Donnerstag, 7. August 2014

Dreamfall: The Longest Journey #8 - Ende?

Gleich zu Beginn dieses letzten Blogposts über "Dreamfall" möchte ich anmerken, dass ich richtig froh bin, das Spiel erst jetzt gespielt zu haben. Die Entwicklung einer Fortsetzung ist inzwischen gesichtert und die Veröffentlichung steht sogar schon in den Startlöchern (zumindest für die erste Episode) - ich weiß, dass die Geschichte weitererzählt werden kann. Zu dem Zeitpunkt, als "Dreamfall" erschien, stand all das noch auf äußerst unsicheren Beinen und die Ungewissheit hätte mich vermutlich umgebracht. Das Ende des Spiels ist nämlich nicht nur auf fürchterliche Art und Weise sehr gut, sondern auch unbarmherzig offen. Prinzipiell kommen zu all den vorhandenen Fragen gleich noch ein paar dazu.
Vom Gameplay her war für mich eigentlich nichts mehr zu tun, bis auf zwei kurze Laufwege liefen alle Szenen von selbst ab und es blieb mir nichts anderes übrig als zu schauen und zu staunen. Und zu heulen. Und - am allermeisten - verwirrt zu sein.
Für Zoe ging es erst einmal zurück nach Casablanca, wo sie einfach zu Hause bleiben wollte, um auf irgendetwas zu warten. Sie wusste selbst nicht was nun zu tun war und hatte das (berechtigte) Gefühl, dass alles umsonst gewesen war. Ihre einzige Idee war, diese Dr. (??) Chang von Jiva aufzusuchen, da die Firma nicht nur etwas mit Faith zu tun hatte, sondern die Frau auch als einziges übrig war von den Leuten, die etwas von Reza und den WATIcorp-Machenschaften wussten. Allerdings war die eben auch nicht einfach so zu finden und Zoe hatte keinen Anhaltspunkt und keine Helferlein mehr (auch ihre Freundin Olivia musste untertauchen), so dass sie es gar nicht versuchen wollte. Glücklicherweise kam aber diese Chang dann ganz von selbst, was ich ein wenig dämlich fand - über drei Viertel des Spiels hatte niemand mehr von der oder ihrer Firma gesprochen und gerade als sie wieder erwähnt wird, taucht sie zufällig auf. Aber was soll's, so konnte das Finale wenigstens eingeleitet werden. Mrs. Chang hatte Zoe nämlich beim ersten Treffen eine Wanze angeheftet (... Ja, auch das fand ich echt lame), wusste über alles Bescheid und wollte nun Hilfe. Die Sache mit Faith war ihr ja sowieso bekannt - sie tat auch so als würde sie es bereuhen, die Kleine der WATIcorp überlassen zu haben - aber nun wusste sie auch, dass Zoe das Mädchen schon zwei Mal getroffen hatte. Und das konnte sonst niemand, obwohl es manche versucht hatten.

