Sonntag, 10. Februar 2019

Devil Came Through Here: Downfall


Wie schon angekündigt wird es in diesem Jahr keine Kurzreviews geben, weshalb die Fortsetzung von „The Cat Lady“ einen eigenen Eintrag bekommt. Eigentlich hätte TCL schon etwas eigenes verdient gehabt, weil es mir damals so gut gefallen hat. Da Downfall eine Fortsetzung mit haufenweise Verbindungen ist, wäre es vermutlich etwas einfacher diesen Beitrag zu schreiben wenn ich von der Katzenlady mehr erzählt hätte, aber glücklicherweise kann die Geschichte hier auch als etwas Eigenständiges recht gut bestehen. Denn auch wenn die grundlegenden Punkte bei beiden Spielen sehr, sehr ähnlich sind – surreale Horror-Elemente, eigener Stil, etwas umständliche Steuerung, Entscheidungen, usw. – fühlt sich Downfall einfach trotz aller Vertrautheit irgendwie anders an. Das mag hauptsächlich daran liegen, dass der Protagonist nicht nur ein Psychopath ist, sondern man das von Anfang an auch eigentlich weiß. Zumindest wenn man The Cat Lady gespielt hat. Oder gar das ursprüngliche Spiel aus 2009, das man gratis erhalten kann. Diese Version von damals hatte noch nichts mit The Cat Lady zu tun, und einige Story-Parts wurden abgeändert – hauptsächlich anscheinend so, dass man zumindest etwas mehr mit dem Protagonisten mitfühlen kann. Manches wurde wohl auch verharmlost, zum Beispiel gab es damals auch Möglichkeiten zu sterben. Auch wenn ich da jetzt nur bedingt traurig drüber bin, ich fand Downfall 2016 jetzt schon nicht soo harmlos. Manchmal hatte ich echt die Hosen voll. :D Aber ich fange erst mal von ganz vorne an.

Denken wir einmal daran zurück, was wir aus The Cat Lady über unseren geschätzten neuen Hauptcharakter, Joe Davis, wissen (auch wenn ich nicht sicher bin, ob die Anspielungen dort nicht eher mit Gedanken an Downfall 2009 gemacht wurden, weil das fast noch etwas besser passt). Er lebt mit seiner Frau in der Helen Road im Appartement gegenüber von Susan, hat teilweise seltsame Mannequins als Einrichtung und eine Tür in seiner Wohnung führt, einfach ausgedrückt, in eine Art Hotel. Joe scheint ein klein wenig verrückt zu sein und irgendwas mit seiner Frau angestellt zu haben, die in einem Zimmer voll mit Spiegeln hockt und vielleicht gar nicht mehr sie selbst ist. Susan soll dieses „Monster“ erdrosseln und fängt gerade damit an, als sie ganz plötzlich wieder in die Wirklichkeit, also das ganz normale Appartement, transportiert wird. Gegen Ende des Spiels sieht man noch eine fettleibige Ivy, der Joe versichert, dass alles in Ordnung kommt. Das alles war sehr mysteriös, aber schon da hatte man den Eindruck, dass Joe ganz bestimmt keine gute Rolle spielen wird.
Der Prolog von Downfall bestärkt dieses Gefühl, da hier gleich erzählt wird, was für ein traumatisches Erlebnis die Kindheit des Protagonisten prägte: Sein Bruder starb bei einem… äh… Missgeschick? Also ernsthaft, so bescheuert muss man mal sein. Robbie wird zerfetzt, nachdem er Handgranaten findet und eine davon unabsichtlich fallen lässt. Ich hatte relativ wenig Mitleid mit allen Beteiligten (ich weiß auch nicht genau warum Ivy da dabei sein musste, obwohl sie sich später ohnehin nicht wirklich erinnert), hauptsächlich weil die Kinder alle nervig waren und ich auch ehrlich eigentlich gar keine Bindung zu Joe aufbauen wollte.
Naja, nach diesem trotz aller Kritik interessanten Auftakt ging das eigentliche Spiel los. Allerdings nicht in vertrauter Umgebung, sondern in einem Hotel namens „Quiet Haven“ in das Joe mit Ivy gefahren ist, um diverse Probleme in ihrer Ehe wieder zu kitten.

