Saga Frontier #1: Lute's Quest

Saga Frontier ist ein sehr unkonventionelles JRPG, das inzwischen kaum mehr Beachtung findet und im Gegensatz zum Nachfolger auch nie in Europa erschienen ist. Für mich persönlich war es sehr hilfreich, Saga Frontier 2 schon zu kennen, um immerhin ein paar grundlegende Sachen zu verstehen, aber trotzdem weist der erste Teil viele individuelle Finessen auf, in die man sich erst einmal reinkämpfen muss. Und das nicht nur aufs Gameplay, sondern auch auf die Story bezogen.
Grundsätzlich kann man zu Beginn des Spiels einen von 7 Charakteren auswählen, mit dem man ein Abenteuer bestreiten möchte. Jeder hat hier seine eigene Geschichte, und auch wenn sich manche Wege natürlich kreuzen, läuft es nicht wirklich auf eine Zusammenführung am Ende hinaus - es gibt hier also eigentlich sieben RPGs in einem. Die einzelnen Hauptcharaktere haben alle eine Main Quest, können aber selbstverständlich auch einige Nebenaufgaben erledigen - alles davon muss man sich aber eigentlich selbst zusammensuchen. Saga Frontier hat nämlich eine völlig offene Welt, die von Anfang an gänzlich erkundbar ist und gibt auch keine Hinweise, wo man als nächstes hin sollte. Auf diversen Seiten habe ich gelesen, dass man auf jeden Fall ohne Walkthrough spielen sollte, weil ein großer Teil des Spielspaßes damit zusammenhängt, auf eigene Faust einen nicht vorgegebenen Weg zu finden und alles selbst zu erforschen. Wenn man sich von dem deshalb etwas schwierigen Einstieg nicht abhalten lässt, erwartet einen ein recht einzigartiges Erlebnis - zumindest so weit ich das nach der ersten abgeschlossenen Geschichte sagen kann. Da die Dungeons nicht extrem zahlreich sind, kann eine Hauptquest auch an einem Ort stattfinden, den man davor schon drei Mal mit jemand anderem erkundet hat und die Nebenquests sind sowieso immer dieselben - so kann das Spiel wohl auch sehr langweilig werden. Deshalb werde ich nach jedem Durchgang eine längere Pause einlegen, um mich nicht zu übersättigen.

Wie auch immer, ich habe völlig spontant entschieden, mit welchem Charakter ich beginne und hatte gleich mal mein typisches "Glück" bei sowas. Ich wählte Lute, der (wie ich jetzt weiß) die kürzeste Mainquest von allen hat und total von optionalen Tätigkeiten abhängig ist. Es gibt keine Chance, den Bosskampf zu schaffen, wenn man nur der Haupthandlung folgt - auch wenn es schon schwierig genug ist, diese zu finden. Immerhin startet man nur mit der Information, dass Lute seiner alleinerziehenden Mutter seit Jahren nur Scherereien gebracht hat und deshalb von zu Hause auszieht, um auf eigenen Beinen zu stehen. Per Flugschiff wird er vom mysteriösen Captain Mondo nach Manhatten gebracht und dann wird der Spieler auch schon ohne weitere Hinweise mit einem Messer und 100 Gold in die Freiheit entlassen. Joa. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. xD Aber die wunderschönen Umgebungen und die detailverliebte Grafik machten schon Lust auf mehr.
Ich wählte also irgendein Reiseziel aus und landete auf einem Planeten (ja, die Welt besteht mehr aus Planeten als aus konventionellen Ländern) namens Scrap. Im Pub dort wollten gleich mal drei Leute in meine Party, was mich sehr gefreut hat. Offensichtlich hatte ich einen guten Ort ausgewählt! Und ich brauchte sowieso ein paar Charaktere, weil es zu Beginn unmöglich ist, alleine gegen irgendwelche Monster zu kämpfen.
Das System funktioniert bei Saga Frontier genau so wie im zweiten Teil: Es gibt keine Level und alle Werte steigern sich einzeln durch den Einsatz von Fähigkeiten oder Waffen, bzw. durch die Kampfteilnahme allgemein. Zumindest bei Menschen, aber dazu komme ich noch.^^
Jedenfalls startet ein Hauptcharakter wohl mit unterirdischen Werten, wodurch man ohne Party gar nicht versuchen sollte, gegen irgendetwas zu kämpfen. Und selbst dann gestalten sich die ersten paar Gefechte als recht schwierig. Dabei ist das Niveau der frühen Gegner immer ungefähr dasselbe, denn in dem Spiel sind die Monster überall auf einer ähnlichen Stufe wie die Party. Ein versteckter "Battle Rank" ordnet ein, wie viele Gefechte es bereits gab - ab einer gewissen Anzahl steigt dieser Rang und dann gibt es stärkere Gegner für die Zwischenkämpfe.
Aber egal, ich hatte am Anfang schon herausgefunden, dass es in Yorkland (der Heimat von Lute) ein Gebiet gab, wo auch Monster hausen und wollte mich dahin zurückbegeben. Und was ist passiert? Während jede einzelne Reise gratis ist, kommt man von Scrap als einzigen Planeten nicht mehr runter, ohne etwas zu zahlen. Und wie viel hat es wohl gekostet? Ja, genau 100 Gold, also die Summe, die ich gerade so hatte. Also, bei meinem ersten Ausflug auf eigene Faust verlor ich erst mal gleich mein ganzes Geld. xD



