Meine jüngsten Erlebnisse mit Steam-Spielen waren eher durchwachsen. Ich hatte zwar mit allen fünf hier vorgestellten Titeln irgendwie Spaß, aber gerade die längeren beiden - Knights of Pen & Paper und 99 Spirits - haben mir doch auch einiges an Durchhaltevermögen abverlangt. Superbrothers und Amphora mochte ich lieber (vor allem Ersteres), hatten aber ihren Vorteil in der Kürze. Beide Spiele wären mit längerem Inhalt wohl auch richtig anstrengend geworden. Einzig und allein Botanicula hatte für mich keine deutlichen Kritikpunkte und hat mir richtig gut gefallen - es ist eigentlich eine Schande wie lange ich das schon in meinem Backlog hatte und gar nicht wusste, wie toll ich es finden würde. ;)
Knights of Pen & Paper +1
Knights of Pen & Paper (das "+1" steht für die Steam-Version - urprünglich war es ein Mobile-Game) ist ein kleines Indie-RPG von dessen Name man sich nicht irreführen lassen sollte. Es gibt nur ein paar Pen & Paper Elemente, die nicht mal ansatzweise das Gefühl eines echten P&P entstehen lassen. So kann man Anfangs zwar frei eine Party aus einer Auswahl an Persönlichkeiten und Klassen (z.B. einen Streber-Paladin) zusammenstellen, aber die Fähigkeiten und Boni sind strikt vorgegeben. Nach und nach lassen sich außerdem mehr Möglichkeiten freischalten, aber eigentlich bringt es nicht viel, wenn man mitten im Spiel neue Charaktere aufnimmt. Diese starten nämlich immer auf Lvl.1 und das Leveln ist eine äußerst anstrengende Angelegenheit.
Die Story wird zwar von einem "Meister" präsentiert, aber grundsätzlich unterscheidet sie sich nicht von üblichen RPG-Geschichten. Außerdem ist sie ziemlich linear, auch wenn man versucht das durch Sidequests und eigens erstellte Kämpfe zu kaschieren. Bei Letzterem kann man auswählen, wie viele und welche Gegner gegen die Party antreten, aber für die Aufgaben braucht man früher oder später trotzdem immer eine bestimmte Art und Anzahl Monster. Ansonsten wird bei den meisten Aktivitäten wie Rasten, Reisen und Items Aufsammeln gewürfelt. Allerdings bringen einem Erfolge absolut nichts, während Patzer dann eben zu einem Zufallskampf führen. Genau gesagt passiert also bei einem Wurf zwischen 5 und 20 gar nichts. Das ist schon sehr enttäuschend.
Für das, was das Spiel also bietet, ist es deutlich zu lang. Alleine die Hauptquest-Reihe nimmt einiges an Zeit in Anspruch. Hinzu kommt noch ewig langes Gegrinde, weil irgendwann die Anforderungen für Kämpfe und auch besser eAusrüstung ins Absurde steigen.
Trotzdem macht das Spiel vor allem Anfangs Spaß, hat ein paar nette Anspielungen an aktuelle Popkultur und sogar ein bisschen Suchtpotential. Außerdem haben die Entwickler zumindest versucht, einiges an Inhalt zu bieten. Der Zugang zu diesem ist wahrscheinlich deshalb nicht immer so leicht, weil Knights of Pen & Paper ursprünglich Mikrotransaktionen hatte, die bei der Steam-Version irgendwann entfernt wurden - vermutlich wurden dann die Werte einfach nicht angepasst und es sollte damals natürlich schwieriger sein, sich alles selbst zu erarbeiten.
Wie auch immer, das Spiel hat mir schon Spaß gemacht, war aber insgesamt viel zu lang und anstrengend. Einen weiteren Durchgang hätte ich wohl nicht geschafft.
Superbrothers Sword & Sworcery LP
Auch Superbrothers Sword & Sworcery wurde von einer anderen Plattform zu Steam geholt, und das merkt man dem Spiel auch wirklich an. Die Steuerung, die ursprünglich für Touchscreens konzipiert wurde, wurde nicht wirklich überarbeitet. Dies führt dazu, dass man vor allem Anfangs Probleme hat, sich fortzubewegen ohne den ganzen Screen dabei zu verschieben. ;0 Allgemein sind die Kommandos recht schwammig formuliert, wodurch ich teilweise auch völlig vergessen hatte, was ich eigentlich alles mit der Maus machen kann.^^" Weitere Kritikpunkte sind die Laufwege, die einfach nicht verkürzbar sind (kein schneller Screenwechsel und kein schnelleres Tempo für den Charakter) und die sehr kryptischen Hinweise. Aber einem gewissen Zeitpunkt weiß man erst einmal nicht so genau, was man tun muss - vielleicht kennt man das nächste Ziel, aber hat keine Ahnung wie man dort hinkommen soll.