Als erstes fiel mir auf, dass Joe dieselbe Synchronstimme hat wie bei seinem kurzen Auftritt in The Cat Lady. Der Sprecher mag für so eine große Rolle nur bedingt geeignet gewesen sein, weil es schon ein paar Stellen gab, wo die Stimme nicht so ganz die Situation getroffen hat. Aber die Kontinuität war mir hierbei irgendwie wichtiger, und wenn es nicht allzu dramatisch sein musste ging die Stimme schon in Ordnung. Allgemein waren die Synchronstimmen aber wieder größtenteils gut, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass das verwendete Mikrofon mit lauten Tönen nicht so ganz mithalten konnte.^^ Dafür war die Musikuntermalung wieder ausgesprochen spitze und auch von guter Qualität.
Die Grafik orientiert sich stilistisch (zum Glück) an The Cat Lady, weist aber vermutlich ein wenig mehr Details auf. Große Unterschiede konnte ich hier aber nicht wirklich erkennen, aber vielleicht liegt das auch daran, dass der Vorgänger bei mir schon so lange her ist. Außerdem stört die Grafik ja auch nicht, auch wenn man sich eventuell am Anfang immer erst daran gewöhnen muss.
Die Steuerung ist auch in Downfall nicht unbedingt das, was man als intuitiv bezeichnen würde, aber auch daran gewöhnt man sich eigentlich relativ schnell. Blöd fand ich nur in diversen Situationen, dass man nichts abbrechen konnte. Keine Gespräche, die man unabsichtlich nochmal getriggert hat, keine kurzen Sequenzen wie das Treppensteigen in diverse Stockwerke, keine Wege zum nächsten Übergangspunkt.
Zum Glück muss man nur selten etwas unnötig Wiederholen (wodurch die gerade angesprochenen Dinge echt unerträglich wären), weil immer relativ klar ist, was man als nächstes machen muss. Die Rätsel sind allesamt recht offensichtlich und übersichtlich, aber mir gefiel das ja schon beim Vorgänger. Weil ich doch so von der Atmosphäre und Geschichte gefangen bin, dass ich wohl sowieso nicht unnötig lange aufgehalten werden will. Ist vielleicht nur mein Empfinden, aber mir passte das wirklich genau so.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Downfall gerade technisch und in Bezug auf das Gameplay seinem Vorgänger extrem ähnlich ist. Die größeren Unterschiede lassen sich in der Geschichte und der Darstellung der Ereignisse finden. Also, nicht in der grafischen Darstellung, die nach wie vor leicht grotesk und blutig ist, sondern in dem Sinn, dass eine logische Realität kaum mehr erkennbar ist. Schon gleich nach der Ankunft im Hotel und einem Streit zwischen Ivy und Joe wird alles ohne Vorwarnung gruselig und surreal. Da sitzen dann stumme Menschen mit Tiermasken im Speisesaal, Schatten scheinen sich überall zu bewegen und die junge Rezeptionistin eröffnet, dass Ivy sich an einem Ort verstecke, wo sie niemand finden würde – und gerade Joe sie auch nicht finden sollte. Das lässt er aber trotz all dem Grusel nicht auf sich sitzen, und er ist nicht nur fest entschlossen seine Frau zurückzubekommen, sondern auch der Überzeugung, dass sie nicht vor ihm flieht sondern unfreiwillig verschwunden ist. Wenig später erfährt man das grobe Ziel dieses ganzen Abenteuers: Es gilt, vier Erinnerungen namens Sophie zu töten, um durch einen Spiegel zu Ivy vorzudringen. Aber es gibt unzählige Überraschungen auf dem Weg dorthin. Allen voran NPCs, die keine hässlichen Monster sind und menschlich wirken, wodurch man wenigstens nicht ganz alleine durch die Gegend streift – das wäre wohl trotz aller Gruseleffekte auch langweiliger. Vor allem Agnes ist als einzig gutmütiger Hoffnungsschimmer unter lauter Verrückten ein interessanter Aspekt, weil man lange nicht recht weiß wer oder was sie ist und berechtigterweise (?) auch den ein oder anderen Verdacht hegen kann.

