Montag, 2. September 2024

Dreamfall Chapters


Ooooh Boy. Da ist eine lange Reise für mich zu Ende gegangen. The Longest Journey war eines meiner ersten PC-Spiele überhaupt, und ist immer noch eines meiner absoluten Top Titel aller Zeiten. Viele, viele Jahre später erschien Dreamfall, eine Fortsetzung, die es überhaupt nicht gebraucht hat. Es war ein recht durchwachsenes Erlebnis, bei dem mir vieles nicht gefallen hat, aber es war trotz aller Widrigkeiten irgendwie mitreißend. Das war sehr seltsam für mich, weil ich es sowohl als eine schlechte Fortsetzung, als auch ein schlechtes Adventure wahrgenommen habe - und irgendetwas mochte ich daran aber trotzdem sehr. Nun, noch viel mehr Jahre später, habe ich also Dreamfall Chapters gespielt, und es hatte eine ähnliche Wirkung auf mich. Okay, es ist vielleicht schon ein Sequel, das man durchaus brauchen konnte, nachdem Dreamfall selbst irgendwie sehr offen und komisch geendet hat. Und insgesamt macht Chapters viel, viel mehr richtig als noch sein Vorgänger. Es ist nur als Spiel im The Longest Journey Universum irgendwie weiterhin... schwierig. Und es ist auch in Bezug auf das Gameplay immer noch nicht gut. Aber die absolut übertriebene Dramatik funktionierte irgendwie trotzdem für mich, sogar die hier viel häufigeren Verbindungen zum ersten Spiel konnten mich kriegen, obwohl das alles insgesamt schon ziemlicher Bullshit war.


Also gut, ohne Kian und seine Geschichte hätte ich vermutlich fast alles scheiße gefunden. ;0 Er ist gerade der, der nicht wirklich viel mit den sonstigen Ereignissen der anderen Spiele und diesem ganzen Shifter- und Dreamer-Kokolores zu tun hat. Er ist einfach nur ein Dude, der seine völkermordenden Brüder hinter sich gelassen hat, um mit den Rebellen gegen die Ungerechtigkeiten in Marcuria zu kämpfen. Und das ist eine wunderbare Entwicklung, eine schöne Reise und ein dramatisches Abenteuer, das innerhalb dieses Plots aber immer recht bodenständig bleibt und Sinn ergibt. Das Spiel hätte für mich als eigenes, in dem es nur um Kian geht, auch funktioniert. Vielleicht sogar besser. Er ist das strahlende, äh, Luftschiff, das den Rest von Dreamfall Chapters einarmig nach oben hebt. Oder irgendwie so. xD
Zwar gab es auch bei Zoe nicht zu wenig Action und Spannung, aber ich war nicht wirklich mit derselben Leidenschaft dabei, weil sie selbst mich jetzt auch echt nicht sonderlich interessiert hat. Durch ihr Koma hat sie irgendwie auch ihre Persönlichkeit verloren, und am besten fand ich ehrlich gesagt die Sachen, die auch eher "magischer Natur" waren, wie ihre eigenen Parts in Marcuria, vor allem das Treffen mit der Baba Yaga, und alles was mit April Ryan zu tun hatte. Denn eines muss ich Dreamfall Chapters lassen, diesmal (im Gegensatz zum zweiten Teil) wurde so richtig mit der Nostalgiekeule geschwungen, und das hat auch oft gut funktioniert. Zumindest bis man über eine völlig hanebüchene, unnötige Reinkarnations-Geschichte, die überhaupt keinen Sinn gemacht hat, einen Kreis zu The Longest Journey geschlagen hat, der mich ein bisschen salty gemacht hat.
Aber ja okay, äh, fangen wir diesen Post also einfach mal völlig zusammenhanglos mit meiner Meinung an, statt das Spiel überhaupt mal zu beschreiben. xD Ja, auch jetzt gehen die Gefühle noch mit mir durch.


