den Spieler nicht durch Schwierigkeit eine harte Zeit zu bescheren, sondern durch unverhinderbare Plotpunkte, für die niemand etwas kann. :<
Trotzdem würde ich "Yes, Your Grace" weiterempfehlen, denn wenn ich über mein persönliches Empfinden zu dieser erzwungen tragischen Geschichte hinwegsehe, ist es immer noch ein verdammt gutes, hübsch anzusehendes Indie-Spiel.

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