Wie gesagt, die ersten Kämpfe waren dann auch echt schwierig, weil meine Party sehr schwach war und ich auch keine Ahnung von den Mechaniken hatte, die nicht die Menschen betreffen. Es gibt in Saga Frontier nämlich unterschiedliche Rassen, die sich auch im Kampf extrem voneinander unterscheiden. Monster können zum Beispiel andere Monster absorbieren, um eine Fähigkeit von denen zu übernehmen (bis sie den nächsten Gegner aufnehmen) und damit ihre HP steigern. Gerade im Mittelteil ist das extrem hilfreich, weil das Absorbieren von robusten Gegnern die eigenen Kämpfer überdurchschnittlich stark erscheinen lässt. Später gleich sich das allerdings wieder aus und am Ende hatte ich auch nur noch ein Monster in meiner primären Party. Die Roboter gefielen mir lange Zeit gar nicht. Die definieren sich hauptsächlich durch ihre Rüstung (bzw. Teile) und ich habe bis heute nicht genau kapiert, wie man sie am effektivsten einsetzt. xD Man kann ihnen auf jeden Fall wirklich alles equippen und muss dann halt ausprobieren, welche Kombinationen gut sind. Nach langen Experimenten war ich am Ende mit meinem Roboter-Partymitglied echt zufrieden - der einzige Nachteil war nur mehr, dass übliche Heilgegenstände und -zauber nicht wirklich viel bringen. Ach ja, Roboter können außerdem auch Daten von gegnerischen Mechs downloaden und so neue Abilities lernen. Mit der letzten Rasse, den Mystikern, hatte ich leider noch nichts zu tun, weil ich keinen davon rekrutieren konnte.
Aber so unterschiedlich sie alle auch sind, der Kampf selbst funktioniert immer gleich. Man gibt nach der Reihe für jeden Charakter einen Befehl ein und dann läuft die gesamte Runde, inklusive Gegnerzug, ab. Reagieren kann man erst wieder nachdem alle dran waren. Es muss also im Vorfeld entschieden werden, was man in seinem eigenen Zug alles erledigen will - es gibt während dem Ablauf der Kampfereignisse nicht einmal die Möglichkeit, verbleibende HP zu checken oder ähnliches. Wenn man allerdings Glück hat, verbinden sich bestimmte Fähigkeiten zu Kombos. Für mich hat sich das total zufällig angefühlt - natürlich sind einige Abilities kompatibler als andere, aber die Chance auf eine Kombination hängt von vielen Faktoren ab (zum Beispiel was der Gegner wann macht). Eine 5er-Kombo, also mit allen Kämpfern, hatte ich nur zwei oder drei Mal.^^
Übrigens kann man bis zu 14 zusätzliche Charaktere pro Geschichte aufnehmen und drei Partys aus jeweils 5 Mitstreitern formen. Im Kampf kann immer nur eine Gruppe zum Einsatz kommen, aber wenn man die immer schön abwechselt, kann man lange ohne Heilung und Übernachtung im Inn auskommen - die Ersatztruppen regenerieren nämlich immer wenn sie nicht im Einsatz sind.
Etwas unpraktisch daran ist, dass man wohl notgedrungen vor allem die Charaktere nehmen wird, die man relativ am Anfang bekommt. Das Trainieren ist nämlich vor allem für die Menschen eine langwierige Sache und wenn man nicht ewig für die einzelnen Geschichten brauchen will, wird man höchstens zwei volle Partys benutzen - effektiv wahrscheinlich am ehesten 7-8 Leute.