Also. Grundsätzlich gibt es in den Spielen zwei Welten: Arcadia, die Welt der Magie, und Stark, die Welt der Technik - Stark ist natürlich eigentlich unsere Welt, allerdings in einer fernen Zukunft.
In The Longest Journey kommt eine Bewohnerin Starks namens April Ryan unfreiwillig nach Arcadia und erfährt, dass sie zwischen den Welten hin- und herreisen kann. Ihre Aufgabe ist es, die Balance zwischen diesen beiden wiederherzustellen - Arcadia wird von einer übermächtigen Bedrohung heimgesucht, und Stark könnte ohne diesen Gegenpart auch nicht mehr existieren. Und eigentlich hat das Abenteuer einen guten, runden Abschluss.
In Dreamfall gibt es eine völlig neue Bedrohung für beide Welten. In Arcadia hat ein menschliches Volk, die Azadi, angefangen, gegen die Magie und magische Wesen vorzugehen. April, die nach ihren Abenteuern keinen Weg mehr nach Hause gefunden hatte, ist eine ( relativ unsympathische) Rebellenanführerin in der magischen Stadt Marcuria geworden, und versucht dort wieder alles ins Lot zu bringen. Kian, selbst ein Azadi, soll eigentlich die Methoden seines Volkes forcieren, erkennt aber das Unrecht dieses Weges, als er April kennenlernt.
In Stark deckt unterdessen ein Mädchen namens Zoe eine große Verschwörung auf: Ein schier übermächtiger Konzern namens WATI Corp. hat eine Maschine erfunden, mit der Menschen ihre Träume steuern können. Diese werden nicht nur abhängig nach dieser Flucht aus der Realität, es kommt dann auch heraus, dass die Firma durch die Geräte Gedankenkontrolle ausübt. Zoe hat die einzigartige Fähigkeit, ohne die sogenannte "Dreamachine" ihre Träume steuern, und kann über diese schließlich auch nach Arcadia reisen.
Allerdings endet das Spiel mit Aprils Tod, Kians Verhaftung und Zoe im Koma, und man erfährt überhaupt nicht was all diese Dinge eigentlich miteinander zu tun haben könnten.
Hier schafft Dreamfall Chapters natürlich Abhilfe. Also, ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie viel da von vornherein durchdacht wurde - vermutlich nicht allzu viel - und deshalb sind die Auflösungen voll von komplizierten Kauderwelsch und over-the-top Deus-Ex-Machinas.


In Dreamfall Chapters erwacht Zoe aus ihrem Koma und versucht eigentlich nur, sich daran zu erinnern, was davor gewesen ist. Sie wird dabei ganz automatisch in weitere Verschwörungen hineingezogen, die sich weiterhin um große Konzerne, wahnsinnige Wissenschaftler, aber auch korrupte Politik drehen. Sie kommt später im Spiel auch nochmal nach Arcadia (mit Abstand ihre besten Parts im Spiel, wirklich), eigentlich aber nur um ihre eigenen Dreamer-Fähigkeiten noch zu verstärken - denn ihre Aufgabe ist es natürlich schlussendlich, Stark zu retten, während Kian für Arcadia zuständig ist.
Dieser muss sich nun, nachdem April tot ist und die Rebellen geschwächt sind, in einer Rolle einfinden, die er nie haben wollte - eben in die eines Anführers der Gruppe, die er früher eigentlich zerstören hätte sollen. Die Rebellen sind toll. Die Charaktere, die man ausführlicher kennenlernen darf, habe ich richtig ins Herz geschlossen. Vor allem Enu und Likho, die Anfangs nicht nur Fremde, sondern im Fall von Likho eigentlich Todfeinde sind, wachsen gemeinsam mit Kian auf seiner Reise, und am Ende ist es rührend und authentisch, wie sehr sie zu Freunden geworden sind - wenn sie nicht gestorben sind, hahaha.

Entscheidungen sind nämlich diesmal das Hauptelement beim Gameplay. Zum Glück wurden beschissene, halbgare Kämpfe und wiederholte Schleicheinlagen gestrichen. Stattdessen trifft man eben sehr viele Entscheidungen, die sich tatsächlich ziemlich unvorhersehbar und cool entwickeln, und bei denen auch oft wirklich nicht klar ist, was die beste Antwort ist. Viele Wege, die man einschlagen kann, haben ihre eigenen Vorteile und Nachteile, und man kann nicht einfach nur das auswählen, von dem man denkt, es wäre die moralisch richtige Wahl. Das hat mir echt sehr gut gefallen.
Naja, und das andere Gameplay-Element, das man sonst noch am meisten macht, ist Herumlaufen.
Oh Gott, die Laufwege! D: Es vergehen oft Minuten, in denen man nur von einem Punkt zum anderen latscht, und das ständig. In Europolis, der Stadt in der Zoe lebt, ist das besonders schlimm, weil es hier auch noch mehrere Ebenen und teils abgesperrte Wege gibt. Pfui, Spiel, das macht wirklich niemals irgendjemandem Spaß!


