Donnerstag, 28. August 2014

Never again - Post Mortem


Es ist nun schon über zwei Jahre her, dass ich mit meinem Freund das Adventure „Still Life“ gespielt habe, das ich ja überaus gelobt habe. Den zweiten Teil davon haben wir etwas später auch abgeschlossen, aber aus irgendwelchen Gründen habe ich darüber keinen Blogeintrag gemacht – vielleicht weil es deutlich schwächer war als der Vorgänger? Ich weiß es nicht genau, aber mit diesem Post hier kann ich die Reihe jedenfalls als abgeschlossen abhaken, denn „Post Mortem“ ist ja quasi das Ursprungsspiel, aus dem die beiden „Still Life’s entstanden sind und ich wundere mich ehrlich gesagt, dass irgendjemand den Entwicklern damals möglich gemacht hat, Nachfolger herauszubringen. Denn „Post Mortem“ ist das bisher schlechteste Point & Click Adventure, das ich je gespielt habe – ja, ich kann selbst Machinarium mehr abgewinnen, was bisher bekanntermaßen ja so ein bisschen mein Hassspiel des Genres war.
Ich hatte natürlich auch große Erwartungen, weil nicht nur „Still Life“ so gut war, sondern auch die „Syberia“-Spiele von denselben Entwicklern stammen und mir da der erste Teil eben auch sehr gefallen hat. Selbst „Still Life 2“ war über weite Strecken echt unterhaltsam, also konnte es ja nicht so schlimm werden, oder? Doch, es konnte, und ich frage mich ernsthaft wie es jemand schafft, ein Adventure so derartig zu versauen und danach wahre Perlen herauszubringen.

„Post Mortem“ erschien im Jahre 2002 und wird, anders als die restlichen Adventures von Microids, in der Ego-Perspektive gespielt. Den Hauptcharakter bekommt man aber bei Dialogen immer zu sehen, was immerhin etwas zur Identifizierung beiträgt. Die Geschichte beginnt damit, dass eine Frau namens Ms. Burke bei Gus MacPherson in Paris auftaucht, um seine Detektiv-Fähigkeiten in Anspruch zu nehmen. Dieser wollte sich zwar nur noch seiner Malerei widmen (wann und wieso wird zwar kurz angedeutet, aber nie erklärt, auch nicht im Nachfolger), nimmt den Fall aber trotzdem an. Vielleicht weil er die Gabe hat, Verbrechenshergänge irgendwie als schemenhafte Erinnerung zu sehen, was ebenfalls niemals erklärt oder behandelt wird. Ich bin nicht einmal vollkommen sicher, dass er diese Fähigkeit wirklich hat, weil sie so wenig angesprochen wird. ;0
Wie auch immer, Ms. Blake möchte den Mord an ihrer Schwester und deren Mann aufgeklärt haben, weil die Polizei die Sache irgendwie unter den Teppich zu kehren scheint. Natürlich steckt da viel mehr dahinter – eine Verschwörung um doppelte Identitäten, Tempelritter und ewiges Leben, bei der man als Spieler teilweise selbst entscheiden kann, welche Schlüsse man zieht und ob es in dieser Welt vielleicht sogar Übernatürliches gibt. Durch das anstrengende Gameplay und die dämlichen Dialoge kann man dann aber einfach nicht das nötige Interesse aufbringen, um die Geschichte wirklich gut zu finden.

Kommen wir erst mal zu den Dialogen, die nicht nur oft einfach schlecht sind, sondern teilweise auch keinen Sinn ergeben. Man kann wie es so üblich ist immer aus mehreren Optionen und Antworten wählen, aber meistens muss man ohnehin alles irgendwann einmal sagen. Nur selten ergeben sich aus unterschiedlichen Antworten auch andere Gesprächsverläufe, prinzipiell klickt man sich durch alles durch. Und wenn man da eben nicht der Reihe nach vorgeht (also erst Möglichkeit 1, dann 2, dann 3) hat man einen extrem merkwürdigen Dialog vor sich. Als Beispiel nenne ich jetzt eine Stelle, bei der man den ermittelnden Kommissar überzeugen möchte, dass sein Tatverdächtiger unschuldig ist. Hier kann man ihn einerseits vollabern und andererseits auch Beweise vorzeigen, die den Verdächtigen entlasten. Mit Letzterem bringt man den Kommissar dazu seine Ermittlungen nochmal zu überdenken, während er bei den verbalen Überzeugungsversuchen nur abblockt und Beweise sehen möchte. Da man diese Möglichkeiten (bei beiden gibt es mehrere Optionen) in vollkommen willkürlicher Reihenfolge anklicken kann, entsteht dann ein echt bescheuertes Gespräch.
Ich habe hier den Beweis, dass er nicht am Tatort gewesen sein kann.“ „Geben Sie mal her.“
„Und hier ist der Beweis, dass diese beiden von der Person beauftragt worden sind.“ „Das muss ich mir ansehen, her damit.“
„Ich glaube Sie haben den falschen Mann.“ „Sind Sie des Wahnsinns?!?!?! Haben Sie auch nur irgendwelche Beweise dafür?“
„Da gibt es zwei andere, die in die Sache verwickelt sind.“ „Zwei andere? Wo haben Sie die nun her? Von denen höre ich zum ersten Mal!"


