Samstag, 6. Juni 2020

The World Ends With You - Final Remix

The World Ends With You erschien schon im Jahr 2007 erstmals für den Nintendo DS. Ich habe mir das damals sogar relativ zeitnahe nach dem europäischen Release gekauft, aber es gab bei mir ja mal diesen Vorfall, bei dem alle meine PSP und NDS Spiele bei einem Umzug verschwunden sind. Darunter war eben auch dieses RPG, und es war – wie übrigens irgendwie viele RPGS auf dem DS – wohl nicht in besonders hoher Auflage vorhanden. Als ich nämlich irgendwann später zumindest das Wichtigste nachkaufen wollte, haben mich horrende Preise davon angehalten. Und so geriet auch dieses Spiel ein bisschen in Vergessenheit – nicht nur bei mir, sondern irgendwie überall -, obwohl es zumindest damals einen recht guten Ruf hatte. Ich habe mich daher kaum mit der neuen Version für die Switch beschäftigt, bis ein Bekannter seine Switch-Sammlung verkauft hat und eben dieser Titel dabei war. Ich habe hauptsächlich wegen einem anderen Spiel zugeschlagen (Raging Loop), aber dachte halt „nimmst du das eben auch noch mit“.Und meine Güte, Gott sei Dank habe ich das getan. The World Ends With You ist eines der besten RPGs, die ich bisher gespielt habe, und die Gründe dafür sind zahlreich.

In der Geschichte geht es um einen Jungen namens Neku, der unfreiwillig in ein gefährliches Spiel verwickelt wird. Zu Beginn weiß man nur, dass es gilt sieben Tage lang im vielfältigen, schrillen Shibuya Aufgaben zu erfüllen. Man ist in einer Art „Zwischenwelt“, wo einen die normalen Menschen nicht sehen können, und wenn man versagt wird man „gelöscht“, was genau das heißt was man denkt. Es geht also um Leben und Tod. Die Aufgaben reichen von profanen Sachen wie „Erreiche einen bestimmten Zielort“ zu eindeutigen Anweisungen wie „Besiege diesen Gegner“ bishin zu kryptischen Formulierungen „Befreie die Statue“. Damit verbunden sind natürlich immer gewisse kleine Ziele zu überwinden, und manchmal wird dieses Schema auch durch Plottwists und den Verlauf der Geschichte aufgebrochen. Warum Neku das Spiel spielen muss, wieso es essenziell ist einen Partner zu finden und welche Motive die „Reaper“ haben, die das Spiel veranstalten, entfaltet sich natürlich erst nach und nach. Bevor ich darauf näher eingehe komme ich aber erst mal zum Gameplay, das für sich alleine eigentlich schon gut genug für eine positive Wertung sein könnte.


Die Spieler des Reaper-Games können Ansteck-Pins zur Ausführung bestimmter Fähigkeiten nutzen. Diese werden also gebraucht, um den Gegnern überhaupt Schaden zuzufügen, und sie funktionieren auch nur wenn man eben einen Pakt mit jemandem geschlossen hat. Hat man bis zu sechs von ihnen angesteckt (Plätze dafür werden natürlich erst nach und nach freigeschalten) werden die Fähigkeiten im Kampf durch unterschiedliches Einwirken des Spielers (also nicht ingame, sondern „mein“ Einwirken) getriggert. Hierzu diente damals auf dem DS der Stylus, auf der Switch kann man es mit den Joycons probieren, aber am besten funktioniert meiner Meinung nach bei dieser Neuauflage der gute, alte Finger auf dem Touchscreen. Mit diesem interagiert man mit allem auf dem Kampfbilschirm. Die Gegner, Neku, herumstehende Gegenstände (das können ganze Autos sein :D) – je nachdem welche Pins man ausgerüstet hat und welche Bewegungen man ausführt (schnelles tippen, wischen, gepresst halten, Kreise malen usw....), werden eben die entsprechenden Skills verwendet. Hierbei gibt es auch Ablinkzeiten und natürlich Bewegungen, die sich besonders gut ergänzen. Aber auch blockieren, wenn man zwei Pins mit denselben Voraussetzungen ausrüstet. Auf jeden Fall ist das Kampfsystem so nicht nur sehr dynamisch und fühlt sich richtig frisch an, sondern bewirkt auch, dass man gerne besonders viel herumprobieren will. Und es gibt HAUFENWEISE Pins zu sammeln. Das ist einer der besten Sachen am Spiel, ernsthaft. Man hat eine riesige Auswahl, kann Pins im Kampf gewinnen, kaufen und auch zu besseren Versionen hochtrainieren und das Sammeln und Ausprobieren macht richtig süchtig. Ich habe echt selten Ost RPGS wo mir das Kampfsystem so viel Spaß macht, dass ich mich nach Storyszenen schon wieder einfach nur auf die nächsten Gefechte freue oder wo auch das Einkaufen einfach spannend ist, weil es ja irgendwo neue Pins geben könnte.

