Das erste West-RPG das ich je gespielt habe war
ja Neverwinter Nights 2. Danach folgte noch die Erweiterung Mask of the
Betrayer, und das wars dann auch schon an meinen Erfahrungen mit dem
Genre. Diese waren damals aber ziemlich einzigartig
für mich, und es ist für niemanden meiner Freunde ein Geheimnis, wie
sehr ich diese beiden Kampagnen geliebt habe.
Es war also nur natürliches Interesse, dass
ich auch in den Vorgänger hineinschauen wollte, auch wenn ich bereits
gehört hatte, dass dieser… anders sein soll. Also, vor allem in Bezug
auf die Begleiter und die Party allgemein, was
ja schon so ziemlich die Hauptmotivation im zweiten Teil für mich war.
Aber ich dachte auch, so lange ich in einer weitschichtigen Story viele
Entscheidungen treffen kann und das Kampfsystem Spaß macht würde das
schon hinhauen. Ich wollte einfach unbedingt
sehen wo eines meiner absoluten Lieblingsspiele seine Wurzeln hatte.
Und ich kann schon mal vorwegnehmen, dass ich
größtenteils eine ziemlich gute Zeit hatte, das aber vermutlich schon
auch der Tatsache geschuldet ist, dass ich nicht viele West RPGs kenne
und selbst gespielt habe. Weil eigentlich hat Neverwinter
Nights ziemlich viele Schwächen, auch wenn es für die damalige Zeit
anscheinend relativ bahnbrechend war. Aber das war eher in Bezug auf die
sehr auf einen Spieler fokussierte Welt, die eher für
Multiplayer-Action konzipiert war (weshalb man nur einen NPC
Begleiter wählen kann), und auch für zahlreiche Modifikationen von
Spielern selbst. Dazu muss ich auch sagen, dass ich die ursprüngliche
Version gespielt habe, die damals 2002 erschienen ist und auf GOG
erwerbbar war – als ich das gekauft habe gab es noch
keine Enhanced Edition.
Außerdem Achtung: Es hat irgendwie nicht funktioniert Screenshots zu machen, weshalb ich immer mal wieder meinen Bildschirm schlecht abfotografiert habe - ich bestehe aber darauf diese eigenen Bilder zu benutzen.^^"
Im ersten Teil dient Neverwinter jedenfalls als Heimat und Basis, die man im ersten Akt ausgiebig erkundet.
Grundsätzlich geht es in dem Spiel um eine
Seuche, die die einst prächtige Stadt heimsucht und völlig lahmlegt. Die
Bevölkerung wird nicht nur langsam dahingerafft, der Ausnahmezustand
gibt einigen finsteren Gestalten auch die Möglichkeit
Unruhe zu stiften oder ihre eigenen bösen Ziele zu verfolgen.
Man beginnt das Abenteuer als Rekrut im Dienste
des Herrschers und muss seinen quasi Vorgesetzten helfen, die
sogenannten „Waterdhavian Creatures“ wieder zu finden. Diese sind
besondere Kreaturen, mit deren Hilfe man ein Heilmittel gegen
die Plage herstellen könnte, allerdings wurden alle vier von jemandem
freigelassen, der offenbar von der Seuche profitieren will. Natürlich
weiß man lange nicht, welch finstere Pläne hinter alledem stecken, und
darf erst mal alle Viertel von Neverwinter erkunden,
wo sich in jedem praktischerweise eine der Kreaturen versteckt hält.
Ich mochte diesen klaren Aufbau eigentlich sehr.
Beim Schloss hatte ich meine Basis mit den wichtigsten Einrichtungen und vier
Himmelsrichtungen, in die ich gehen konnte. Alle Stadtteile sind klar
abgegrenzt mit eigenen Quests und Geheimnissen,
und natürlich einer der Kreaturen.
