Mittwoch, 29. Oktober 2025

Famicom Detective Club: Emio - Der Lächelnde Mann


Für Famicom Detective Club habe ich mich schon länger ein bisschen interessiert, schließlich bin ich ja quasi auch ein Detektiv. Oder so. Als die alten Teile neu aufgelegt wurden hätte ich sie auch fast gekauft, aber irgendwo habe ich immer Stimmen gelesen, die mich dann doch davon abgehalten haben. Es fühle sich alles ein bisschen umständlich an, war da zum Beispiel dabei. Das Tempo wäre recht gemächlich, habe ich auch gehört. Beides kombiniert klang schon ein bisschen anstrengend. Als dann aber Emio: Der lächelnde Mann herauskam, musste ich doch zuschlagen. Das klang alleine vom Thema her schon gleich viel fetziger und aufregender. Ein Serienmörder mit einer Papiertüte und einem darauf gemalten lächelndem Gesicht auf dem Kopf? Count me in!
Leider muss ich sagen, dass die oben genannten Punkte hier trotzdem auch zugetroffen haben. Ich habe fast parallel mit dem Spiel auch angefangen, das erste FDC (The Missing Heir) auf Youtube zu schauen, da die ermittelnden Detektive immer dieselben sind und ein bisschen Bezug auf vergangene Ereignisse genommen wurde (allerdings wirklich nur ganz minimal, es ist absolut nicht erforderlich und war nur mir persönlich ein Anliegen, mehr zu erfahren). Das kam mir über weite Strecken sogar etwas weniger umständlich und etwas actionreicher vor, was mich wirklich überrascht hat. 


Fragt mich nicht, wie man die Prämisse des Spiels irgendwie doch noch lahm gestalten kann: Ausgangspunkt für die Geschichte ist der Tod eines Schülers, der an einem abgelegenem Ort mit einer Papiertüte mit lächelndem Gesicht darauf gefunden wird. Die erinnert die Polizei und auch das Detektivbüro an eine Reihe Serienmorde, die vor 18 Jahren passiert sind. Damals wurden aber nur junge Mädchen ermordet, die erwürgt wurden, während Eisuke (so der Name des Opfers) mit einem Gegenstand stranguliert wurde. Das wirft natürlich einige Fragen auf, und führt auch dazu, dass der damals ungelöste Fall wieder aufgerollt wird - zu dem einige Charaktere auch eine starke, persönliche Bindung haben.
Das klingt alles schon sehr spannend, aber ich hatte lange Zeit über das Gefühl, dass absolut gar nichts weitergeht. Oft wurden Namen erwähnt, aber die jeweilige Person konnte ich erst nach Tagen irgendwann einmal sprechen. Dass Eisuke eng mit einer gewissen Megumi befreundet war ist eines der ersten Dinge, die man erfährt, ihr selbst begegnet man aber erst nach 6 ingame Tagen oder so (das Spiel hat eigentlich genausoviele Tage wie Kapitel, also 12). Dafür spricht man 23 Mal mit ihrem Klassenlehrer, der definitiv etwas über Megumi zu verbergen hat, aber es dauert genauso lange, bis man hier mehr herausfindet. Und so ist es mit sehr vielen Dingen. Man hat nicht nur das Gefühl, lange auf der Stelle zu treten, sondern dass es ein bisschen künstlich in die Länge gezogen wird und kaum etwas Interessantes passiert. Ich meine, in The Missing Heir sind am fünften Tag schon drei Leute tot, da lobe ich mir das Pacing. ;P


