Samstag, 28. März 2020

Baten Kaitos Origins


Vor vielen, vielen Jahren bin ich eher zufällig auf Baten Kaitos: Eternal Wings and the Lost Ocean gestoßen und habe es geliebt. Ein totaler Überraschungshit, da es ein JRPG war von dem ich vorher noch nie gehört hatte, und immer noch eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Natürlich musste ich da zusehen, dass ich den Nachfolger bzw. das Prequel irgendwie in die Finger bekomme, obwohl Baten Kaitos Origins in Europa nie erschienen ist. Der Freeloader für den Gamecube machte es aber möglich, und so stürzte ich mich schon vor einiger Zeit ein weiteres Mal in die Welt, die mich schon beim ersten Mal verzaubert hatte. Und auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich an einiges aus Eternal Wings nicht mehr erinnert habe, und mein Blogpost von damals 2012 dazu so mies ist, dass ich ihn nicht mal verlinken möchte (:'D), bin ich mir doch ziemlich sicher, dass Baten Kaitos Origins in fast allen Belangen besser ist als sein Vorgänger. Ergo, es ist für mich definitiv eines der besten JRPGs, das es gibt. Man beachte die Herzen, die ich aufs Logo gemalt habe. xD

Zwar habe ich von Anfang an fast jede Minute von diesem Spiel genossen, dachte aber eine Zeit lang nicht, dass ich es über Eternal Wings einreihen würde können. Hauptsächlich weil ich davon ausging, dass mir die Auswahl an mehreren Partymitgliedern fehlen würde, weil es in Origins nur drei gibt, mit denen man eben ständig unterwegs ist. Und zusätzlich dazu hatten die alle dasselbe Kartendeck für die Kämpfe, wo ich doch ein eigenes Deck für jeden bevorzugt hätte.
Ich gehe jetzt zuerst auf den zuletzt genannten Punkt ein, bei dem ich mir immer noch nicht sicher bin, was denn jetzt besser für meinen Geschmack gepasst hätte. Spaß macht das Kampfsystem in Origins nämlich trotzdem total. Nach wie vor reiht man für Angriffe Karten aneinander, die zufällig aus dem Deck gezogen werden. Die nummerierten Karten von 1-3, die normale Attacken darstellen, kann man in aufsteigender Reihenfolge hintereinander spielen, um Manapunkte für stärkere Fähigkeiten (nummeriert von 4-7) anzusammeln. Zusätzlich dazu gibt es die Karten, die eine Null tragen und Ausrüstungsgegenstände, also Waffen und Rüstungen, darstellen. Von diesen kann man zu Anfang einer Kette je nur eines ausrüsten und so lange tragen, bis die Nutzungen aufgebraucht sind oder man den Gegenstand wechselt. Und dann gibt es noch normale Items ohne Zahl, wo man eben auch nur eines pro Runde ausspielen kann - das sind zum Beispiel Heiltränke.
Das alles spielt sich im Kampf extrem dynamisch, und es gibt vielerlei kleine Kniffe, zum Beispiel spezielle Kombos, die durch das Nutzen von Karten mit demselben Element entfacht werden. Langweilig wird es wirklich nie, noch dazu weil man den Gefechten auf den Karten auch relativ einfach ausweichen kann, sollte man mal keine Lust auf einen fetzigen Kampf haben. Meist stellte sich bei mir bei längeren Story-Sequenzen allerdings oft gleich wieder das Gefühl ein, dass ich jetzt eigentlich schon mal wieder gerne was zermetzeln würde. Der Grund dafür waren aber eben immer die spaßigen Kämpfe, und nicht etwa, dass die Geschichte irgendwie langweilig oder irrelevant wäre. Nein, sie ist richtig gut.