Dieser Aufbau zieht sich durch alle drei
Hauptakte des Spiels (der vierte Akt ist „nur“ ein etwa zwei Stunden
langes Finale). Es gibt als Hauptquest immer in mehreren Gebieten rund um eine Basis etwas zu sammeln – ob es
nun Informationen oder magische Artefakte sind – und wenn
man alles beisammen hat gibt es noch einen kurzen Final-Teil in jedem
Akt. Auf diese Art und Weise ist es ziemlich einfach so gut wie alle
Sidequests auch mitzunehmen. Wenn man alles ausgiebig erkundet kann man
meist alle Aufgaben lösen, weil es so leicht
ist die Übersicht zu bewahren.
Viele Quests sind dabei auch ganz interessant und
beinhalten verschiedene Lösungswege, obwohl meist die Wahl
hauptsächlich zwischen zwei Dingen besteht: Gnade walten lassen/mit
jemandem sprechen/jemanden frei lassen ODER die Person töten.
Dies fühlt sich aber aufgrund der vielen verschiedenen Gebiete und der
ausgiebigen Dialoge trotzdem fast nie langweilig an. Die Welt und die
Charaktere sind auf jeden Fall interessant und es gibt durchaus den ein
oder anderen dramatischen Moment (vor allem
am Ende des jeweiligen Aktes), sodass ich durchaus wissen wollte wie
alles zu Ende geht. Und den ein oder anderen Verräter ermeucheln wollte.
Ich war zwar emotional nie wirklich investiert, aber habe mich trotzdem
über die 60 Stunden ausreichend unterhalten
gefühlt.
Was es mir dann trotzdem etwas schwer gemacht hat waren vor allem zwei Dinge.
Erstens hatte ich unglaublich viele Abstürze und
ein paar Bugs. Im zweiten, dem mit Abstand längstem, Akt war es am
schlimmsten. Aus einem Gebiet konnte ich gar nicht mehr raus ohne dass
das Spiel abgestürzt ist, und manchmal konnte ich
Speicherstände nicht laden, die daraufhin dann einfach verschwunden
waren. Auch das Starten verlief nicht immer einwandfrei – ich brauchte
oft mehrere Versuche, bis sich die Datei mal dazu bequemt hat sich auch
zu starten oder sich nicht gleich aufzuhängen
(und ich konnte sie auch nicht über den GOG Client starten). Bestimmt
ist das bei der Enhanced Edition besser, und zusätzlich wurden diese
Probleme ab Akt 3 auch tatsächlich immer seltener.
Worunter ich als zweites auch schwer gelitten
habe ist das Looten. Es gibt extrem viele Kisten, Truhen, tote Körper
und Steinhaufen zu durchsuchen, aber die Belohnungen lohnen sich immer
weniger. Zu Beginn hat es mir Spaß gemacht alles
einzusacken, weil es alleine schon wichtig ist, an genug Geld zu
kommen. Aber je weiter ich im Spiel gekommen bin desto unwichtiger
wurden die gefundenen Gegenstände. Geld hatte ich nach einer Weile
genug, und als Ranger & Rogue konnte ich mit den meisten
Zaubern (die man zu Hauf findet) nichts anfangen. Tränke und Munition
für meinen Bogen konnte ich noch gut brauchen, aber davon gab es jetzt
auch nie annähernd eine Knappheit. Das, was für mich am interessantesten
ist – und zwar Ausrüstung zum Anlegen – findet
man relativ selten, und wenn dann oft einfach für eine andere Klasse
oder in schlechterem Zustand als das, das man bereits seit 20 Stunden
trägt.
Gegen Ende hat mich jede Truhe schon so angeödet,
ich musste sie aber trotzdem alle durchforsten wenn ich die
Henchmen-Quests lösen wollte.
Also ja, jetzt kommen wir wieder zu etwas
Positiveren: Die Partymitglieder. Der Hauptgrund warum ich einen Ranger
gespielt habe war der Tierbegleiter, den man nach einer Weile bekommt.
Denn man kann nur einen anderen Charakter in die
Schlachten mitnehmen. Eine größere Party gibt es nicht, und
Interaktionen unter den Begleitern erst recht nicht. Ich hatte durch
meine Klasse dann trotzdem eine Gruppe mit vier Mitgliedern (den
automatischen Tierbegleiter und einen weiteren, den ich durch
einen Zauber bekommen habe), aber natürlich hatten zumindest zwei davon
keine wirkliche Persönlichkeit.