Jedenfalls sollte Zoe Faith dazu bringen, endlich loszulassen. Ihr Geist war im "Dreamnet" (was wohl nur in Stark so technisch ausgedrückt wird, aber prinzipiell die Traumfäden sein dürften, die zwischen den Welten existieren...?), weil sie nach ihrem Tod einfach nicht gehen hatte wollen, vor allem nicht alleine. Zoe wollte der blöden Chang natürlich nur ungern helfen, aber sie musste sich für das kleinere Übel entscheiden. Wenn Faith endlich auch ihre Seele sterben lassen würde, würde die Stasis aufgehalten und ein Kollaps verhindert werden, außerdem würde gleichzeitig das Netz der WATIcorp Schaden nehmen. Quasi eine win-win Situation für Stark. Zoe konnte gar nicht anders, als da nicht mitzumachen, auch wenn sie danach auf jeden Fall die Chang auch noch ans Messer liefern wollte. Hätte sie vielleicht nicht so geradeheraus sagen sollen, aber bitte.
Zoe ließ sich also wieder mal an einen Dreamer anschließen, um nach "Winter" zu kommen, also der Schneelandschaft in der das Puppenhaus von Faith stand. Und diesmal wurde sie hereingebeten. Ab da bildeten sich neben Tränen in meinen Augen auch riesige Fragezeichen über meinem Kopf - das große Finale war eingeleitet. Und ich möchte hervorheben, dass die Musikuntermalung schon ab der Rückkehr nach Casablanca einfach absolut super war. So allgemein waren die Stücke immer passend und manchmal auch echt gut, aber die großen Knaller hat man sich offensichtlich fürs Ende aufgehoben.
Jedenfalls hatte Faith viel zu erzählen und war auch echt niedlich und kooperativ. Das war vor allem, weil Zoe ihre Schwester ist. Uhuhuhu! Dieses Wissen hatte sie von der "weißen Frau", die sie oft besucht hatte und ihr auch die Sache mit April erzählt hatte. Also, dass diese von Zoe gefunden und gerettet werden musste. Und das hatte anscheinend gut geklappt. o.ô Ja, offenbar war April wirklich "gerettet" worden und das kann man nun wahrscheinlich auf einige Arten interpretieren. Ich weigere mich immer noch zu glauben, dass sie tot ist und hoffe deshalb auch inständig, dass die weiße Frau Gutes im Schilde geführt hat, aber es kann prinzipiell auch anders sein. Wer diese mysteriöse Person sein soll wurde auch völlig offen gelassen - die Draic Kin, die keine Ahnung von irgendwas hatte und dann auch angegriffen wurde, kanns ja nicht sein.
Am Ende kuschelte sich Faith jedenfalls zu ihrer großen Schwester und war bereit, loszulassen, weil sie nicht mehr alleine war und so. Das war schon echt traurig, obwohl ich bis dahin eigentlich angenommen hatte, das Mädchen wäre mir völlig egal. Schön fand ich übrigens auch die Namensgebung, die im Deutschen natürlich etwas verloren geht. Denn Zoe hat zu Beginn des Spiels ein Problem damit, sich aufzuraffen und hat kein Ziel und keinen Glauben. Später sagt ihr die Draic Kin, dass der Glaube sie zum richtigen Ort bringen wird, was im Englischen dann zweideutig wird: "Faith will bring you where you are needed the most."

Naja, mit dem endgültigen Tod von Faith hatte Chang jedenfalls erreicht was sie wollte und dachte dann, es wäre eigentlich unpraktisch die Mitwisserin, die noch dazu besondere Fähigkeiten hatte, am Leben zu lassen. Also verpasste sie Zoe noch eine Spritze (vielleicht mit einer Überdosis Morpheus), damit sie nicht mehr aufwachte. Chang sagte dann noch etwas davon, dass Zoe sie an ihren Vater (also Mister Castillo) erinnerte, was auf das hindeutete, was ich mir kurz zuvor schon gedacht hatte: Wenn Zoe Faiths Schwester war musste auch sie etwas mit Jiva zu tun haben und hatte deshalb auch ähnliche Fähigkeiten, wie eben das Dreamnet betreten zu können. Und Chang war die Mutter von beiden. Bämm! Was für eine Frau gibt die eine Tochter als Versuchsperson an eine böse Firma, wo sie dann stirbt und versetzt die andere später in ein Koma? Heilige Scheiße.
Man sah dann auch noch, dass Peats durch Faiths Verschwinden seiner Fähigkeiten beraubt war und die Punk-Zwillinge ihn kurzerhand umbrachten. Angeordnet von der kühlen Blondine, die nun wohl vollkommen die WATIcorp übernommen hatte.
Mit diesen Ereignissen war Zoes Geschichte dann erzählt und ich war zurück im Krankenhaus, wo sie immer noch leblos in einem Bett lag, bewacht von ihrem Vater. Das war vielleicht eine Heulerei, weil Zoe ihr Schicksal angenommen hatte - also nichts mehr unternehmen zu können und die Verantwortung an jemand anderen, nämlich den Zuhörer ihrer Geschichte, zu übertragen. Sie war sich auch nicht zu schade um anzumerken, dass alles kein gutes Ende genommen hatte und die Bösen gewinnen würden. Denn während Peats zwar tot war, gab es immer noch die anderen Drahtzieher der WATIcorp, ganz zu schweigen von den Azadi in Marcuria.
Gerade als Reza ins Krankenhaus kam - jaah, der "tote" Reza - wurde Zoes Bewusstsein wo anders hingerufen. Sie verabschiedete sich, als würde ihr Körper sterben, wollte ihren Vater aber noch warnen. Reza war wahrscheinlich nicht er selbst, vielleicht war er eine Marionette der WATIcorp, nachdem seine Träume ja aufgefressen worden waren. Vermutlich sollte er sicherstellen, dass Zoe auch nicht mehr aufwachte, aber das schien gar kein Problem zu sein.
Ob sie dann wirklich starb, war völlig offen (dürfte aber durch diverse Charakterkonzepte, die für die Fortsetzung veröffentlicht wurden, nun etwas deutlicher in Richtung "sie lebt" weisen), ihr Geist reiste jedenfalls in die "Zeit der Geschichten". Dort war der Kerl vom Prolog, der Brian Westhouse vor dem Ungeträumten gewarnt hatte und verlangte nun von Zoe, dass sie ihm ihre Geschichte erzählte. Wie auch immer das funktionieren sollte - dies würde das Ungeträumte anscheinend aufhalten können. War aber wohl nichts, denn gleich danach kam ein "Drei Monate später", wo in einem TV-Bericht von der neuesten Unterhaltungstechnik der WATIcorp berichtet wurde: "Dreamtime". Gleichzeitig schien sich über dem fertiggestellten Turm der Azadi eine riesige Gewitterwolke zu formieren, was den Zusammenhang zwischen den beiden Handlungssträngen ja wohl endgültig bewies. Mehr aber auch nicht.