Okay, zugegeben, vor allem nach dem ersten großen Knall ganz zu Anfang trug bei mir schon auch viel Nostalgie dazu bei, dass ich einfach nur ausgezeichnet unterhalten war.
Das Spiel spielt so zwanzig Jahre (?) nach Eternal Wings und erzählt die Geschichte von einem Jungen namens Sagi, der wie schon Kalas im Vorgänger einen Schutzgeist als Begleiter hat - den Spieler. Sagi arbeitet für eine Einheit des Imperiums (Alfard), den Dark Service, um seine Mutter finanziell zu unterstützen. Der Dark Service soll den derzeitigen Imperator heimlich ermorden, jemand kommt ihnen aber zuvor und zu allem Überfluss wird Sagi das Verbrechen in die Schuhe geschoben. Glücklicherweise findet er aber einen mächtigen Verbündeten in Quaestor Verus, einem hohen Tier in Alfard. Diesem soll er helfen, die bevorstehende Wahl zum nächsten Imperator zu gewinnen und seinen Konkurrenten Lord Baelheit aufzuhalten, der seine ganz eigene Linie auf dem Weg zum neuen Staatsoberhaupt verfolgt - nämlich die Magie und Magnaessenzen (was die Karten darstellt) gänzlich zu entfernen und durch Maschinen zu ersetzen. Für diese Dienste wird Sagi des Morges am Imperator quasi freigesprochen.
So weit so gut. Man reist dann nach und nach die Kontinente ab, um für Verus Unterstützung bei den einzelnen Herrschern zu erhalten und die "Promachination" aufzuhalten.
Hier ist es eben lange Zeit so, dass vor allem die Nostalgie einen so richtig bei der Stange hält. Also versteht mich nicht falsch, die ganzen Reisen sind voll mit interessanten Geschichten, tollen Nebencharakteren und Tonnen von Nebenaufgaben. Die Dungeons sind alle extrem vielfältig und kreativ - in jedem gibt es einen anderen Kniff oder ein anderes Thema, aber gleichzeitig sind sie kurzweilig genug um nicht nervig zu werden. Für die einzelnen Inseln wird sich sehr viel Zeit gelassen, um NPCs aufzubauen, eine Bindung mit ihnen herzustellen oder einfach zu erkunden, was sich in den Jahren bis zur Handlung von Eternal Wings noch ändern muss, damit dann alles so wird wie es man kennt. Beispielsweise erlebt man König Ladekahn von Diadem in seiner Kindheit, wie er aufgrund der Ereignisse von einem Rotzlöffel zu einem verantwortungsvollen Herrscher werden muss - das waren auf CD 1 vermutlich meine Lieblingsszenen.
Ich glaube dennoch, dass man all das nochmal mit anderen Augen erlebt, wenn man den Vorgänger nicht kennt. Origins unterhält einen immer gut, aber es ist für komplette Neulinge in der ersten Hälfte vielleicht zumindest nicht außergewöhnlich.

Von Anfang an schwingt außerdem ein gewisses Mysterium mit, das den Endboss vom ersten Teil betrifft, und der zentrales Thema der Geschichte in der Welt von Baten Kaitos ist: Der Gott Malpercio. Auf seinen Reisen trifft Sagi immer wieder auf Kreaturen, die "Malpercio's Afterling" genannt werden, und hinter denen Lord Baelheit anscheinend auch her ist. Jedes Mal wenn wir die Promachination aufhalten wollen, treffen wir auch auf einen Afterling, und Sagi bekommt jedes Mal Kopfschmerzen, wenn dieser verletzt wird... und befindet sich dann plötzlich in einer ganz anderen Welt. Was das alles bedeuten soll, ist wahrscheinlich für jeden Spieler interessant, aber für Kenner von Eternal Wings schwingt da bestimmt noch eine größere Bedeutung mit. Alleine der Moment wenn man erkennt, dass man in der Vergangenheit sein muss, weil die Welt als Ganzes noch auf dem Boden ist, ist echt unbeschreiblich. Baten Kaitos-Veteranen kennen nichts anderes als die schwebenden Inseln und die Geschichte vom Krieg vor so vielen Jahren, als Malpercio die Erde mit seinem Kampf gegen die Götter so verseuchte, dass eben die Kontinente in die Luft erhoben werden mussten. Und das ist einfach so, so toll! Am Ende von Eternal Wings wird man Zeuge davon, wie die Inseln nach Malperiocs Niederlage wieder herabsinken, der Ozean zurückkehrt und sich die Welt grundlegend verändert. Sollte man nun etwa hautnah erleben, wie es überhaupt dazu kam?
Ooooh ja, denn die Vergangenheit besucht Sagi immer wieder und erlebt auch dort einiges, sodass man nicht nur dem Ursprung von Malpercios Macht auf die Spur kommt, sondern auch eine Bindung zu den Charakteren dort herstellt. Und für mich persönlich gab es in einer dieser Episoden übrigens auch einen der besten Plottwists, den ich je erlebt habe. Ich saß selten so ungläubig staunend, mit Gänsehaut und offenem Mund (und gleichzeitig heulend) auf meiner Couch wie vor diesen Szenen. Aber das ganze Spiel hat, vor allem dann auf CD 2 nochmal, viele Plottwists, die wirklich gut sind und nicht billig wirken, oder gar unpassend platziert weil sie nicht zum Nachfolger passen würden. Insgesamt ist diese Geschichte düsterer als die von Eternal Wings, was aber auch logisch ist wenn man schon weiß, was die Zukunft noch bringt. Aber obwohl einem bestimmte Dinge klar sind, zum Beispiel dass das Imperium trotz aller Bemühungen gegen Baelheit einige Jahre später immer noch "böse" ist, ist der Weg, der dann dorthin führen muss, nie langweilig oder kommt einem irrelevant vor. Das muss man mal hinkriegen.

