Mittwoch, 24. Juni 2020

The Night of the Rabbit


Bei The Night of the Rabbit handelt es sich um eines der vielen Point & Click Adventures von Daedalic, die für das Genre ja bekannt sind. Daher gehe ich davon aus, dass man zumindest eine gewisse Qualität erwarten kann, auch wenn sicher nicht alles jedermanns Geschmack ist.
Im Fall von diesem Spiel sind es vor allem die niedliche Welt und die liebevoll detailreiche Geschichte, welche mich überzeugen konnten. Zwar musste ich mich erst ein bisschen an den allgemeinen Ton gewöhnen – anfangs wirkt alles schon sehr stark wie für Kinder gemacht – aber nach kurzer Zeit fühlte ich mich genau dadurch irgendwie schnell wohl, außerdem wird alles gegen Ende hin auch zunehmend immer ernster.
Beim Gameplay schwächelt das Spiel hingegen, beziehungsweise eigentlich größtenteils einfach bei der Nachvollziehbarkeit der Rätsel. So kommt es im Endeffekt wohl darauf an, wie sehr man sich auf die Welt einlassen kann und wie viel Wert man auf eigenständige Spielweise legt – aber insgesamt würde ich trotzdem sagen, dass The Night of the Rabbit auf jeden Fall ein Adventure ist, das ich auf eine gewisse Art und Weise auch genießen konnte. Also prinzipiell wirklich genau das, was ich von Daedalic erwartet habe: Nichts Perfektes, aber zumindest ein gewisses Maß an guter Qualität. 

 Die Geschichte dreht sich um Jeremiah Hazelnut, der mit seiner Mutter in einem idyllischen Häuschen am Waldrand lebt – dem letzten Fleckchen Natur in einer bereits modernen Welt - und sich wünscht ein großer Magier zu werden.
Sein Wunsch wird von einem weißen Hasen mit roten Augen erhört (cooles Design, echt), der sich als Marquis de Hoto vorstellt. Er ist ein sogenannter „Treewalker“, jemand mit echten Zauberkräften, und möchte Jerry zu seinem Schüler machen.
Er erklärt dem Jungen, dass man über Portale in alten Bäumen in andere Zeiten und Welten reisen kann, und die Ausbildung soll dementsprechend an einem besonderen Ort stattfinden: Ein Dörfchen namens Mousewood, das sich nun anstelle der großen Stadt neben Jerrys Haus finden lässt.
In diesem leben ausschließlich kleine Tiere wie Mäuse oder Igel, und Jerry muss allerlei Aufgaben erfüllen, um dort vier Baum-Portale zu finden und vier Zaubersprüche zu lernen. Am Ende warten dann noch einige Überraschungen – eine dunkle, große Bedrohung und einige Enthüllungen über den Marquis, aber die meiste Zeit des Spiels verbringt man relativ unbescholten in Mousewood. Ich fühlte mich gleich wohl in dem lebhaften und kompakten kleinen Ort, in dem es trotz allem viel zu entdecken gibt. Die Bewohner sind sehr vielseitig und unterschiedlich, und fast alle von ihnen haben irgendetwas Relevantes zu Jerrys Ausbildung beizutragen. Es gibt auch einige optionale Sachen, auch wenn diese hauptsächlich daraus bestehen irgendetwas zu sammeln. Zum Beispiel 32 klitzekleine Tautropfen, oder Spielkarten mit Story-relevanten Motiven. Man kann auch Quartett gegen die meisten Bewohner spielen.
Das alles hat mir gut gefallen, weil ich schon das Gefühl hatte sehr vertraut mit der Welt zu werden. Sehr schön fand ich auch, dass man die meisten Orte, die man erst später freischaltet, quasi die ganze Zeit vor der Nase hat aber dann erst irgendwann Zugang dazu findet (ohne dabei aktiv zu denken man würde künstlich blockiert werden). Der Schauplatz als Ganzes fühlt sich einfach sehr natürlich und stimmig an. Und natürlich niedlich mit den ganzen Tieren und so.