Als wäre das nicht alles schon furchtbar genug gewesen, wurde mir nach den Credits nochmal eine Szene vorgesetzt, die mich dann in völliger Verwirrung zurückgelassen hat. Es war 1933, das Jahr in dem Brian Westhouse anscheinend zu diesen Mönchen aus dem Prolog unterwegs war. Er schaffte die Reise fast nicht, wurde aber von Cortez gerettet und quasi auf seinen Weg geführt. Mir... war überhaupt nie klar, dass die Sache mit den Mönchen und dem Ungeträumten bei Westhouse sogar noch vor "The Longest Journey" stattgefunden hatte. o.o Das bedeutet nun ja, dass Brian auch schon im ersten Spiel die Begegnung mit dem Ungeträumten hinter sich hatte und Cortez da genau genommen dazu beigetragen hatte. Vielleicht war Westhouse deshalb in TLJ nicht so gut auf die Drachen zu sprechen gewesen (immerhin war Cortez ja einer der zwei in Stark - der rote), oder aber das Ungeträumte schlummerte da schon in ihm. Vielleicht hatte es nur gewartet bis endlich die Zeit gekommen war, wo es mit Hilfe der Azadi und der WATIcorp stärker werden konnte, um irgendwann mit Westhouses Körper auch die restlichen Drachen zu töten? Überhaupt - vielleicht war der blaue Drache in Arcadia, also der letzte Getötete bevor die Draic Kin angegriffen wurde, auch ein Opfer von Westhouse, der ja bis dahin auf Reisen war. Bietet auf jeden Fall viel Raum zur Spekulation und ist tatsächlich etwas verwirrend.
Ich habe über die ganze Sache nach dem Durchspielen auch ein bisschen was gelesen, um etwas mehr Durchblick zu bekommen (und vor allem auch um zu überprüfen, ob ich die spärlichen Informationen im Ending wenigstens verstanden habe) und da dann auch gesehen, wie die Draic Kin Aprils "Schwester" sein kann. Offenbar ist dieser weiße Drache eine Art Wiedergeburt des vorherigen, der eben Aprils Mutter war. Irgendwie also schon derselbe, aber dann wieder auch jemand anderes. Mit der Erklärung kann ich leben.


Okay, das wars also mit "Dreamfall" - ein Ende, bei dem vorerst die Bösen gewinnen und quasi jeder, den man lieb gewonnen hat, erst einmal unschädlich gemacht wurde. Ich fand das Ende grundsätzlich richtig gut, vor allem weil es von der Stimmung her absolut einnehmend erzählt wurde. Ich habe die letzten Szenen sehr genossen, wenn auch natürlich auf eine leidende Art und Weise. :D Ich habe nichts dagegen, mit einem bitteren Gefühl aus einem Spiel entlassen zu werden, vor allem wenn ich ohnehin weiß, dass eine Fortsetzung kommen wird. Aber ein bisschen dreist ist es schon, in den letzten Minuten noch vollkommen neue Fragen aufzuwerfen. In "Dreamfall: Chapters" muss auf jeden Fall einiges zufriedenstellend geklärt werden.
Wer ist die weiße Frau, von der Faith gesprochen hat? Sind April und Kian tatsächlich tot oder dem Tode geweiht? Warum sollte April dann aber "gerettet" sein? Warum konnte Zoe trotz dem Geschichtenerzähler das Ungeträumte nicht aufhalten? Ist ihr Körper wirklich gestorben? Was ist mit Reza, der da plötzlich auftauchte? Wer waren überhaupt Peats oder der Prophet? Was haben die Azadi mit der WATIcorp zu schaffen und woher kamen die mit ihrer fortgeschrittenen Technologie überhaupt? Was wird aus Benrime, Krähe oder dem nackten Gordon Hallaway? Wo ist Damien?
Meine Güte, ich könnte ewig so fortfahren. Ich habe jedenfalls hohe Erwartungen an den Nachfolger, dass diese Fragen geklärt werden.

