Bei The Night of the Rabbit handelt es sich um
eines der vielen Point & Click Adventures von Daedalic, die für das
Genre ja bekannt sind. Daher gehe ich davon aus, dass man zumindest eine
gewisse Qualität erwarten kann, auch wenn sicher nicht alles jedermanns
Geschmack ist.
Im Fall von diesem Spiel sind
es vor allem die niedliche Welt und die liebevoll detailreiche
Geschichte, welche mich überzeugen konnten. Zwar musste ich mich erst ein
bisschen an den allgemeinen Ton gewöhnen – anfangs wirkt alles schon
sehr stark wie für Kinder gemacht – aber nach kurzer Zeit fühlte ich
mich genau dadurch irgendwie schnell wohl, außerdem wird alles gegen
Ende hin auch zunehmend immer ernster.
Beim
Gameplay schwächelt das Spiel hingegen, beziehungsweise eigentlich
größtenteils einfach bei der Nachvollziehbarkeit der Rätsel. So kommt es
im Endeffekt wohl darauf an, wie sehr man sich auf die Welt einlassen
kann und wie viel Wert man auf eigenständige Spielweise legt – aber
insgesamt würde ich trotzdem sagen, dass The Night of the Rabbit auf
jeden Fall ein Adventure ist, das ich auf eine gewisse Art und Weise
auch genießen konnte. Also prinzipiell wirklich genau das, was ich von
Daedalic erwartet habe: Nichts Perfektes, aber zumindest ein gewisses
Maß an guter Qualität.
Sein Wunsch wird von einem
weißen Hasen mit roten Augen erhört (cooles Design, echt), der sich als
Marquis de Hoto vorstellt. Er ist ein sogenannter „Treewalker“, jemand
mit echten Zauberkräften, und möchte Jerry zu seinem Schüler machen.
Er
erklärt dem Jungen, dass man über Portale in alten Bäumen in andere
Zeiten und Welten reisen kann, und die Ausbildung soll dementsprechend
an einem besonderen Ort stattfinden: Ein Dörfchen namens Mousewood, das sich nun anstelle der großen Stadt neben Jerrys Haus finden lässt.
In
diesem leben ausschließlich kleine Tiere wie Mäuse oder Igel, und Jerry
muss allerlei Aufgaben erfüllen, um dort vier Baum-Portale zu finden
und vier Zaubersprüche zu lernen. Am Ende warten dann noch einige
Überraschungen – eine dunkle, große Bedrohung und einige Enthüllungen
über den Marquis, aber die meiste Zeit des Spiels verbringt man relativ
unbescholten in Mousewood. Ich fühlte mich gleich wohl in dem lebhaften
und kompakten kleinen Ort, in dem es trotz allem viel zu entdecken gibt.
Die Bewohner sind sehr vielseitig und unterschiedlich, und fast alle
von ihnen haben irgendetwas Relevantes zu Jerrys Ausbildung beizutragen.
Es gibt auch einige optionale Sachen, auch wenn diese hauptsächlich
daraus bestehen irgendetwas zu sammeln. Zum Beispiel 32 klitzekleine
Tautropfen, oder Spielkarten mit Story-relevanten Motiven. Man kann auch
Quartett gegen die meisten Bewohner spielen.
Das
alles hat mir gut gefallen, weil ich schon das Gefühl hatte sehr
vertraut mit der Welt zu werden. Sehr schön fand ich auch, dass man die
meisten Orte, die man erst später freischaltet, quasi die ganze Zeit vor
der Nase hat aber dann erst irgendwann Zugang dazu findet (ohne dabei
aktiv zu denken man würde künstlich blockiert werden). Der Schauplatz als
Ganzes fühlt sich einfach sehr natürlich und stimmig an. Und natürlich
niedlich mit den ganzen Tieren und so.
Ich
hatte durchaus Interesse daran, Jerry zu einem Magier zu machen und vor
allem die einzelnen Baum-Portale waren richtige Highlights. Ein
japanisch angehauchter Fuchs-Schrein, eine saftig grüne, irische Landschaft,
ein verschneiter einsamer Punkt am Nordpol,… das hat mir durchaus viel
Spaß gemacht. Langweilig war es also sicher nicht. Ich dachte es gäbe
nach dem Meistern der vier Zaubersprüche noch ein Finale und das wäre es
dann gewesen, aber nichts da. Das „Finale“ dauerte noch einige Zeit,
und für meinen Geschmack auch etwas zu lange. Das war dann eben der
Punkt wo das große Übel und die Vergangenheit des Marquis de Hoto
enthüllt wurden, aber es gab zu dem Zeitpunkt dann einfach noch einmal
eine viel zu hohe Rätsel-Dichte. Bis man überhaupt zum Ort des Finales
kommt muss man die bereits zigfach besuchten Gebiete in Mousewood nochmal
doppelt abklappern und danach steht man dem Antagonisten zwar gegenüber,
kann aber erst mal nur davon träumen ihm auch irgendwas anhaben zu
können. Grundsätzlich kann ich die Ideen hinter all diesen Dingen gut
verstehen – man fängt vier Echsen ein, damit sie niemanden mehr
manipulieren können, holt quasi die vier Schlüssel aus den Bäumen, die
als Portale dienten, um zum „Urbaum“ zu gelangen und dann muss man
Zaroff (so der Name des Gegenspielers) noch seine vier Nägel abnehmen, mit
denen er einen Fluch auf alle gewirkt hat. Es macht alles Sinn, aber vor
allem Letzteres zieht sich einfach so extrem in die Länge. Ich hatte
das Gefühl, dass hier einfach nochmal einer drauf gesetzt werden sollte,
da die Sache mit den Nägeln als Theaterstück dargestellt wird, wo
Zaroff als quasi Regisseur und das Publikum als kritischer Mob immer
mal wieder was kommentieren. Die Kommentare unterbrechen einen aber
dauernd im Handeln. Da dachte man schon drei Mal man wäre jetzt gleich
fertig, muss dann aber immer noch weiter machen, kommt aber nicht voran weil wieder irgendein Text abgespielt werden muss. Das fand ich echt nervig!