Wenn man über all das hinweg sehen kann, erwartet einen jedoch eine zauberhafte Reise. Mir gefiel Superbrothers vor allem wegen dem tollen Design, der stimmigen Musik, der magischen Atmosphäre und den mystischen Bewohnern der Welt. Die Geschichte ist schnell erzählt, aber trotzdem irgendwie etwas Besonderes. Die Heldin holt ein Buch (das "Megatome") mit dem sie Gedanken lesen und "Sworcery", also Schwertmagie, nutzen kann, aus einer Höhle. Damit erzürnt sie aber den Geist, der dort haust. Mit Hilfe der Sworcery gilt es danach, drei Dreiecke ("Trigons") zu bezwingen, um sie im Megatome zu lagern und damit den Geist am Ende zu besiegen. Das Gameplay besteht eigentlich daraus, die Umgebung so zu manipulieren, dass sich neue Wege öffnen und "Sprites" gefunden werden können, um die Trigons zu bändigen. Dies gelingt einerseits durch Interaktion mit dem Bildschirm, aber auch durch die Veränderung der Mondphasen, wodurch neue Gegenden sichtbar werden oder neue Feen erscheinen. Insgesamt fand ich das alles wirklich schön gemacht, und auch wenn die Gefechte gegen die Dreiecke für mich recht schwierige Reaktionstests waren, war ich unglaublich stolz nach jedem Sieg. Hier hat auch die Länge des Spiels genau gepasst - mehr hätte ich davon nicht mehr gebraucht, aber so hatte ich eigentlich durchgehend Spaß.
Amphora
Amphora ist ein nettes, kleines Puzzle-Spiel, bei dem man durch den Einsatz einer Kette und von verschiedenen Objekten unterschiedliche Ziele erreichen muss. Die gängigen physikalischen Gesetze spielen hierbei eine große Rolle - so muss man zum Beispiel mit der Kette ein paar Tische so aufhängen, damit Feuerwerksraketen an ihnen entlang durch eine kleine Öffnung hinaus in den Nachthimmel zischen können. Ein kleiner Fehler beim Winkel führt schon zum Scheitern, was aber absolut logisch dargestellt ist und somit völlig okay. Es macht meist auch Spaß, an der richtigen Lösung zu tüfteln - das viel größere Problem ist überhaupt herauszufinden, was das Ziel des Levels sein soll. Man wird jedes Mal wortlos in eine Szene geworfen und teilweise erschließt sich aus dem anfänglichen Bild absolut nicht, was überhaupt gefordert wird. Das macht Amphora zu einem insgesamt recht schwierigen Spiel, was man weder mit Übung noch Fingerspitzengefühl deutlich vereinfachen könnte. Mich persönlich hat aber das außergewöhnliche Design des Spiels darüber hinweggetröstet. Amphora hat einen unverkennbaren und wunderschönen Grafikstil. Es erinnert etwas an Schattenspieltheater, trumpft zusätzlich aber mit kräftigen Farben und glitzernden Effekten auf. Ich war völlig hin und weg. Dadurch baut sich auch eine recht einzigartige Atmosphäre auf, die von passender Musik untermalt wird. Dies macht aus einer sehr einfachen Geschichte, die völlig ohne Text erzählt wird, irgendwie ein nettes Erlebnis - zumindest wenn man kapiert, dass es eine Story gibt. Ich brauchte eine Weile, um zu bemerken, dass die einzelnen Levels den Lebensweg einer Frau erzählen und konnte erst bei einem zweiten Durchgang alles erfassen. Die Geschichte ist aber ohnehin nur ein netter Bonus und macht das Spiel einfach nur ein kleines Stückchen besser. Insgesamt fand ich Amphora also trotz diverser Schwächen ganz schön für Zwischendurch.
99 Spirits
99 Spirits ist ein Spiel, das ich niemandem empfehlen würde, der nicht eine ordentliche Portion Durchhaltevermögen besitzt. Das Gameplay ist nicht nur allgemein sehr eintönig, sondern braucht auch noch an die drei bis vier Spielstunden, bis man es überhaupt ordentlich nutzen kann. Man schlägt auf blaue Wolkendinger ein, um Hinweise zu bekommen um welches Monster bzw. welchen Gegenstand es sich handelt, verteidigt ein paar Runden lang, um sie schließlich zu identifizieren und danach haut man noch einige Male zu, um den Gegner zu besiegen. Das dauert gerade zu Beginn einfach ewig. Später kann man die Feinde, sogenannte Tsukumogami, noch einfangen und ihre Fähigkeiten nutzen, was die Sache dann etwas besser macht und allgemein etwas mehr Taktik in die Kämpfe bringt, außerdem lässt sich der Identifizierungsvorgang dann auch beschleunigen. Allgemein macht das Ganze aber größtenteils wenig Spaß, vor allem wenn man für bestimmte Quests auch noch bestimmte Tsukumogami braucht, aber ums Verrecken nicht die richtigen findet.