Ich tue aber ja die ganze Zeit so, als wären Sagi und sein Schutzgeist alleine unterwegs, aber ich habe mir das Beste halt bis zum Schluss ausgehoben. Die anderen beiden Hauptcharaktere Guillo und Milliarde begleiten den Protagonisten die ganze Zeit über, und die beiden sind einfach genial. Es gibt richtig viele Interaktionen zwischen der Gruppe, und vor allem die Dynamik zwischen Milly und Guillo ist ganz, ganz außergewöhnlich toll. Man liebt diese Gruppe, jeden einzelnen von ihnen, und - um darauf einzugehen, dass ich zu Beginn etwas traurig war keine größere Truppe zu bekommen - man möchte nicht dass sich daran jemals etwas ändert. Außerdem haben alle drei Hauptcharaktere bis zum Schluss immer noch persönliche Geheimnisse zu bieten, keiner ist oberflächlich oder uninteressant, sie entwickeln sich ganz logisch und natürlich weiter, halten immer mehr zusammen und sind einfach ein beispielloses Exempel einer richtig guten RPG-Party. Das ist meiner Meinung nach die größte Stärke des Spiels, der auch Neueinsteiger nicht widerstehen werden können.
Allgemein sind die Dialoge alle aber ziemlich gut, und vor allem auch echt gut vertont. Ich erinnere mich nicht mehr an die - anscheinend als schlecht bekannte - Synchro des Vorgängers, aber hier musste ich vor allem bei Milly immer und immer wieder staunen, was die Sprecherin für einen perfekten Job abgeliefert hat, und diese Qualität zieht sich durch die meisten Vertonungen.
Und auch die Nebencharaktere bekommen eben alle richtige Persönlichkeiten. Wenn wir das hier mit Final Fantasy XIII vergleichen - ich kenne haufenweise Namen auswendig von NPCs, die es im ersten Teil aber noch nicht gab. Bein, Celcica, Rambari, Gena, Valara, Heughes, Nasca, Ven, Seph, Thoran, Pieda, Palolo, Lolo und so weiter, sie alle haben einen Platz in meinem Herzen. Genauso wie die meisten Ortschaften. Überraschenderweise nutzt es sich nicht ab, bereits aus Eternal Wings bekannte Gebiete wieder zu besuchen. Da kommt wirklich eher ein Gefühl von Nostalgie auf, wenn man sich erinnert was damals an diesem oder jenem Ort passiert ist (bzw. in der Geschichte ja erst noch passieren wird), weil man ansonsten eh mit all den neuen Aufgaben beschäftigt ist, die es zu erledigen gibt.

Alleine das Sammelsystem der Karten hat halt schon echt so einen Suchtfaktor. Neben den Karten zum Kämpfen, die schon sehr vielseitig sind, hat man halt auch noch "Quest"-Magnus, wovon es auch haufenweise Exemplare gibt. Das sind so Dinge, die man in der Umgebung findet und deren "Essenz" man "einfangen" kann, um sie als Karten mitzuschleppen. Eine Flamme zum Beispiel, oder Äpfel. Diese Items haben im Menü oft einen Einfluss auf irgendwelche Stats - Äpfel erhöhen Beispielsweise die HP, werden aber mit der Zeit schlecht und müssen dann weggeworfen werden. Außerdem kann man viele von ihnen auch zusammenmischen, wofür man eigene Rezepte überall auf der Welt finden oder halt selbst herumprobieren kann. Das alleine ist schon sehr motivierend. Dann gibt es aber auch noch ein Kolosseum, in dem man sich zum Champion hochkämpfen kann (und die Umgebung dort reagiert dann auch entsprechend darauf), eine versteckte Stadt, die man wieder aufbauen kann und haufenweise Fetchquests oder auch längere Nebenquest-Reihen. Ich schwöre, es gibt immer etwas zu tun, auch wenn man gerade nicht der Haupthandlung folgt.