Obwohl das alleine für mich schon fast reichen würde, gibt es noch viele weitere Kniffe beim Gameplay. Es gibt Kleidungungsstücke, die man ausrüsten kann, und wovon es auch wirklich eine riesige Auswahl gibt. Diese lassen sich nur in Shops kaufen (oder manchmal gegen bestimmte Pins eintauschen). Genauso wie Essen, das Neku verspeisen kann, und von dem sich seine Stats nach dem Verzehr (der über eine bestimmte Anzahl von Kämpfen geht) verbessern. Außerdem haben alle Pins und Kleidungsstücke eine bestimmte Marke, die in bestimmten Gegenden mehr, und in anderen weniger angesagt sind. Man kann Einfluss darauf nehmen und den Ruf einer Marke verbessern (indem man mit den entsprechenden Pins kämpft) und hat davon dann Vorteile in den Kämpfen. Naja, und dann sind natürlich die Partner von Neku auch ein Teil des Gameplays, die im Kampf bei bestimmten Aktionen auftauchen und dann selbstständig angreifen. Bei besonders langen Kombos synchronisieren sich die Partner mehr und mehr mit Neku und ab einem bestimmten Wert kann man mächtige Teamangriffe machen, deren Stärke auch noch von einem Mini-Game abhängt. Puh, so viel zu tun und zu beachten! Aber alles wird nach und nach erklärt, sodass man alles versteht und gut reinkommt, und sich nicht total erschlagen fühlt. Es ist eigentlich genau die richtige Menge an Kram, um gut beschäftigt zu sein während man der spannenden Geschichte folgt.

Trotz der recht präkeren Lage, in der sich Neku befindet, ist der allgemeine Ton des Spiels recht optimistisch - fetzige Musik, eine Prise Humor, bunte Grafik und viele leichtherzige Dialoge lassen einen schon mal gern die Deckung vernachlässigen, sodass man irgendwie nicht erwartet, plötzlich doch noch ziemlich emotional zu werden. Beim ersten, großen dramatischen Moment (Die Löschung einer wichtigen Person) dachte ich sogar noch, dass das alles ja gar nicht sein kann und der verlorene Charakter schon wieder auftauchen wird. :'D Aber nein. Und irgendwie bekommt man es erst gar nicht mit, aber man ist schnell sehr investiert in die großartigen Charaktere, sodass die meiner Meinung nach sehr sorgfältig eingesetzten Plottwists einen alle fast so treffen wie Neku selbst. Also, als wäre man auch direkter Teil dieser ganzen Sache.
Viel trägt dazu eben das Partner-System bei. Jede Woche (es gibt insgesamt drei im Spiel) hat Neku einen anderen Partner, dem er vertrauen muss, weil er sonst das Reaper-Game nicht gewinnen kann. Zu Beginn war ich immer so "meh, ich vermisse meinen letzten Partner", und dann mochte ich jeden einzelnen neuen dann doch immer wieder extrem. Man wächst, genauso wie der Protagonist, mit diesen Leuten zusammen, sodass jede dieser anfänglichen Zweckgemeinschaften wirklich zu so etwas wie Freundschaften werden - eben auch für den Spieler selbst! Ich weiß noch so genau wie ich Shiki vermisst habe, als in Woche zwei plötzlich Joshua Nekus Partner war, und am Ende der zweiten Woche war seine Aufopferung für mich dann schon sowas der Weltuntergang (damn, ich liebe Joshua). Und trotzdem ging es danach wieder schnell, dass ich Beat, den dritten Partner, auch als meinen innigsten Vertrauten angesehen habe. Es gibt eben auch viel Platz für mal eben kleinere Dialoge, aber nie so viel dass man das Gefühl hat, es wird immer nur irrelevantes Zeug gelabert.

