Mittwoch, 3. März 2021

Viola: The Heroine's Melody


Jeder der im Internet ein bisschen etwas mit mir zu tun hat muss inzwischen von diesem Spiel gehört haben. Ich habe es vor einiger Zeit auf Steam entdeckt als es noch im Early Access war und ich wollte und will dieses Projekt einfach unterstützen. Viola wurde nur von einer Person gemacht, und auch wenn das vielleicht sogar auf den ersten Blick ersichtlich ist, haben mich die gezeigten Screenshots trotzdem beeindruckt. Der Pixelstil ist ein bisschen eigen (und vielleicht sogar "unpolished"), aber man merkt einfach wie viel Herzblut da reingeflossen ist.
Ich habe mir das Spiel also gekauft, sobald das Datum bekannt wurde, an dem es aus dem Early Access kommt. Natürlich war mir bewusst, dass da noch einige Bugs auftauchen hätten können, aber ich hatte dann nur zwei. Bei einem musste ich meinen letzten Save laden, beim anderen handelte es sich lediglich um einen Anzeigefehler bei einer Attacke im Kampf, womit es sich leicht Leben ließ. Da war ich also schon mal echt positiv überrascht! Dass weitere Überraschungen im übrigen Spiel aber eher ausblieben liegt an der sehr vorhersehbaren Geschichte, die dafür aber durchaus andere Vorzüge hat.

Viola wird als musikalischer RPG-Platformer angepriesen und das beschreibt die wichtigsten Elemente des Spiels eigentlich schon sehr treffend. Es ist ein RPG, in dem man eine Party sammelt, rundenbasierte Kämpfe austrägt, seine Level steigert und neue Fähigkeiten erlernt. Fortbewegung erfolgt durch einzelne Zonen, die wie Levels in einem Platformer aufgebaut sind und viele Sprungeinlagen beinhalten. Und das tragende Thema - neben Freundschaft (Vorsicht, "Power of Friendship" Tropes incoming!!) - ist definitiv die Musik. Jedes Partymitglied beherrscht ein Instrument, es gilt verschiedene Melodien zu erlernen, um voranzukommen, und der Auslöser für Violas Reise ist ihre Frustration beim Geigespielen.
Also, das Spiel beginnt mit Viola, die gerade versucht auf ihrer Geige anspruchsvolle Klassikmusik nachzuspielen, es aber einfach nicht hinbekommt. Sie ist darüber deshalb so erzürnt, weil ihre verstorbene Mutter dieses Instrument so geliebt hat, und sie auch aus Trauer über den Verlust heraus den Anspruch hat, genauso gut zu werden wie sie. Als das also einfach nicht klappen will, wird Viola plötzlich aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und erwacht wenig später in einer dunklen Höhle. Dort trifft sie Fenrys, einen großen, sprechenden Hund, der beschließt ihr zu helfen. Obwohl sie seine Hilfe gar nicht wirklich will.
Im Spiel geht es vor allem darum, dass Viola sich weiterentwickelt. Sie ist zu Beginn wirklich nicht besonders sympathisch und muss erst lernen, sich auf andere zu verlassen, an sich selbst zu glauben, und den Verlust ihrer Mutter zu überwinden - das alles mit der Hilfe von vielen Verbündeten, die sie nach und nach trifft und sich ihr anschließen. Diese Charaktere sind eigentlich das Herzstück des Spiels.
Zwar geht die Geschichte sehr zügig voran und eigene Schwächen oder Zweifel werden oft mit ein paar Sätzen überwunden, aber trotzdem wird man eine Bindung zu jemandem aufbauen. Vielleicht nicht zu allen, aber wer bei Fenrys oder Soleil überhaupt nichts empfindet soll sich mit mir um 12 Uhr Mittags draußen zum Duell auf Leben und Tod treffen. :0

Es werden auch Möglichkeiten geboten, die Partymitglieder abseits der Hauptstory besser kennenzulernen, denn es gibt (sehr kurze) Lagerfeuergespräche oder kleine Plänkeleien auf festen Punkten jeder Map (gekennzeichnet durch ein Steinmonument), und eine persönliche Quest für jeden Charakter. Zwar sind auch diese nicht besonders lang, aber geben schon etwas mehr Einblick in die Hintergrundgeschichte der Kumpanen.
Diese sind übrigens eine wirklich extrem bunte Truppe - nicht nur sind hier sprechende Tiere, halbe Dämonen und Skelette mit dabei, es sind auch in Bezug auf andere Dinge sehr diverse Charaktere. Wir haben Soleil, die im Körper eines Mannes geboren wurde aber nun eine Frau ist, oder Fenrys, der beim Verlieben keinen Unterschied darin macht, ob es nun Männlein oder Weiblein oder ein anderes Geschlecht sein sollte. Diese Themen werden aber nicht mit dem Holzhammer präsentiert, sondern tauchen recht natürlich in Gesprächen auf und fühlen sich einfach völlig normal und passend an. Genauso wie es eben sein sollte.