Downfall folgt irgendwo zwar schon einem roten Faden (vor allem weil die Rätsel einen recht strikten Ablauf vorbestimmen), aber hauptsächlich lässt man sich von einem Ort zum anderen treiben, guckt ein bisschen was so passiert, und macht sich seine Gedanken dazu. Klingt gemütlich, ist es aber nicht. xD Es ist aufregend und spannend, zumindest habe ich das so empfunden. Und ich habe mich ehrlich manchmal gegruselt und konnte kaum hinsehen – vorrangig wenn man nur eine kleine Lichtquelle hatte und der restliche Raum im Dunkeln lag. Nichts ist sicher in diesem Hotel, ständig kann sich etwas verändern, und dann ist man plötzlich im Keller in der Helen Road oder in einem öffentlichen Klo oder gar in einem Sarg. Da wir so gut wie alles durch Joes Augen sehen, finden wir uns überall dort wo uns seine Psyche hinlässt. Oder passieren all die Ereignisse etwa wirklich irgendwie? Gibt es das Hotel überhaupt? Warum ist alles so gruselig und ekelhaft? Was für eine Rolle spielt die Queen of Maggots in alledem?
Man kann wirklich viel über all das nachdenken, und auch wenn das meiste aufgeklärt wird, so wird nie direkt wirklich viel gesagt. Ich mochte es zum Beispiel total, dass die Sophies eigentlich alle gewisse psychische Stadien von Ivys Sicht auf sich selbst repräsentieren – vom Kind bis zur fetten Groteske (ich hab nachgesehen, das ist ein Wort) – und man das, auch wenn es ab einer gewissen Zeit sehr offensichtlich ist, nur für sich selbst herausfindet, weil Joe nichts darüber sagt.
Das beste an der ganzen Geschichte ist meiner Ansicht nach aber die Tatsache, dass man gewisse Freiheiten darin hat, wie sich Joe verhält – hauptsächlich natürlich in den Dialogen. Bei mir war er stets lieb zu Ivy und Agnes, hilfsbereit zu Doktor Z und richtig fies zur Rezeptionistin. Das führte natürlich irgendwie dazu, dass ich ihn schleichend doch irgendwie zu mögen anfing, dabei wollte ich das ja von Anfang an nicht. Denn wie man es auch dreht und wendet – das konnte man nun wirklich nicht mehr leugnen – Joe Davis ist kein guter Kerl. Oder zumindest zu verloren in seinem Horror, um noch einen wirklichen Unterschied zwischen Gut und Schlecht zu erkennen. Ich meine Leute, er hat in der realen Welt die magersüchtige Ivy an einen Stuhl gekettet gezwungen was zu essen, und auch wenn das in Downfall 2009 anscheinend viel extremer und deutlicher war, kann mir niemand erzählen, dass das hier kein Fakt ist. Mal davon abgesehen, dass er zum extrem gruseligen Axtmann wird (was aber nun wirklich nicht schwer vorauszusehen war). Als Susan dann gegen Ende des Spiels auftauchte, kam sie mir aber trotzdem wie eine Fremde vor und ich wollte sie Joe eigentlich nicht erschlagen lassen.^^“

Das ist dann auch der Moment, wo es am ehesten Einblicke in die Realität gibt, weil Susan, nachdem sie einen Schrei hört, tatsächlich in die echte Wohnung von Ivy und Joe geht. Übrigens unbeeindruckt, weil sie immerhin schon früher mal Einblicke in sein Seelenleben erhaschen konnte. Wie das Ganze allerdings genau abläuft entscheidet sich durch den bisherigen Verlauf des Spiels. Es gibt, wie schon bei The Cat Lady, drei Enden: ein Gutes, ein Schlechtes und ein Neutrales. Susans Verhalten oder Werdegang wird dadurch auch entsprechend herangezogen – erspielt man in Downfall das schlechte Ende, wird als Ausgangspunkt für den Verlauf von The Cat Lady auch das schlechte Ende genommen und so weiter.
Mir erscheint es als recht schwierig, ohne Guides etwas anderes als das neutrale Ende zu schaffen, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Wichtig ist eigentlich nur, dass es für den dritten Teil, falls dieser noch in irgendeiner Weise Einblicke auf diese Zeit liefert, zumindest ein paar Fixpunkte gibt. Ivy ist gestorben und Joe versucht sie wiederzubeleben, das Haus in der Helen Road brennt in weiterer Folge nieder, Susan überlebt aber wohl trotzdem, Joe hat fünf Leute umgebracht. Also, vor dem Brand. Was natürlich bedeuten muss, dass alles im Hotel eigentlich tatsächlich in den Appartements geschehen ist. Aber was dann genau passierte, wie Ivy nun starb und wie lange sie tot war (und ob sie es bleibt), bleibt offen für Interpretation. 


Ich bin jetzt nicht sicher, ob es mir hilft Downfall 2009 noch nachzuholen (würde ich lieber schauen als spielen :D), weil es ja trotzdem im Universum der Cat Lady nicht „canon“ ist und eben schon einige Unterschiede aufweist. Aber Interesse habe ich schon sehr. Genauso wie am Nachfolger bzw. letzten Teil der "Devil Came Through Here"-Trilogie, von der ich bis vor kurzem nicht mal wusste, dass es eine sein soll. :D Das Spiel mit dem Titel Lorelai soll noch dieses Jahr erscheinen und offenbar die Geschichte der Queen of Maggots erzählen. Kann ich mir dann natürlich nicht entgehen lassen. The Cat Lady war damals in meiner Game of the Year Liste, und Downfall ist dieses Jahr bisher das beste Spiel, das ich gespielt habe. Und wie man an dem Text schon sieht, kann mich das auch richtig beschäftigen. Bei all dem Geschwafel habe ich sicher einiges vergessen – zum Beispiel wie cool es war, Harrison in die Falle zu locken und dass ich mir den Soundtrack extra noch auf Steam geholt habe, aber irgendwann ist es auch gut. Wissen muss man eigentlich auch nur, dass Downfall bei aller Unbequemlichkeit vor allem spannend ist, zum Nachdenken anregen kann und ein gutes Gruselabenteuer ist. Kann man spielen!

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