Ich muss ganz ehrlich sein: Ich hatte selten so
Schwierigkeiten ein Spiel zu beenden. Ich habe ja einiges
gespielt bei dem ich frustriert war oder was ich als schlecht empfunden
habe, aber Kentucky Route Zero hat mich wirklich vor eine harte Probe
gestellt. Mir fällt fast nichts ein wo ich mich so durchquälen musste,
dabei war nicht alles total furchtbar oder so. Aber die guten und
Interessanten Ideen gehen unter in einem Schwall aus belanglosem Text
mit viel zu vielen beteiligten Personen, die man sich nicht alle merken kann, und in einer unglaublich langsamen Spielweise.
Kentucky Route Zero ist eine Geschichte in fünf Akten, von denen drei Akte sehr lange das einzige waren, was erschienen war und der Schliss kam erst kürzlich dazu. Ich habe das Spiel noch unfertig gekauft und dann eben abgewartet mit dem Spielen bis alle Inhalte vorhanden waren. Einerseits dachte ich mir, „hätte ich das nicht getan, hätte ich nun die Qual nicht gehabt“. ;0 Andererseits glaube ich, dass ich aufgrund der interessanten Beschreibung und des recht einzigartigen Looks vielleicht doch auch heute noch zugeschlagen hätte. Denn es geht um persönliche Geschichten, um eine Reise von Individuen an mysteriöse, teils übernatürliche und geheimnisvolle Orte - es gibt optionale Gebiete mit eigenen Andekdoten zu entdecken, Entscheidungen zu treffen und nach und nach Verbindungen herzustellen. Klingt nach etwas, das mir richtig gefallen könnte, und am Anfang war ich auch echt angetan.
Die
Geschichte beginnt damit, dass ein Mann namens Conway eine Lieferung zu
einer Adresse namens „Dogwood Drive“ zustellen muss, diese Adresse aber unauffindbar zu sein scheint. Zu Beginn sammelt
man Hinweise, redet wahlweise mit seinem alten Hund (<3) und erlebt
schon ein paar mysteriöse Dinge. Zum Beispiel fragen spielende Arbeiter
nach einem 20-er Würfel, den man nur findet wenn man die Taschenlampe in
einem Keller ausschalten. Sobald man aber wieder Licht hat, ist die
Gruppe verschwunden.
Es wird jedenfalls
schnell klar, dass Conway offenbar auf die „Zero“ (also die Kentucky
Route Zero) gelangen muss, um weiterzukommen, eine Straße auf die man
nicht einfach so auffahren kann, sondern die unterschiedliche „Eingänge“
beispielsweise durch eine Scheune in einem Fernseher hat. Die
Fortbewegung dort funktioniert auch nicht so wie gewohnt und überhaupt
alles dort ist sehr seltsam. Ich meine, es gibt eine Firma die eine
eigene Abteilung für Bären hat. Im ganzen Spiel wechselt man jedenfalls
oft zwischen der „normalen“ Welt (die trotzdem noch viele Seltsamkeiten
zu bieten hat) und der Zero, und sammelt immer mehr Leute ein, die ihre
ganz eigenen Gründe haben mitzukommen.
…Oder
auch nicht, denn das ist bereits eine Sache, die ich kritisieren muss.
Ich habe keine Ahnung warum die alle mit Conway mitkommen. Ich verstehe
den ersten Charakter, Shannon, weil die nicht nur relevante Dinge mit
dem Protagonisten erlebt, sondern auch irgendwie ein wenig bei der
Selbstfindung, und alternativ noch bei der Findung ihrer verschollenen
Cousine, ist. Aber dann…?
Ein Junge namens
Ezra, der an einer Stelle die ganze Bagage mit seinem riesigen Vogel in
die Wälder transportiert, hat eigentlich eine Beschäftigung, die sogar
hergenommen wird um irgendwie zu erklären, warum der Vogel uns nicht die
ganze Zeit rumfliegen kann – sogar als der Lieferwagen mal
zwischendurch kaputt wird! Aber effektiv sind die beiden – Vogel und Junge –
konstant bei der Gruppe und tun einen feuchten Dreck. Es ist einfach bei
fast allen Charakteren unlogisch, dass sie nicht nur für einen Teil der
Reise dabei sind, sondern dann wirklich permanent dabei bleiben ohne
ersichtlichen Grund.
Das
ist aber eben nur eines der Probleme des Spiels. Ich bleibe gleich bei
den Charakteren. Es sind viel zu viele, sie haben Allerwelts-Namen (also
schlechter zum Merken und Auseinanderhalten) und kommen teilweise in
völlig losgelösten Zwischengeschichten zuerst vor. Bei Akt 1 und 2
konnte ich mir noch das meiste merken, aber dann ging das alles bei mir
irgendwie den Bach runter, und es hörte auch auf mich zu interessieren.