Also, ich kämpfte in Yorkland einfach mal nur, um etwas stärker zu werden und eigentlich waren Erfolge wirklich schnell spürbar - ich konnte mich also wohl wieder in die weite Welt hinauswagen. Außerdem hatte ich da dann natürlich auch mehr Geld, was die Gefahr schmälerte, von irgendwo nicht mehr wegzukommen. xD Ich möchte den Teil jetzt auch nicht unnötig in die Länge ziehen, aber es war insgesamt eine faszinierende Reise. Zwischendurch hatte ich schon hin und wieder Probleme überhaupt zu wissen, was ich als nächstes tun sollte - an einem Punkt war ich relativ lange auf der Suche nach einem neuen Dungeon, die für diese Quest nun mal essenziell waren und fand nur irrelevante Schauplätze. Einerseits sahen die alle toll und spannend aus, andererseits konnte ich mit Lute dort nun mal nichts machen, was in dem Moment genervt hat, aber mich hoffen lässt, dass alle davon bei den nächsten Charakteren zum Einsatz kommen. Wehe wenn nicht. ;0
Neben dem doch recht witzigen Anfang waren die Highlights meiner Reise dann definitiv die Rune Quest und der Besuch beim Time Lord. Beides dient dazu, den menschlichen Kämpfern neue Magien zu lernen (Licht und Schatten kann man einfach kaufen, andere muss man freischalten oder ist nur bestimmten Partymitgliedern vorbehalten). Die Rune Quest hat zwar mit der Rune Magic nicht die beste Belohnung, ist aber eine vierteilige Reise mit doch sehr unterschiedlichen Gebieten, die alle echt interessant sind. Das Reich des Time Lords ist zwar nur ein kurzer, aber unglaublich toll designter "Dungeon" und die Time Magic ist absolut toll. Ich hatte nur die kaufbaren Zauber davon (durch Benutzen kann man ja mehr lernen) und die haben mir mein Leben schon absolut erleichtert. Außerdem hätte man auch den offenbar recht starken Time Lord rekrutieren können - ich habe allerdings die falsche Dialogoption gewählt und musste ohne ihn auskommen.^^" Diese Nebenquest werde ich aber auf jeden Fall wieder machen, zumindest wenn es geht. Jeder potentielle Kämpfer schließt sich ja auch nicht jedem Charakter an, das kommt ganz auf die persönliche Geschichte drauf an.