Insgesamt bin ich dem Spiel gegenüber wohl eher zwiegespalten eingestellt. Das Gameplay ist von vorne bis hinten eigentlich Mist. Die Adventure- oder Puzzleanteile sind wirklich kaum vorhanden, aber die anderen Aspekte (Stealth und Kampf) sind so unausgegoren, dass man sie auch kaum als sinnvolle Spielelemente bezeichnen könnte. Irgendwann hatte ich mich ja an die ganzen Einbrüche gewöhnt und sie sogar irgendwie lieb gewonnen, aber das war eher der Atmosphäre bei diesen Einlagen zu verdanken. Alle Spielmechaniken fühlten sich oft nur als Mittel zum Zweck an, um eine Geschichte zu erzählen, aber komischerweise hat es irgendwie funktioniert. Und das ist nicht mal meiner Liebe zu "The Longest Journey" und den damit verbundenen Nostalgieschüben zuzuschreiben, denn im Bezug auf die Veränderungen der Charaktere und Orte war ich ja eigentlich nie zufrieden. Ich mochte diesmal auch eindeutig die Spielabschnitte in Stark mehr als in Arcadia, wo es beim Vorgänger eigentlich genau umgekehrt war (obwohl ich natürlich beides mochte). Genau wie April mir in "Dreamfall" fremd geworden ist, so ist es die Umgebung um sie herum auch - die magische, fantastische Welt fühlte sich überhaupt nicht mehr zauberhaft an, sondern unfreundlich, langweilig und klein. Die kurzen Ausflüge zum Dunklen Volk und dem Guardian halfen auch nicht das Gefühl loszuwerden, Arcadia bestünde nur mehr aus einem kalten Marcuria. Sehr enttäuschend. Außerdem bekam man die Probleme der Welt gleich mal vorgesetzt, ohne daran etwas zu erforschen oder unternehmen zu können. Dies mag an den Charakteren liegen - die Rebellen sind ja in der Unterzahl und haben ebenfalls keinen richtigen Plan, um die Azadi niederzustrecken, das überträgt sich einfach auf den Spieler. Man hat nicht das Gefühl, irgendwie vorwärts zu kommen oder tatsächlich etwas unternehmen zu können. Das Highlight war da vermutlich die Sache mit dem Propheten, dem April zu dem Traumwirbel gefolgt ist, aber das konnte dann alles nicht weiterverfolgt werden und trat bis zum Ende in den Hintergrund.
In Stark war es quasi genau das Gegenteil. Es gab nicht nur ein paar Orte zu bereisen, diese boten auch mehrere Locations, wodurch längere und intensivere Aufenthalte gefordert waren. Dort hat man auch das Gefühl, dass sich eine riesige Verschwörung erst zusammenbraut und dort findet man eigentlich den Großteil der Hinweise (und zwar schön spannend erst nach und nach) für die Geschichte. Während in Arcadia vor allem gezeigt wird, wie der Konflikt voranschreitet und Charaktere entweder zusammenarbeiten oder - die meiste Zeit über - eher nicht, lüftet man in Stark die Geheimnisse, die einen wirklich interessieren. Ich vermute aber in einem Anflug von Optimistik, dass der dritte Teil einige Sachen beinhalten wird, die erst enthüllen, warum die ganze Azadi-Geschichte und das Zusammentreffen der Protagonisten doch auch für die übergeordnete Geschichte wichtig war. So wie es jetzt ist hätte man sich nämlich weite Teile in Arcadia auch sparen können. ;0

Wie auch immer, all das soll eigentlich nur aussagen, dass ich "Dreamfall" trotz der Schwächen mochte und zwar für das Spiel, das es ist und nicht wegen meiner Liebe zum Vorgänger. Das dämpft das Erlebnis eigentlich eher.^^ Auf jeden Fall werde ich den dritten Teil mit Sicherheit irgendwann kaufen und spielen, auch wenn ich diesmal mit völlig anderen Erwartung rangehen werde als hier.

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