Die Begleiter aus denen man seinen einen
Auserwählten aussuchen konnte waren aber alle ganz cool. Man merkt zwar, dass in dem Spiel der
Fokus nun mal nicht auf den NPCs liegt, aber sie sind wenigstens
nicht ganz seelenlos. Sie alle haben wenigstens eine ganz eigene
Geschichte, die sich durch die Akte zieht aber eben nur fortgesetzt
wird, wenn man auch die dazugehörigen Quests erledigt. Diese bestehen
eigentlich nur daraus, den Begleitern einen bestimmten
Gegenstand zu geben, den man vermutlich schon irgendwo zufällig
aufgesammelt hat (eben deshalb musste ich weiter fleißig looten), aber
die dazugehörigen Geschichten sind eben wirklich ganz cool. Und man will
natürlich immer wieder bei allen weiterkommen, auch
wenn man in den letzten Akt dann offenbar nur einen Charakter mitnehmen
kann und keine Wahl mehr hat. Zum Glück hatte ich mich bereits gegen
Ende von Akt 2 für einen fixen Mitstreiter entschieden und hatte sowieso
immer nur noch den dabei. Auch wenn die „Henchmen“
mit dem eigenen Charakter mitleveln wäre es trotzdem ziemlich kacke
gewesen, am Ende unabsichtlich mit jemand anderem dazustehen, der sich (im Kampf) gar nicht mit meinem Protagonisten ergänzt.
Aber ja, vom Kampf bzw. überhaupt dem Gameplay
habe ich ja noch gar nicht gesprochen. Neverwinter Nights basiert auf
der 3. Edition des Pen & Papers Dungeons und Dragons. Das heißt,
dass auf alle möglichen Aktionen gewürfelt wird, und
man je nach Werten bessere oder schlechtere Chancen auf Erfolg hat. Der
Charakter, den man sich anfangs völlig frei erstellen kann (Rasse,
Klasse, Geschlecht, etc….) hat Grundwerte wie Stärke, Intelligenz oder
Charisma, und je mehr Punkte man in diesen hat,
desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für bessere Würfelergebnisse.
Diese Werte werden hauptsächlich durch die ausgewählte Klasse
determiniert und lassen sich nur äußerst selten steigern.
Jeder Charakter hat auch noch eine große Auswahl
an Fertigkeiten, in die man ebenfalls Punkte investieren kann, was bei
jedem Level-Up möglich ist. Je nach Klasse muss man für diese dann mehr
oder weniger ausgeben – ein Ranger darf zum
Beispiel „Tierverständnis“ für einen Punkt aufleveln, muss aber zwei
Punkte für eine Steigerung bei „Schlösser knacken“ aufwenden (was ich
aus Erfahrung weiß und deshalb später als zweite Klasse dann den Dieb
gewählt habe ;0). Die Fertigkeiten korrespondieren
auch mit den Hauptattributen, mit mehr Charisma kann man zum Beispiel
noch besser Leute „Überzeugen“, obwohl sich das eben auch einzeln
steigern lässt.
Darüber hinaus gibt es aber auch noch speziellere
Fähigkeiten, die beispielsweise für das Tragen bestimmter Waffen
notwendig sind (wenn man mal etwas Exotischeres als Schwerter probieren will), oder die Geschwindigkeit mit der Armbrust erhöht,
wo diese sonst eigentlich deutlich langsamer ist als der Kampf mit
einem Bogen.
Also ja, es gibt viel zu tun und viel zu tüfteln.
Man muss aber nicht. Bei jedem Level-Up kann man auch einfach auf
„Empfohlen“ klicken und das nehmen, was das System für die ausgewählte
Klasse vorschlägt. Das funktioniert meines Erachtens nach auch ganz gut.
Kämpfe laufen versteckt rundenbasiert ab. Also
wenn man einen Gegner angreift wird gewürfelt ob man trifft und wieviel
Schaden man macht, und jede Aktion dauert halt so ein Weilchen.