Apropos persönliche Geschichte: Nachdem ich also einen ganzen Haufen Sachen erledigt hatte, wollte ich mich um die Main Quest von Lute kümmern. In Owmi gab es ein Restaurant, wo zufällig eine Frau gerade aß, die Lute offenbar kannte und auf ihr Flugschiff einlud. Dort angekommen offenbarte sie sich als Captain Hamilton, offenbar Teil der Trinity-Gruppe (eine mächtige Organisation, die der Welt die Technologie näher brachte) und alte Bekannte von Lutes Vater. Sie erzählte, dass Captain Mondo - also der Kapitän vom Anfang - Lutes Vater vor Jahren betrogen und getötet hatte und nun irgendwo eine eigene Eliteinheit ausbildete, um Trinity zu übernehmen. Dann fragte sie, ob man sie zu Mondos Basis begleiten würde und es konnte losgehen. Ja, genau. Die Hauptquest besteht daraus, erst einen Herrn Kapitän zu treffen, dann eine Frau Kapitän zu treffen und dann ging es ab in den letzten Dungeon. xD Deshalb wird man dieses kleine Abenteuer nicht schaffen können, wenn man nur der "Story" folgt. Mein Lute hatte zu Beginn so 160 HP und am Ende 770 - trotzdem hatte ich echt ein paar Schwierigkeiten beim Bosskampf. Der bestand übrigens nicht daraus, Mondo direkt zu bekämpfen, sondern eine Art Transformer-Roboter, der aus 5 Phasen bestand. Bei meinem ersten Versuch ging das bis zur vierten auch echt gut, dann konnte der Gegner aber so oft angreifen, dass es schlecht aussah. Blöd war halt, dass ausgerechnet meine Heiler regelrecht penetriert wurden und dann zum Wiederbeleben irgendwie niemand mehr gut genug war.^^ Bevor es zum wohl unausweichlichen Game Over kam, versuchte ich es gleich nochmal von vorne. Zum Glück kann man außerhalb eines Kampfes immer speichern!
Ich hatte dann auch etwas mehr Glück - die Heiler überlebten bis zur letzten Phase des Gegners und am Ende beschloss ich, einfach nochmal richtig drauf zu hauen und zu hoffen, dass es reichen würde. Es klappte gerade noch so - wie man auf dem Screenshot oben sieht, sind drei Leute tot, Lute im kritischen Bereich (vielleicht so bei 20 HP?) und nur Roufas steht noch da wie eine Eins! :D
Das Ending war dann echt ernüchternd und irgendwie auch ziemlich ärgerlich. xD Lute hatte Mondo besiegt (...war er in dem Tranformer-Ding drinnen?) und trat Trinity als wichtiges Mitglied bei. Seine Mutter war aber alles andere als begeistert. Sie meinte, er hätte schändlicherweise den besten Freund seines Vaters getötet (...aberaberaber der hat doch angefangen!), wäre ein Taugenichts und die Welt müsse zu Grunde gehen, wenn es nun Leute gab, die auf ihn zählten. So eine Bitch.

Ja, so endete mein größtenteils selbst kreiertes Abenteuer also. Ich glaube ich bin im Endeffekt ganz froh, dass ich Lute zuerst gemacht habe, wo alles noch neu und frisch für mich war. Wahrscheinlich ist sein Part richtig nervig, wenn man mit anderen Charakteren schon dieselben Gebiete besucht hat und bei ihm dann nicht mal irgendwo eine Geschichte dazu präsentiert bekommt.
Insgesamt war es jedenfalls ein überraschend gutes Erlebnis, vor allem weil das Gameplay einfach total Laune macht. Oft hatte ich nach einigen Kämpfen zwar das Gefühl, erst mal eine Pause zu brauchen, aber nach kurzer Zeit hatte ich schon wieder total Lust weiterzumachen.
Wenn ich dann einen neuen Charakter anfange, wird es sicher erst einmal komisch wieder von Null beginnen zu müssen, aber dafür dürfte ich dann zumindest mit etwas mehr Story belohnt werden.

Und weil dieser Beitrag sowieso schon elendig lang ist (vermutlich werden zukünftige kürzer, da ich das ganze System nicht mehr erklären muss), passen auch die Stats von meiner ersten, abgeschlossenen Geschichte hier rein:

Charakter:  Lute (1/7)

Zeit: 19:17

Party:

Lute <3 <3
Mei-Ling <3 <3
Thunder <3
Roufas <3 <3
T260 <3

Annie <3
Cotton <3
Riki <3
EngineerCar
Rouge <3

Fei-on
Slime
Cpt. Hamilton

Annie hatte ich nur nicht im finalen Team, weil sie absolut schwach im Zaubern war und damit nicht mal im Notfall jemanden hätte heilen können. Rouge war ein sehr fähiger Magier und wäre auch sicher noch so richtig fett stark geworden, aber mit seinen ~350 HP hätte er keine Runde im letzten Kampf überlebt. :/ Ich hätte auch gerne den drei letzten Charakteren eine Chance gegeben, aber ich hatte einfach keine Kapazitäten dafür. Der Slime wurde auch eigentlich nur ausgetauscht, weil Cotton, den ich später bekam, viel niedlicher aussah. :x