Im Kampf sind die Charaktere auch alle sehr unterschiedlich. Sie alle korrespondieren, genauso wie die Gegner, mit einem bestimmten Element, und haben alle eigene Fähigkeiten. Manche erlernt man durch Leveln, manche durch die Support-Gespräche an den Lagerfeuern.
Um eine Fähigkeit, oder auch einen normalen Angriff, erfolgreich auszuführen, muss man mit dem Controller bestimmte Aktionen ausführen, so ähnlich wie bei Quicktime Events. Das verhindert, dass die klassisch rundenbasierten Kämpfe langweilig werden. Da das Spiel nicht sonderlich herausfordernd ist, macht es tatsächlich Spaß die vorgegebenen Tastenkombinationen zu drücken statt nur stupide auf alles durch Aktivierung eines einzelnen Buttons draufzuhauen.
Waffen und Rüstungen gibt es übrigens keine, man kann die Charaktere aber mit je zwei Gems ausrüsten, die Gegner droppen oder in einem Shop erworben werden können, um die Stats zu verbessern.
Auch die Platforming-Passagen sind nicht anspruchsvoll und waren sogar für mich ziemlich easy-peasy (dass ich bereits am ersten Hindernis in den ersten drei Minuten scheiterte lag nur daran, dass ich die falschen Controller-Einstellungen verwendet hatte!!!111elf), was ich dankbar registriert habe. :D Es würde zur ganzen Atmosphäre von Viola auch wirklich nicht passen, wenn man sich an Gameplay-Abschnitten die Zähne ausbeißen würde. Das Ganze ist eine herzerwärmende Erfahrung, vom Ende bis zum Schluss, und für diejenigen geeignet, die sich bei einem Spiel einfach mal nur rundum wohl fühlen wollen. Dieses Spiel ist nämlich quasi die fortgeschrittene Variante von Lord of Magna, das ich letzten Monat gespielt habe. Das habe ich schon als Wohlfühl-Spiel bezeichnet, aber Viola legt nochmal eine angenehm kuschelige Schicht drauf.^^

Ein paar kleine Kritikpunkte habe ich aber trotzdem. Eine Enthüllung am Ende hat mir so gar nicht gefallen. Man kann sich da nämlich entscheiden, ob Viola nach Hause zurückkehren soll und damit alles zerstört, oder in der Welt von Vylna bleibt. Hat man jede einzelne persönliche Quest gemacht, gibt es auch noch eine dritte Variante, die das einzige richtige Happy End darstellt. Soweit so gut. Die Entscheidung teilt man aber einer Entität mit, die quasi der "Entwickler" hinter allem ist, und das Spiel auch genau als solches bezeichnet. Das war ziemlich unnötig und hätte man sich sparen können. Es gibt genügend Spiele, die die 4th Wall durchbrechen und mit so einem Meta-Plottwist daher kommen, viele davon haben das aber deutlich besser eingebunden. Das war meiner Meinung nach einfach zu gewollt, kann aber auch gerade weil es so plötzlich kommt und nur extrem kurz abgehandelt wird, auch ziemlich einfach ignoriert werden. Was ich tue. Denn ich lasse mir nicht den herzzerreißenden Abschied von Fenrys und Ceryn und all den anderen versauen!
Da musste ich wirklich ein paar Tränchen verdrücken... :)
Zum letzten Bosskampf kommt man übrigens indem man 9 Lieder und 9 Mitstreiter gesammelt hat, die den 9 Elementen zugeteilt werden können. 999 also. :>

Ansonsten geht es bei meinen Kritikpunkten eher um spieltechnische Dinge. Man kann nicht manuell speichern, und ein bisschen unpraktisch kann der Autosave schon sein. Es wird nur gespeichert wenn man eine Zone abschließt, und nach Lagerfeuern oder nach dem Besuch des Shops. Ersteres wäre zwar schlimmer wenn die Gebiete größer wären und die Bugs zahlreicher, aber ich musste zumindest einmal einen ganzen Abschnitt mit Story-Parts und allem von vorn wiederholen (das war eben dieser eine Bug, wo ich neu laden musste). Auch das Menü ist gewöhnungsbedürftig, weil dort meiner Meinung nach ein paar Informationen fehlen. Man kann nicht einsehen welche Fähigkeiten die Mitstreiter haben und was diese bewirken - das kann man sich nur im Kampf ansehen, und auch nur wenn man genug Manapunkte oder GP (die Punkte für die Skills aus den Support-Gesprächen) für die jeweilige Aktion hat. Es lassen sich auch keine Settings einstellen, das klappt nur im Hauptmenü bevor man seinen Spielstand geladen hat. Und, was einigen vielleicht egal wäre aber mir halt aufgefallen ist, man kann Viola nicht in den Showcases auf Steam ausstellen, und auch keine Achievements daraus. Weiß der Geier warum das so ist, ich persönlich finde das ein bisschen störend. Immerhin könnte ich das Spiel sonst auf meinem Steam-Profil quasi weiter unterstützen, indem es dort ein bisschen präsentiert wird. Aber naja, dann eben nicht.


Insgesamt muss ich aber sagen, dass für mich persönlich die Kritikpunkte wirklich sehr wenig ins Gewicht fallen, weil Viola auch mit ihnen problemlos spielbar ist und man das Erlebnis trotzdem ausgiebig genießen kann. Ich bin einfach begeistert von den Charakteren, dem musikalischen Thema und den vielen, vielen Details, die überall eingeflossen sind. Ich liebe es, dass alle Partymitglieder ein paar eigene Quotes haben wenn sie aufleveln, dass ihre Befindlichkeit während der Kämpfe hin und wieder eingeblendet werden, dass sich der Startbildschirm verändert je mehr Leute man rekrutiert hat, dass im Ladebildschirm schöne Sprüche stehen steht und so weiter und so fort. Mit solchen Kleinigkeiten kann man nicht nur mir eine Freude machen, sondern an denen erkennt man auch, dass sich jemand wirklich viel Mühe gegeben hat.
Ich denke zwar nicht, dass Viola über Jahre einen extrem bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wird, aber für den Moment ist es auf jeden Fall in den Top 3 meiner bisher gespielten Spiele, und ich bereue wirklich keine Sekunde, die ich in Vylna verbracht habe. Es war einfach rundum kitschig und schön. :)

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