Man merkt dem Spiel an, dass die Entwickler viel erreichen wollten und sich bemüht haben, Abwechslung und Leben in die Geschehnisse zu bringen. Durch das umständliche Gameplay nerven die meisten kreativen Einwürfe aber, obwohl sie unter anderen Umständen durchaus lobenswert wären. So hat man am Ende zum Beispiel wohl eher wenig Motivation, jeden möglichen Gegner mindestens ein Mal zu bekämpfen, weil einem unweigerlich 5 oder 6 fehlen, die per Zufall einfach nicht auftauchen wollen. Dabei gäbe es für einen kompletten Spirit-Index eine spezielle Rüstung als Belohnung, mit der man ein alternatives Ende freischalten kann. Solche Schmankerl sind also gut gemeint, aber ohne viel Frust nicht erreichbar.
Zum Glück gibt es aber etwas, das 99 Spirits zumindest halbwegs spaßig macht: Die Charaktere sind vielfältig, lebendig und sehr liebenswert (wenn auch teilweise ziemlich klischeehaft). Sie erleben auch eine durchaus gute Geschichte, bei der sogar ein paar Entscheidungen getroffen werden können. Dafür hat sich die Erfahrung schon irgendwie gelohnt, aber das Spiel könnte mit flotterem Gameplay wirklich richtig gut sein, was bei mir dann hauptsächlich ein Gefühl des Bedauerns hinterlässt.
Botanicula
Seit ich Machinarium gespielt habe, hatte ich immer Vorbehalte, Botanicula auszuprobieren. Immerhin sind beide Spiele Adventures von denselben Entwicklern und bei Machinarium fand ich die eingebauten Minispiele teilweise höchst frustrierend. Botanicula hat auch eine Menge Minispiele, aber ich kam damit besser zurecht - ich weiß nicht ob sie einfacher waren oder sich einfach besser in die Welt eingefügt haben, auf jeden Fall hatte ich diesmal richtig viel Spaß. An allem!
Die Geschichte ist recht schnell erzählt und wird ohne Dialoge präsentiert: Spinnenartige Wesen saugen einem Baum das Leben aus und gefährden so alle Kreaturen, die darauf leben. Und das sind eine Menge. Es gibt unzählige Fantasiefiguren, die an alle möglichen Tiere oder Pflanzen angelehnt sind. Die Protagonisten ähneln einer Eichel, einem Pilz, einer Feder, einem Zweig und einer...Hülsenfrucht oder geschlossenen Blume? Keine Ahnung. xD Jedenfalls sind sie absolut einzigartig und haben auch alle ihre eigenen Fähigkeiten, mit denen man so manches Rätsel lösen kann. Diese fünf - Mr. Lantern, Mrs. Mushroom, Mr. Feather, Mr. Twig und Mr. Poppyhead - wollen also die Spinnen aufhalten. Es gibt 6 Levels, in denen es als Hauptaufgabe immer etwas zu sammeln gibt. Um an die gewünschten Gegenstände zu kommen muss man in solider Adventure-Manier Rätsel lösen oder eben Minispiele spielen. Beides macht immer viel Spaß, weil die ganze Welt einfach so verrückt ist. Außerdem gibt es in den zahlreichen Screens immer etwas zu entdecken. Den größten Teil in Botanicula wird man damit verbringen, die schon erwähnten, unzähligen Kreaturen zu entdecken. Meist lässt sich ein Bild mit ein paar Klicks regelrecht zum Leben erwecken und die Szenen mit den unterschiedlichen Tierchen sind immer sehr charmant dargestellt. Ich musste wirklich oft schmunzeln und meist hatte ich beim Spielen auch ein Lächeln auf dem Gesicht. Botanicula verbreitet irgendwie gute Laune und macht stets mehr Lust darauf, wirklich alles in dieser bunten Welt finden zu wollen. Wer also etwas mit niedlichem Humor anfangen kann, sollte dieses kleine Adventure auf jeden Fall spielen. Ich persönlich könnte gleich nochmal. ;)
Zu Knights of Pen and Paper wurde übrigens ein Sequel angekündigt ... welches in zwei Monaten erscheint :D Vielleicht bügelt das ja die Schwächen des ersten Teils aus. Kann dann ja mal probieren einen Key zu bekommen um als Versuchskaninchen herzuhalten xD - https://www.paradoxplaza.com/knights-of-pen-paper-2
AntwortenLöschenHülsenrucht sollte sicherlich Hülsenfrucht heißen, nicht? ;P
Ich weiß, aber bisher habe ich nicht den Drang zu überprüfen, ob der zweite Teil dann weniger anstrengend ist. ;)
LöschenUnd danke, ich überlese solche Fehler beim Korrigieren viel zu oft. °o°