Ich
mag wenn man Charaktere kennenlernt und kleine Geschichten tragen oft
dazu bei eine richtige Bindung aufzubauen. Aber jedes Mal wenn ich mich
gerade auf jemanden eingelassen habe wieder völlig rausgerissen zu
werden, weil sich entweder das Setting komplett ändert (zwischen den
Akten) oder halt wieder irgendeine neue Person etwas zu erzählen hat,
macht keinen Spaß. Ich habe irgendwann tatsächlich einfach die meisten
Texte nur noch überflogen oder oft den vermutlich kürzeren Weg gewählt
(in Akt 4 hat man hier oft eine Wahl). Optionale Orte habe ich
irgendwann sowieso nicht mehr besucht und meist nur noch das Nötigste
zum Weiterkommen erledigt.
Was übrigens nicht
viel ist, denn Rätsel gibt es keine. Am meisten macht man noch beim
Fahren, weil man vor allem auf der Zero bestimmten Beschreibungen folgen
muss um ans nächste Ziel zu gelangen. Ansonsten wird es vor allem in
kleinem Ausmaß kreativ, wenn man beispielsweise aus Sicht einer Katze
spielt oder der Einsatz der Taschenlampe gefordert ist. Für so ein
gameplayloses Spiel ist es halt essenziell, die Welt und ihre Bewohner
richtig interessant zu gestalten. Aber zu viel davon, vor allem wenn es
auch noch verworren und oft zu „künstlerisch“ ist, sodass man nicht so
gut folgen kann, ist für so ein Genre halt echt suboptimal. Und das
Schlimmste daran ist, dass alles einfach auch noch so furchtbar langsam
abläuft.
Zu Beginn
mochte ich das gemächliche Tempo noch, weil so – verbunden mit der
kargen Sound-Kulisse und dem eigenen Stil – schon Atmosphäre aufkommt.
Aber als mich irgendwann nichts mehr interessiert hat wurde die
Gemächlichkeit der größte Feind. Manchmal kann man nicht steuern wie
schnell man sich fortbewegt, manchmal wird eine stille „Szene“
abgespielt in der ewig nichts passiert, manchmal kann man nicht mal die Texte selbst weiterklicken. Alles ist so unfassbar langsam.
An manchen Tagen wollte ich einfach nur noch eine Szene abschließen – da
war vielleicht ein Gespräch oder nur noch die Rückreise zu einem
Ausgangspunkt oder sowas - und jedes Mal hat mich das dann aber eine gefühlte Ewigkeit gekostet.
Also dafür, dass sich
für alles viel Zeit genommen wird, ist alles gleichzeitig viel zu irrelevant, oder
schon zu gewollt kryptisch, oder zu verwirrend, um sich darauf einlassen
zu können. Ich habe das zumindest so empfunden. Kurz gesagt: Ich hätte
das Spiel vermutlich schon irgendwie gemocht, wenn ich nicht irgendwann
in der Mitte durch viele Umstände den Faden und somit dann komplett das
Interesse verloren hätte, sodass Wartezeiten mich nur genervt haben.Vielleicht wäre es hier sogar tatsächlich besser gewesen nicht alles auf einmal zu spielen, sondern die einzelnen Episoden nach Erscheinen anzugehen. Ich glaube in geringeren Dosen funktioniert das ganze Spiel etwas besser.
Leider ist Kentucky Route Zero damit aber das Spiel, das mir in diesem Jahr bisher am schlechtesten gefallen hat.
Trotzdem
möchte ich für Leute, die eine gute Zeit mit Kentucky Route Zero hatten und für mein eigenes geistiges Wohlergehen noch ein paar positive
Dinge auflisten:
Die Abteilung mit den Bären war wirklich ziemlich witzig.
Die
Interaktion mit Conways Hund hat mir auch immer Freude bereitet (man
kann eigentlich „nur“ mit ihm sprechen, aber das war trotzdem ganz nett)
Das
Lied von Junebug war zwar definitiv zu lang, aber so ein Ohrwurm, dass
ich heute noch weiß wie es geht. Auch die Präsentation war schön.
Allgemein
waren die gesungenen Lieder immer sehr atmosphärisch und gut
eingesetzt. Vor allem die letzten Abschnitte ohne Conway waren dadurch
teilweise fast schon ergreifend (wenn ich nicht schon so gelangweilt
gewesen wäre)
Conways langsame Transformation
und dann schließlich sein Verschwinden waren eigentlich richtig gut. Das
hätte mich sicher extrem aufgewühlt wenn ich investierter gewesen wäre.
Und damit ist wohl auch alles gesagt. Ich würde Kentucky Route Zero nicht empfehlen, aber es gibt bestimmt Leute, die sich da reinschmökern und treiben lassen können. Ich bin das aber (überraschenderweise) nicht.
Und damit ist wohl auch alles gesagt. Ich würde Kentucky Route Zero nicht empfehlen, aber es gibt bestimmt Leute, die sich da reinschmökern und treiben lassen können. Ich bin das aber (überraschenderweise) nicht.
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