Auch die Nebencharaktere bekommen alle Momente im Rampenlicht, und die Reaper als Gegenspieler werden teils sogar sehr genau beleuchtet. Jeder Antagonist, bis hin zur großen Entität hinter dem ganzen Reaper-Game, hat eine Persönlichkeit, Ziele, Motive, Pläne,... Vor allem Kariya, liebevoll Lollypop genannt (von Beat xD), fand ich sehr sehr toll, aber eigentlich ist die Auswahl an guten Charakteren echt groß.
Und man kann nicht mal sagen, dass der Composer und seine Reaper wirklich "böse" sind, da das normale Reaper-Game eigentlich nur so etwas wie ein Test ist, wenn man ein paar Augen zudrückt. Und selbst der, der im Endeffekt dann den Endboss darstellt will vereinfacht nur nicht, dass Shibuya zerstört wird. Das alles wirkt aber nicht billig oder konstruiert, sondern fügt sich in eine mehr als runde Geschichte ganz natürlich mit ein.
Also kurz gesagt kann ich eigentlich nur meinen Hut ziehen - für mich ist die ganze Erzählstruktur und die Art wie die Geschichte präsentiert, und die Plottwists aufbereitet werden, ziemlich perfekt. Ich wüsste nicht was man da besser machen könnte, außer vielleicht etwas öfter ein bi~sschen traurigere Musik einspielen. xD

Okay, also ich bin begeistert, aber es gab tatsächlich auch Sachen, die ich kritisieren würde.
Die Map im Spiel hat mir überhaupt nie geholfen. Wenn ich zu einem bestimmten Ziel in Shibuya sollte habe ich mich quasi darauf verlassen, dass ich schon irgendwie hinkomme wenn ich nur weit genug laufe. Ich habe die Map im Menü nie verstanden, und meine Orientierung ist zu schlecht, um mich aus dem Gedächtnis zu erinnern wo was im verworrenen Shibuya ist. Zum Glück gibt es immer ein paar Blockaden im Weg, und es ist selten wirklich alles an einem Tag auch erreichbar. Eventuell wirkt das auf den ein oder anderen tatsächlich auch mal etwas Einschränkend (wenn man Essen kaufen will aber zu keinem Laden kommt, obwohl man da tatsächlich wissen würde wie man hinkommt), aber mich hat das kaum gestört. Genauso wie das Charakterdesign, das allgemein zwar sehr hübsch ist, aber teilweise figurlich schon grenzwertig. Shiki hat quasi einen eingeknickten Bauch über der Hüfte - sieht ein bisschen ungesund dünn aus.^^ Tut ihrem interessanten Charakter aber keinen Abbruch.
Leider konnte ich mich auch für das Spiel "Tin Pin Slammer" nie begeistert. An zwei, drei Stellen muss man dieses Minispiel innerhalb der Story spielen, ansonsten ist es optional. Und es war auch nie schlimm wenn ich es dann spielen musste, aber gefreut habe ich mich jetzt auch nicht.
Eines der Zusatzkapitel nach dem Durchspielen betrifft auch rein dieses Minispiel, weshalb ich mir da nur den Anfang angekuckt habe. Das zählt aber ohnehin als Episode in einer Parallelwelt und hat nichts mit dem tatsächlichen Spiel zu tun.
Da ist es mit "A New Day", das exklusiv für den Final Remix gemacht wurde, schon anders. Und das hat mich sogar noch mehr angekackt als Tin Pin Slammer. xD

Für mich hatte The World Ends With You ein ziemlich perfektes Ende. Es hat gepasst, war ein bisschen melancholisch und ein bisschen fröhlich, und ja, es ließ ein paar Fragen offen. Aber Neku hat doch genug durchgemacht, genauso wie Beat, die sich beide in diesem nachträglich zugedachten Epilog wieder mit allem Möglichen herumschlagen müssen. Und ich mochte auch nicht, dass da nach all den Jahren dann "aufgedeckt" wurde, dass unser mysteriöser Helfer Mr. Hanekoma, quasi einen Verrat am Composer begangen hat. Also das ist jetzt nichts, was das Spiel an sich schlechter machen würde, weil es halt Geschmackssache ist, aber ich bin dazu übergegangen diese Story-Weiterführung einfach mal zu ignorieren. Die gibt es also für mich nicht solange keine Fortsetzung kommt, die das bestätigt. xD

Naja, das wars aber auch schon mit meiner Kritik. Man kann als Fazit also durchaus sagen, dass The World Ends With You für mich beinahe perfekt war. Definitiv eines der besten Spiele, die ich bisher gespielt habe, und wenn Baten Kaitos Origins nicht wäre, dann sicher auch mein bisheriges Game of the Year. Kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, und werde ich in den nächsten Wochen und Monaten vermutlich auch tun bei all den armen Seelen, die sich nicht schnell genug retten können. xD
Goodbye for now, Phones, Shades, Lollipop, Ironface (xD), Pinky und all ihr anderen. <3


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