Das relativ umständliche Gameplay trägt auch zum Trägheitsgefühl bei. Eigentlich macht man überhaupt nicht viel, sondern wählt eine Reihe von Aktivitäten über ein Menü aus. Es gibt „Ansprechen/Rufen“, „Zuhören/Befragen“, „Ansehen“, „Nachdenken“, manchmal auch mal "Zeigen" oder "Nehmen", und noch Funktionen zum Speichern und um das Notizbuch anzusehen, in dem alle relevanten Informationen nach Personen aufgelistet werden. In einem Gespräch klickt man zwischen den ersten vier Möglichkeiten hin und her, und das sehr oft (wobei, „Ansprechen/Rufen“ dann doch nicht so oft, da man meist nur einem Charakter gegenübersteht, wodurch die Option recht obsolet ist). Denn einmal Zuhören heißt nicht, dass man mehr als ein paar Sätze erfährt. Das muss man wiederholt anklicken, um überhaupt etwas Brauchbares aus dem Gegenüber herauszubekommen, und dann zwischendurch muss man aber auch nachdenken oder ins Gesicht des Gesprächspartners sehen, um nochmal zuhören zu können. Das hat mich manchmal schon ein bisschen aufgeregt. Es kommt so einfach irgendwie nie ein richtiger Fluss auf, man fühlt sich ständig künstlich gebremst.
Eine weitere Option in diesem Menü hat man dann immer am Ende des Tages, um diesen abzuschließen: „Kombinieren“. Dabei geht der Hauptcharakter (der bei mir übrigens Bill van Ghost hieß, fragt wie immer nicht nach der Geschichte dahinter) mit seiner Kollegin Ayumi die neuesten Ermittlungskenntnisse durch. Die… nie besonders ausufernd sind, vor allem am Anfang. Man beantwortet Fragen und bekommt drei Antwortmöglichkeiten, und manchmal muss man Stichworte aus dem Notizbuch finden oder einen Namen eintippen. Es war alles so einfach, dass ich mich in meiner Detektiv…haftigkeit fast beleidigt gefühlt habe.^^“
Ich meine, es ist schon auch mal nett, wenn ein Murder Mystery mal ein bisschen einsteigerfreundlicher ist, dagegen habe ich ja auch gar nichts – vor allem wenn die Präsentation und Stimmung stimmt. Das größte Problem ist wirklich, dass sich alles so in die Länge gestreckt anfühlt. Ich habe zu späteren Zeitpunkten dann nämlich schon gemerkt, dass mir Charaktere ans Herz gewachsen sind, von denen ich am Anfang noch dachte, dass sie merkwürdig oder nervig sind. Und die Auflösung des Falls hat mich auch wirklich interessiert, auch wenn mir viele Dinge mal wieder vorher klar waren, und ich die Auflösung deshalb auch nicht allzu spannend fand. Es war dann bis auf ein paar kleine, überraschende Details, ziemlich straightforward. Das Ende hat mir trotzdem recht gut gefallen, auch wenn das Erlebnis als Ganzes unterwältigend war. Dachte ich. Denn dann kam der Epilog.


Am Ende bleiben ein paar Fragen unbeantwortet. Im Epilog spielt man aus der Sicht des namensgebendes Detektivs des Utsugi Büros (denn Bill und Ayumi sind „nur“ seine Gehilfen oder sowas), der während des Hauptspiels abwesend ist, weil er eben in derselben Sache anderswo ermittelt – und zwar im Heimatort des späteren Täters. Deshalb erzählt er einem dann noch, was er herausgefunden hat, auch wenn er selbst nicht bei der Lösung des Falls dabei war. Einfach, um die Lücken zu schließen.
Und heilige Scheiße, das sind relevante Lücken. Und richtig gute. Ich kann es gar nicht beschreiben, aber plötzlich geht da der Shit ab, richtig dunkler Shit. Grundsätzlich erfährt man fast alles vom Leben des Mörders, von seiner Kindheit bis zum Moment seines, ähm, sagen wir, Showdowns mit der Polizei. Es ist soo gut und ich habe mich ernsthaft gefragt, warum sie sich all diese Genialität bis zum Epilog aufbehalten haben. Jetzt hat diese zusätzliche halbe Stunde schon meine Meinung vom Spiel nach oben korrigiert, hätte ich schon davor etwas mehr davon gehabt, wäre es wahrscheinlich ein ziemlicher Hit für mich gewesen. So ist es halt trotzdem irgendwie nur so ein mittelmäßiges Erlebnis für mich gewesen. Das Spiel ist nicht unsympathisch, aber es hat für mich persönlich einfach kein besonders gutes Pacing und zu wenig spannende Passagen, die einen so richtig in das Murder Mystery mit hineinziehen. Mir war zwar nicht komplett egal was passiert, aber ich habe mich meist auch nicht richtig involviert oder investiert gefühlt. Außer natürlich im Epilog. Dafür alleine lohnen sich schon fast die gut 8 Stunden davor.
Wenn möglich sollte man außerdem vielleicht auf Englisch spielen, und eher nicht auf Deutsch. Da ich die physische, deutsche Version habe, konnte ich es mir leider nicht aussuchen - die Übersetzung hat sich manchmal doch etwas holprig angefühlt. Manchmal hatte ich aber durchaus auch meinen Spaß an ihr, wenn mal wieder jemand "Kokolores" gesagt hat oder so. :D Die Texte sind übrigens alle japanisch vertont, was das Ganze schon auch wieder qualitativ hochwertig erscheinen lässt. Also ich würde auch definitiv niemanden davon abhalten, Emio zu spielen, nur sollte man seine Erwartungen vielleicht vorsichtshalber einfach einmal nicht extrem hoch ansetzen. 

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