Zwischendurch kann man natürlich zaubern, heilen und
Tränke trinken, aber auch das läuft nach einem bestimmten Zeitmuster
ab. Wenn einem die Action trotzdem mal zu hektisch wird, kann man auch
immer noch das Spiel kurz pausieren, um sich zu orientieren oder
Aktionen auszuwählen, da diese auch der Reihe nach
gespeichert und ausgeführt werden.
Naja, prinzipiell kann sich jeder, der Erfahrung
mit West-RPGs Erfahrung hat ganz gut vorstellen wovon ich rede. Taktisch
ist hier auf jeden Fall so einiges möglich, auch wenn ich mich
eigentlich hauptsächlich auf meine Begleiter verlassen
und einfach aus der Ferne mit Pfeilen geschossen habe. Hier habe ich
definitiv auch gemerkt, wie ich mit steigendem Level wirklich exorbitant
besser geworden bin. Während ich anfangs kaum getroffen habe und oft
dödelig in der Gegend rumstand, konnte ich später
sogar Gegnern im Nahkampf gegenüber treten und ihren Schlägen oft
ausweichen, während ich immer noch mit Pfeil und Bogen ausgerüstet war.
Es hätte viel mehr Möglichkeiten für mich gegeben, aber ich muss
zugeben, dass ich am Anfang nicht wirklich verstanden
habe was ich alles machen kann. Und später war es nicht mehr wirklich
nötig.^^
Obwohl das Spiel sicher nicht einfach ist. Einige
Gegner sind richtig hart, und manche Aufgaben richtige Knobeleien.
Spätestens als ich mich am Ende von Akt 2 aber für Grimgnaw als fixen
Mitstreiter entschieden hatte waren meine Aussichten
immer relativ gut, weil ich dann halt auch viel Zeit hatte mich an mein
Team aus ihm, meiner Puma-Dame Darlene und dem namenlosen beschwörbaren
Dire Wolf zu gewöhnen und damit effektiv zu werden. Wobei das immer
noch relativ ist, da die KI der Mitstreiter
nicht selten ziemlich bescheuert ist. Meine Leute sind meist irgendwo
hängen geblieben oder in Fallen gerannt, aber ich habe auch gelesen,
dass vor allem Magier-Begleiter sich ein wenig dämlich verhalten.
Und da wir schon mal bei „mir“ sind: Ich habe
eine Halbelfin namens Florabelle Zyno gespielt (fragt mich nicht woher
ich den Namen hatte, ich habe das Spiel im Jahr 2017 angefangen und weiß
nicht mehr was mich da geritten hat). Am Ende
war ich ein Ranger Lvl. 13 und ein Dieb Lvl. 3. Als Alignment habe ich
zu Beginn Neutral-Good gewählt und bin das auch geblieben, wobei ich
schon etwas mehr in Richtung „gut“ gedriftet bin. Meine bevorzugte Waffe
war der Langbogen, auch wenn ich zwischenzeitlich
öfter ein bisschen mit einer Armbrust rumgelaufen bin. Das wars aber dann auch schon wieder von meinem Charakter, da es viele kleine, aber nur
wenige wirklich große Entscheidungen gibt die ich jetzt herausheben könnte. Zumindest hatte ich das
Gefühl. Aber hey, ich habe die Verräterin Aribeth
getötet ohne überhaupt zu probieren sie wieder auf unsere Seite zu
ziehen - das ist das, was mir so im Nachhinein am wichtigsten erscheint. Oder mir zumindest am ehesten im Gedächtnis geblieben ist.
Und ich glaube viel mehr gibt es nicht mehr zu
sagen. Neverwinter Nights ist okay, vor allem wenn man an West-RPGs noch
nicht übersättigt ist, aber fühlt sich nach einer Weile schon oft auch
repetitiv an. Zumindest wenn man alleine spielt.
Schöne oder spannende Interaktionen zwischen Charakteren sucht man
vergebens, aber trotzdem mochte ich die großen und kleinen Geschichten,
die mir in Neverwinter und darum herum präsentiert wurden. Da es aber so
viele Alternativen in dem Genre gibt würde ich
das Spiel nicht weiter empfehlen. Ich hatte aber über weite Strecken
trotzdem eine ganz nette Zeit damit.
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