Das wäre aber vermutlich irgendwie verschmerzbar, wenn das restliche Spiel auch Spaß machen würde oder wenigstens Atmosphäre hätte. Das einzige, was aber gut präsentiert wird, sind neue Schauplätze, da es zu diesen immer kurze Einführungsvideos gibt. Steuert man danach aber wieder den Hauptcharakter, geht jegliches Feeling verloren, weil alles sehr leer und seelenlos wirkt. In jedem Gebiet gibt es sehr viele erkundbare Bildschirme, aber nichts zu erkunden. Wenn etwas nicht wichtig ist, dann kann man damit auch nicht interagieren – Gus hat zu absolut nichts etwas zu sagen, es sei denn es wird offensichtlich fürs Vorankommen benötigt. Er gibt übrigens auch keinen Kommentar von sich, wenn etwas falsch ist oder fehlt, darauf muss man dann selbst kommen.
An einer Stelle musste ich mit Hilfe einer Kerze auf einem Gemälde versteckte Hinweise finden – ich hatte das Gemälde und die Kerze, aber trotzdem klappte es einfach nicht. Erst dachte ich, es wäre irgendein Bug, aber beim Durchforsten einer Lösungshilfe fand ich dann heraus, dass etwas völlig anderes das Vorankommen stoppte: Ich hatte bei einem Gespräch kurz zuvor nicht alle Dialogoptionen ausgeschöpft, weil mir ein Item fehlte, mit dem es eine neue Antwortmöglichkeit gegeben hätte. Dieses Item war aus einem Raum, den ich sehr lange vorher besucht hatte und wo ich wegen dem Storyverlauf zu dem Zeitpunkt niemals wieder einfach so hingeschaut hätte (weil die Geheimnisse daraus bereits gelüftet schienen). Ohne Lösung hätte ich also nicht nur absolut keine Ahnung gehabt, woran ich scheitere, sondern hätte auch bei noch so viel Backtracking trotzdem nicht das gefunden, was ich gebraucht hätte. In so einem Fall sollte man doch bitte ohne die nötigen Items nicht stundenlang weiterspielen können bevor einem auffällt, dass etwas nicht richtig ist und man absolut nicht mehr rekonstruieren kann, wo man etwas übersehen haben könnte. An der Stelle habe ich bestimmt eine Stunde ohne Fortschritt zu machen verschissen.
Mit der Lösungshilfe wollte ich dann allgemein nochmal einige Schauplätze abklappern, wo etwas liegengeblieben war oder die ich gar nicht erreicht hatte, zum Beispiel den Tatort des ersten Mordes. Ja, obwohl man sich den eigentlich so früh wie möglich ansehen möchte kann es auch passieren, dass man so lange nicht hinkommt, bis man fast das Spiel durch hat.
Ein Grund für diese Unfähigkeit meinerseits ist auf jeden Fall die absolut unzureichende Rätseldichte. Über große Teile des Spiels spricht man vor allem mit Leuten, um Sachen herauszufinden, statt an den Schauplätzen Zeug zusammenzusammeln und zu kombinieren. Meine Güte, man kann ja nicht einmal zwei Items im Inventar miteinander kombinieren. So wird man es einfach gewohnt, dass man nichts machen kann und achtet deutlich weniger auf Details, bzw. ist man dann auch überrascht, wenn man tatsächlich etwas zum Mitnehmen findet. Aufgesammelte Gegenstände werden auch hauptsächlich in der Nähe ihres Fundortes benutzt, man hat sie also bis auf ein paar Ausnahmen allesamt nicht lange. Nur Schriftstücke gammeln für immer im Inventar herum, ohne dass man sie wirklich benutzen könnte. Deren Inhalt wird in einem Notizblock zusammengefasst – wenn man sie anklickt kommt man zur entsprechenden Seite im Block, ansonsten gibt es aber keinerlei Funktion für die. Und das wird nach einiger Zeit echt unübersichtlich im Inventar, das nur aus einer Zeile besteht, durch die man sich durchklicken muss.

Überhaupt ist das Inventar recht umständlich zu benutzen, weil man nur eine beschränkte Menge der Gegenstände überhaupt „in die Hand nehmen“ kann. So kann es schon mal vorkommen, dass man einem NPC das geforderte Bild geben will, das aber von Gus kommentarlos einfach nicht gemacht wird. Stattdessen werden solche Dinge über die Dialoge geregelt, was wirklich nervig sein kann, weil jeder Gesprächspartner einen ewig langen Einleitungssatz hat. Das ist übrigens auch noch so eine Sache – die Unterhaltungen können nicht beschleunigt werden. Man muss schön warten bis alle Synchronsprecher mit ihren Sätzen fertig sind, selbst wenn man Untertitel eingeschaltet hat. Ich glaube es ist auch keine Überraschung, dass nicht alle Sprecher wirklich passend gewählt wurden, allerdings war die Stimme von Gus ganz in Ordnung und mir auch schon aus „Still Life“ bekannt.
Ach ja, und ich hoffe die Person, die das Charaktermodell von Ms. Loiseau verbrochen hat, wurde danach gefeuert.

Am Ende bleibt mir jetzt eigentlich nichts mehr zu sagen, außer, dass ich „Post Mortem“ wirklich niemandem empfehlen würde, der am Genre des Point & Click Adventures Gefallen gefunden hat. Es gibt so viel Besseres, selbst mittelmäßige Spiele sollten dieses hier um Längen übertreffen. Die Story von „Still Life“, was ich jedem nur ans Herz legen kann, kann man auch ohne den Vorgänger genießen. Da braucht man absolut kein Vorwissen, da selbst bei Referenzen auf Gus‘ Vergangenheit die Zeit in Paris kaum erwähnt wird.

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