Ich hatte durchaus Interesse daran, Jerry zu einem Magier zu machen und vor allem die einzelnen Baum-Portale waren richtige Highlights. Ein japanisch angehauchter Fuchs-Schrein, eine saftig grüne, irische Landschaft, ein verschneiter einsamer Punkt am Nordpol,… das hat mir durchaus viel Spaß gemacht. Langweilig war es also sicher nicht. Ich dachte es gäbe nach dem Meistern der vier Zaubersprüche noch ein Finale und das wäre es dann gewesen, aber nichts da. Das „Finale“ dauerte noch einige Zeit, und für meinen Geschmack auch etwas zu lange. Das war dann eben der Punkt wo das große Übel und die Vergangenheit des Marquis de Hoto enthüllt wurden, aber es gab zu dem Zeitpunkt dann einfach noch einmal eine viel zu hohe Rätsel-Dichte. Bis man überhaupt zum Ort des Finales kommt muss man die bereits zigfach besuchten Gebiete in Mousewood nochmal doppelt abklappern und danach steht man dem Antagonisten zwar gegenüber, kann aber erst mal nur davon träumen ihm auch irgendwas anhaben zu können. Grundsätzlich kann ich die Ideen hinter all diesen Dingen gut verstehen – man fängt vier Echsen ein, damit sie niemanden mehr manipulieren können, holt quasi die vier Schlüssel aus den Bäumen, die als Portale dienten, um zum „Urbaum“ zu gelangen und dann muss man Zaroff (so der Name des Gegenspielers) noch seine vier Nägel abnehmen, mit denen er einen Fluch auf alle gewirkt hat. Es macht alles Sinn, aber vor allem Letzteres zieht sich einfach so extrem in die Länge. Ich hatte das Gefühl, dass hier einfach nochmal einer drauf gesetzt werden sollte, da die Sache mit den Nägeln als Theaterstück dargestellt wird, wo Zaroff als quasi Regisseur und das Publikum als kritischer Mob immer mal wieder was kommentieren. Die Kommentare unterbrechen einen aber dauernd im Handeln. Da dachte man schon drei Mal man wäre jetzt gleich fertig, muss dann aber immer noch weiter machen, kommt aber nicht voran weil wieder irgendein Text abgespielt werden muss. Das fand ich echt nervig!
Auch hätte ich das ganze Drama am Ende jetzt nicht unbedingt gebraucht, weil eben die restliche Stimmung des Spiels so leichtherzig und zauberhaft ist. Aber es hat auch nicht gestört, weil eigentlich von Anfang an geteasert wurde, dass da etwas Dunkleres im Hintergrund lauert. Und das Ende war dann eigentlich eine gute Mischung aus beidem – ein klassisches und sehr schönes Happy End für Jerry, aber noch ein kurzer Schreck am Ende über den wahren Verbleib des Marquis de Hoto (falls ich das noch nicht erwähnt habe: Nicht nur cooles Design, sondern allgemein ein toller Charakter). Da hatte ich tatsächlich ein wenig Gänsehaut. Daraus kann man also schließen, dass ich eben – wie schon vorhin gesagt – vor allem die Welt und ihre Bewohner mochte, was durchaus genug Grund für mich ist ein Spiel gut zu finden.

Kommen wir nun aber zum negativsten Punkt. Einerseits mag ich es ja, wenn es viele offene Enden bei Rätseln gibt, weil man dann mehrere Ideen hat wie es weitergehen könnte und man sich Stück für Stück voran arbeitet. Man hat da einfach selten das Gefühl festzustecken. The Night of the Rabbit hat zwar so ein System, aber viele der Rätsel sind trotzdem nicht besonders intuitiv. Bei manchen Sachen weiß ich bis heute nicht warum ich die machen sollte.
Zum Beispiel: Jerry musste irgendwie zu einem Kobold gelangen, der auf dem Ast eines hohen Baumes auf ihn wartete. Über ein Dach konnte man zwar auf dieselbe Höhe, aber es brauchte noch etwas um rüberzuhüpfen. Die Lösung dazu war eine Art Laterne von einem Gartenfest zu erhalten und diese dann (nachdem man eine Wache zum Schlafen brachte) mit einer Kanone auf den Baum feuerte. Der leuchtete dann hübsch durch den Inhalt der Laterne. Und dann konnte ich zum Kobold rüber. Äh ok. Eventuell hat sich der Ast dadurch gebogen, aber fragt mich nicht, ich weiß es nicht. Und ich weiß noch weniger, wie man auf die Idee kommen soll, dass eine Laterne die Lösung für das Problem des weit entfernten Astes ist.
Hinweise zum richtigen Vorgehen sind oft sehr schwammig formuliert, wenn es sie denn überhaupt gibt – und das obwohl es ein (sehr unübersichtliches) Journal mit Aufzeichnungen gibt. Es gibt auch noch die Möglichkeit den Marquis um einen Tipp zu bitten, aber dieser sagt einem immer nur das große Hauptziel („Du musst die Vorbereitungen für das Fest treffen!“) und niemals irgendetwas Hilfreiches. Gegenstände kombiniert man meist wahllos miteinander oder mit der Umgebung, und einige davon schleppt man ewig bis ganz zum Schluss mit sich herum ohne zu wissen warum.
Alles ist also oft nur Trial & Error, auch wenn es natürlich nicht immer gleich schlimm ist. Ich bin aber der Überzeugung, dass einige Lösungen selbst für erfahrene Genrekenner nicht besonders gut nachvollziehbar sind (das habe ich auch bei ein paar Bewertungen so gelesen).

Ich weiß, dass ich Teile eines Adventures weniger aktiv „mitbekomme“ wenn ich einen Guide benutze, weshalb ich immer versuche das so gut wie möglich zu vermeiden. Ganz bleibt das bei mir nie aus, aber bei The Night of the Rabbit musste ich schon echt recht oft nachgucken – und ich merke jetzt schon, dass mir diese Parts deutlich weniger in Erinnerung bleiben als die, wo ich selbst vorangekommen bin. Trotzdem ist es für mich jetzt nicht so ein heftiger Kritikpunkt wie für bestimmt manch anderen. Einige werden das Spiel deshalb vielleicht auch gar nicht genießen können. Deshalb würde ich es nur bedingt empfehlen. Mir haben einige Aspekte daran gut gefallen, und da mir Geschichten und vor allem Atmosphäre immer wichtiger sind als Gameplay, wiegen diese für mich mehr als die ganzen Schwächen. 
Nun noch ein paar Kleinigkeiten zum Schluss: Die Synchronstimmen in Englisch waren sehr gut, auch wenn ich gerade bei den weiblichen Charakteren das Gefühl hatte, dass die alle recht ähnlich klingen. Und die optionalen Sammelsachen haben mich echt schwer motiviert. Die Musik ist auch schön, wobei mir hauptsächlich das Haupt-Theme in Erinnerung bleibt, das aber fast ein wenig zu oft gespielt wird. Und ich denke das wars dann auch.

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