Gut, aber ich war eigentlich ursprünglich immer noch bei der Erzählung, worum es überhaupt geht.
Also Kian muss schließlich natürlich in Arcadia versuchen, eine Katastrophe zu verhindern, und Zoe in Stark: Beide Seiten haben ein paar Verrückte gefunden, die dafür sorgen wollen, dass die Welten zusammengeführt werden (und Magie dadurch nicht mehr existieren soll), was sie natürlich zerstören würde. Aber in der Hoffnung auf ein völlig neues, besser Leben ohne Leid und wasweißich, wollen die diversen Antagonisten das eben.
Es wurde hier übrigens vollkommen ungeschickt einiges aus dem vorherigen Teil so irgendwie weitergeführt, weshalb ich eben glaube, dass die Geschichte noch nicht bis zum Ende durchdacht war. In Dreamfall sieht man bereits, dass Brian Westwood vom Undreaming befallen wurde, und damit quasi böse geworden ist, und dann haben sie einen Mega Plottwist daraus gemacht. o.ô Gleichzeitig haben sie über Reza, Zoes Freund in Stark, nur kurz in zwei Sätzen erklärt, dass er einer Gehirnwäsche unterzogen wurde - im vorigen Spiel war das total krass, ihn am Ende da sitzen zu sehen, obwohl er eigentlich tot sein hätte sollen. Ich war damals richtig aufgeregt! Naja, war wohl nichts.
Und am schlimmsten ist natürlich Saga. Ohne Saga hätten unsere beiden Protagonisten trotz aller erheblicher Mühen überhaupt nichts geschafft, und das Schlimmste daran ist - nein Moment, ich weiß gar nicht was das Schlimmste ist, es gibt so viele Sachen.
Also erstens eben ihre Eigenschaft als Deus Ex Machina, die das dramatische Ende doch noch zu einem guten wenden kann. Es ist nervig, dass sie ständig sagt, sie ist da, weil die Geschichte nun mal so geschrieben ist, und blablabla, kryptischer Scheiß, sie kennt niemanden und kann nichts, aber eigentlich weiß sie alles schon 108 Jahre im Voraus. Boah.
Saga spielt man immer mal wieder in kurzen Segmenten, und das waren gameplaytechnisch die aller nervigsten!! Ihre Synchronstimme war auch schrecklich. Ich mochte sie also schon nicht, bevor ich überhaupt wusste, was mit ihr ist. Und diese Sache mit ihrem Wunsch, Singer-Songwriter zu werden. Damit haben sie noch eine dritte, komplett andere Eigenschaft einfach dazu erfunden (also zu Shifter und Dreamer) - Saga kann irgendwie die Songwaves lesen oder reiten oder was auch immer, ich habe keine Ahnung!! Sie hätte auch einfach shiften können, wenn sie ohnehin schon so irgendwie die halbe Reinkarnation von April sein soll!! Waaah, ich merke, wie ich mich in Rage schreibe, ich hasse einfach ALLES an dieser Sache!
Hätte man Saga nicht einfach weglassen und komplett streichen können, hätte nicht Aprils Geist sie noch leiten können, wenn der eh sowieso auch schon vorgekommen ist? Oder sich was anders überlegen, wie Zoe und Kian zusammen ihre jeweils eigenen Welten retten, zum Beispiel über schon exisiterende Fähigkeiten wie das Träumen??
Aber nein, die beiden begegnen sich in Arcadia unlogischerweise überhaupt nicht, obwohl sie zur selben Zeit (zumindest kurz) in Marcuria sind - da muss erst eine Ische kommen, die ein Tor öffnen muss, damit die zwei 5 Minuten lang kommunizieren können.


Und warum das alles? Weil in The Longest Journey bereits eine Szene vorkommt, die eigentlich bestätigt, dass April ein hohes Alter erreichen wird, und ihrem jüngeren Selbst aus dem ersten Spiel helfen kann. Da haben die Trottel wahrscheinlich nicht drüber nachgedacht, als sie April aus überdramatischen Gründen einfach sterben haben lassen, oder?
Selbst wenn, haben sie sich wahrscheinlich nur gedacht - irgendwie werden wir das schon erklären, da geht so viel unlogischer Scheiß in unseren Spielen ab, da macht das auch keinen Unterschied mehr.
Aber doch, für mich macht es den ganz extrem. Es macht keinen Sinn, dass Saga dort mit Crow sitzt, der übrigens in Dreamfall Chapters auch eigentlich stirbt. Also was ist da jetzt? Kann Saga magische Kreaturen wiederbeleben, shiften, alle Geschichtsstränge sehen (was übrigens nicht mal der "Storyteller" höchstselbst kann), aber sie kann in dem Moment, wo es wichtig ist, nur zwischen Zoe und Kian ein Portal öffnen, dass sie nicht mehr als ein paar Minuten halten kann, weil ihre Kräfte zu gering sind? Was soll sie ganze Scheiße???