Nun, gibt es denn überhaupt auch ein paar Kritikpunkte von mir? Also die Musik kann es schon mal nicht sein, weil die im schlechtesten Fall einfach passend, und in den besten Fällen richtig gut ist. Grafisch ist es auch sehr schön, vor allem halt natürlich die Umgebungen und Hintergründe.
Okay, der Enddungeon war eigentlich echt schlimm, da er nicht nur richtig schwer ist, sondern ich mich auch ungefähr zwei Stunden lang darin verlaufen habe ohne weiter zu kommen und speichern zu können. Nicht nur die Kämpfe sind da relativ anspruchsvoll, es gibt auch Geschicklichkeitseinlagen, um sich gegen Ende die Kämpfe etwas zu erleichtern, und die sind direkt aus der Hölle. Ich weiß nicht, warum ich nicht frustrierter war, weil das defintiv der Tiefpunkt des gesamten Spieldurchlaufs war. Allgemein hat Origins einige Difficulty-Spikes, für die ich aber aufgrund hoher Motivation meist ziemlich überlevelt war, wodurch sich das alles in Maßen hielt.
Aber alle anderen Sachen, die mir nicht ganz so gefallen haben, betreffen Kleinigkeiten in der Geschichte, was ich gar nicht mal so recht als Kritik betitelt will, da der Rest halt einfach so gut ist.^^
Aber (fette Spoiler).

- Ich fand komisch, dass Baelheit zum Imperator gewählt wurde obwohl er Sagis Mutter vor den Augen aller ihre Flügel entrissen hat. Und das war offensichtlich eine extrem schmerzhafte Sache. Also ich hätte Baelheit danach sicher nicht gewählt. Was auch Verus, der das eigentlich inszeniert hatte, gehofft hatte. Da haben wir wohl die Grausamkeit der Bürger beide unterschätzt.
- Für mich war die Vergangenheit immer eine Sache, die nicht verändert werden konnte. Sagi hat die Ereignisse durch die Augen von Marno gesehen, konnte aber natürlich nichts aktiv beitragen, weil die Geschichte offensichtlich damit enden musste, dass Maplercio die Erde verseucht. Eternal Wings und so. Es gab auch nur einen Moment, wo diesem Prinzip nicht gefolgt wurde, und das was als wir Wiseman (übrigens krass gute Stimme und allgemein ein erinnerungswürdiger Bösewicht) in der Vergangenheit besiegen konnten. Meiner Meinung nach hat das Überleben von Wiseman dazu geführt, dass Hassaleh ungeplant mit den anderen Inseln in die Luft steigen konnte, und wenn wir ihn umgebracht haben, dürfte es das dann nicht mehr geben (äh, tut es in Eternal Wings auch nicht, was ist damit passiert?)
- Queen Corellia. Habe ich die im ersten Teil auch so kacke gefunden? Blöde Ische.

Die oberen Punkte (außer der mit Corellia) sagen zumindest aber aus, dass es in der ganzen Geschichte viel zu überlegen gibt, einige Verbindungen herzustellen sind und man aber eben nicht alle Informationen ins Gesicht gedrückt bekommt. Was mir wiederum gefällt. Ich kann noch wochenlang über dieses Spiel nachdenken, ohne dass mir langweilig wird oder ich dieses Gänsehaut-Feeling verliere.


Also, es ist ein rundum gelungenes JRPG. Ich würde wirklich jedem raten, sich trotzdem erst Eternal Wings und the Lost Ocean anzusehen, um wirklich die volle Tragweite von allem zu verstehen. Aber auch etwas subjektiver gesehen ist Baten Kaitos Origins einfach ein wirklich gelungenes Spiel.
Das wird dieses Jahr schwer zu schlagen sein.

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