Auch
hätte ich das ganze Drama am Ende jetzt nicht unbedingt gebraucht, weil
eben die restliche Stimmung des Spiels so leichtherzig und zauberhaft
ist. Aber es hat auch nicht gestört, weil eigentlich von Anfang an
geteasert wurde, dass da etwas Dunkleres im Hintergrund lauert. Und das
Ende war dann eigentlich eine gute Mischung aus beidem – ein klassisches
und sehr schönes Happy End für Jerry, aber noch ein kurzer Schreck am Ende über
den wahren Verbleib des Marquis de Hoto (falls ich das noch nicht
erwähnt habe: Nicht nur cooles Design, sondern allgemein ein toller
Charakter). Da hatte ich tatsächlich ein wenig Gänsehaut. Daraus kann
man also schließen, dass ich eben – wie schon vorhin gesagt – vor allem
die Welt und ihre Bewohner mochte, was durchaus genug Grund für mich ist
ein Spiel gut zu finden.
Kommen
wir nun aber zum negativsten Punkt. Einerseits mag ich es ja, wenn es
viele offene Enden bei Rätseln gibt, weil man dann mehrere Ideen hat wie
es weitergehen könnte und man sich Stück für Stück voran arbeitet. Man
hat da einfach selten das Gefühl festzustecken. The Night of the Rabbit
hat zwar so ein System, aber viele der Rätsel sind trotzdem nicht
besonders intuitiv. Bei manchen Sachen weiß ich bis heute nicht warum
ich die machen sollte.
Zum Beispiel: Jerry
musste irgendwie zu einem Kobold gelangen, der auf dem Ast eines hohen
Baumes auf ihn wartete. Über ein Dach konnte man zwar auf dieselbe Höhe,
aber es brauchte noch etwas um rüberzuhüpfen. Die Lösung dazu war eine
Art Laterne von einem Gartenfest zu erhalten und diese dann (nachdem man
eine Wache zum Schlafen brachte) mit einer Kanone auf den Baum feuerte.
Der leuchtete dann hübsch durch den Inhalt der Laterne. Und dann konnte
ich zum Kobold rüber. Äh ok. Eventuell hat sich der Ast dadurch
gebogen, aber fragt mich nicht, ich weiß es nicht. Und ich weiß noch
weniger, wie man auf die Idee kommen soll, dass eine Laterne die Lösung
für das Problem des weit entfernten Astes ist.
Hinweise
zum richtigen Vorgehen sind oft sehr schwammig formuliert, wenn es sie
denn überhaupt gibt – und das obwohl es ein (sehr unübersichtliches)
Journal mit Aufzeichnungen gibt. Es gibt auch noch die Möglichkeit den
Marquis um einen Tipp zu bitten, aber dieser sagt einem immer nur das
große Hauptziel („Du musst die Vorbereitungen für das Fest treffen!“)
und niemals irgendetwas Hilfreiches. Gegenstände kombiniert man meist
wahllos miteinander oder mit der Umgebung, und einige davon schleppt man
ewig bis ganz zum Schluss mit sich herum ohne zu wissen warum.
Alles
ist also oft nur Trial & Error, auch wenn es natürlich nicht immer
gleich schlimm ist. Ich bin aber der Überzeugung, dass einige Lösungen
selbst für erfahrene Genrekenner nicht besonders gut nachvollziehbar
sind (das habe ich auch bei ein paar Bewertungen so gelesen).
Ich weiß, dass ich Teile eines Adventures weniger aktiv „mitbekomme“ wenn
ich einen Guide benutze, weshalb ich immer versuche das so gut wie
möglich zu vermeiden. Ganz bleibt das bei mir nie aus, aber bei The
Night of the Rabbit musste ich schon echt recht oft nachgucken – und ich
merke jetzt schon, dass mir diese Parts deutlich weniger in Erinnerung
bleiben als die, wo ich selbst vorangekommen bin. Trotzdem ist es für
mich jetzt nicht so ein heftiger Kritikpunkt wie für bestimmt manch
anderen. Einige werden das Spiel deshalb vielleicht auch gar nicht
genießen können. Deshalb würde ich es nur bedingt empfehlen. Mir haben
einige Aspekte daran gut gefallen, und da mir Geschichten und vor allem
Atmosphäre immer wichtiger sind als Gameplay, wiegen diese für mich mehr
als die ganzen Schwächen.
Nun noch ein paar Kleinigkeiten zum Schluss: Die Synchronstimmen in Englisch waren sehr gut, auch wenn ich gerade bei den weiblichen Charakteren das Gefühl hatte, dass die alle recht ähnlich klingen. Und die optionalen Sammelsachen haben mich echt schwer motiviert. Die Musik ist auch schön, wobei mir hauptsächlich das Haupt-Theme in Erinnerung bleibt, das aber fast ein wenig zu oft gespielt wird. Und ich denke das wars dann auch.
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