Okay gut, jetzt nehme ich mir ein paar Minuten und beruhige mich wieder.
Also fassen wir zusammen:
Ist Dreamfall Chapters eine gute Fortsetzung? Naja, besser als Dreamfall, aber damit hat das Unglück ja schon seinen Lauf genommen.
Ist Dreamfall Chapters ein gutes Spiel? Naja, die Entscheidungen sind mitunter die am besten gemachten, die ich bisher je in einem Spiel gesehen habe, aber abgesehen davon gibt es nicht viel, was dafür spricht.
Es ist wirklich alles ein bisschen seltsam. Kians Weg ist einfach in allen Belangen ziemlich gut gelungen, und man fiebert mit ihm, und einigen Charakteren, die er so trifft, wirklich mit. Es gibt mehrere Highlights, das Gefangenenlager in Ge'en war wirklich harter Tobak, die ganze Beziehung mit Likho ein wilder Ritt, und die Versöhnung mit Hami ein absolut toller Moment. Klar sind viele Sachen wirklich überdramatisch und manchmal dabei unfreiwillig komisch, aber irgendwie trotzdem auf eine Art und Weise, dass man entweder mitgerissen wird oder wenigstens herzlich lachen kann.
Bei Zoe hingegen hat mich keiner der Charaktere interessiert, die sie als ihre Bekannten und Freunde bezeichnen wollte. Vielleicht liegt es auch an ihr selbst, dass sie nach ihrem Koma quasi ein weißes Blatt Papier ohne richtige Eigenschaften war, und deshalb waren Bindungen auch für den Spieler nicht wirklich greifbar. Aber ihre Parts haben mich meistens einfach nur gelangweilt - und das obwohl da teilweise echt auch der Shit abgegangen ist. Ich meine, ich wollte nicht mal auf, äh, wie war ihr Name? Die eine halt, die sich selbst in die Luft sprengt. Also auf die wollte ich nicht mal zulaufen, weil ich sie nicht wirklich retten wollte und dachte, "Mach halt wenn du meinst".
Mit Crow und Enu hat Zoe dann aber plötzlich wieder besser funktioniert, also hatte sie vielleicht einfach das Pech, die schlechteren Charaktere an ihre Seite zu bekommen? Wobei Crow auch so ein zweischneidiges Schwert war - immer sehr gefährlich an der Grenze, ziemlich nervig zu sein. Er hatte schon auch seine Momente, aber wenn ich ihn nicht seit dem ersten Teil kennen, und vor allem dort auch lieben gelernt hätte, weiß ich nicht wie nachsichtig ich noch mit ihm gewesen wäre. Es war etwas zu viel... Slapstick.


Also ich würde Dreamfall Chapters nicht wirklich weiterempfehlen, obwohl ich emotional wirklich voll, voll dabei war. Ich selbst hatte vor allem wegen der Entscheidungen, und wegen Kian, trotzdem extrem viel Spaß beim Spielen und habe auch meinem Freund wirklich aufgeregt von all den Sachen erzählt, die mir auf diesem Weg untergekommen sind. Aber. Wer The Longest Journey kennt, sollte damit einfach aufhören und nicht weiter in diese Reihe eintauchen. Glaubt mir, ihr werdet enttäuscht sein. Wer noch nichts kennt, der sollte Dreamfall Chapters auch nicht für sich alleine spielen, denn auch wenn alle vergangenen Ereignisse an irgendwelchen Stellen schon erklärt werden, hat man einfach nicht die nötige Bindung (vor allem für die extreme The Longest Journey Nostalgie, die hier stattfindet) und auch nicht das nötige Detailwissen, um sich so mitreißen lassen zu können wie ich. Eigentlich kann man es wirklich nur Leuten empfehlen, die The Longest Journey UND Dreamfall kennen. Denn dann lohnt es sich, weil man das Schlechteste schon gesehen hat, und hier wenigstens noch ein paar nötige Verknüpfungen und vor allem Spaß mit Kian erleben kann.
Na also. Ja, so machen wir das. Ich hatte eine gute Zeit, und wer die ersten beiden Spiele bereits kennt, sollte dieses nicht auslassen. Alle anderen: Ne.

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