Samstag, 22. Januar 2022

Oxenfree


Das ist jetzt nach Pokémon Mond das zweite Spiel dieses Jahr - und dabei nicht das letzte, das kann ich jetzt schon über Skies of Arcadia Legends sagen - bei dem ich so zwiegespalten zurückgelassen wurde, dass ich mir mit einer ordentlichen Wertung schwer tue. 
Ich hatte relativ hohe Erwartungen an Oxenfree, war in einem ersten Impuls aber erst einmal ein bisschen enttäuscht. Vorrangig, weil ich alle Charaktere instant unsympathisch fand. Außer Jonas. Also, Alex die Protagonistin auch nicht, aber deren Charakter hatte sich ja noch gar nicht gebildet, da ich das zu großen Teilen selbst bestimmen können würde.
Zusätzlich dazu konnte man sofort sagen, dass spielmechanisch alles ziemlich... gemächlich ablaufen würde und ich hatte die Befürchtung, dass Gespräche von Leuten, die ich nicht leiden kann mich zu wenig davon ablenken würden - kurz gesagt: ich hatte gleich mal Angst mich übelst zu langweilen. 
Dies war aber dann ungerechtfertigt, zumindest was die Geschichte und Atmosphäre und vielleicht sogar die Charaktere anging - ich glaube dass Jonas sie irgendwann alle bis zu einem Punkt rübergerettet hatte (da meine Zuneigung zu ihm alles andere überschattet hat), bis ich sie alle tatsächlich auch mehr mochte. Im Prinzip war meine Hauptmotivation eine "gute" Alex zu spielen in meinem ersten Durchgang hauptsächlich Jonas, heh.
Aber wie auch immer, das ist eigentlich ein Detail für den Moment nachdem ich überhaupt mal erklärt habe worum es in Oxenfree überhaupt geht. 

Ich glaube am ehesten ist das Spiel noch eine Mischung aus Adventure und Walking Simulator, wobei eigentlich die Entscheidungen bei Dialogen (und manchmal Aktionen) die größte Rolle spielen. 
Ein Mädchen namens Alex fährt per Fähre auf eine ihr aus ihrer Kindheit bekannte Insel um sich mit Freunden zu treffen. Die Insel ist dabei bei Nacht völlig unbewohnt - sie ist eigentlich mehr ein Tourismusort wo das Personal oder Gäste halt zum Arbeiten oder Flanieren hinfahren aber nicht dort leben oder bleiben. Der perfekte Ort also um sich als Teenager dort in einer kleinen Gruppe hemmungslos zu besaufen. Die Gruppenkonstellation ist allerdings ziemlich seltsam, da es sich bei den 5 Charakteren kaum um Freunde handelt. Alex, Ren, Jonas, Clarissa und Nona heißen sie, und befreundet sind genau genommen nur Clarissa und Nona, sowie Alex und Ren (wobei das schon Auslegungssache ist, weil man sich ihm gegenüber echt kacke verhalten kann). Jonas ist der neu "dazu verheiratete" Stiefbruder von Alex und kennt niemanden, und Clarissa scheint Alex sogar regelrecht zu hassen! Ja, also da kann mir erst mal keiner verdenken, dass ich irgendwie vor den Kopf gestoßen war - ich fand Ren nervig, Nona sagte kaum ein Wort und Clarissa... naja... soll man sicher erst mal auch nicht mögen. Ich war also auch entsprechend biestig zu allen außer Jonas - und hier spielen eben die Dialoge eine große Rolle. Man kann eigentlich jeden Satz, den Alex von sich gibt, selbst entscheiden. Natürlich aus drei Auswahlmöglichkeiten, die manchmal nicht extrem unterschiedlich sind, aber meist schon ein Gespräch in unterschiedliche Richtungen lenken können. Während man viel über sich selbst und die anderen erfährt hat das teils auch Einfluss auf die Geschichte, hauptsächlich aber auf das Verhältnis, das man dann gegen Ende und im Epilog zu den anderen noch hat. Also bei mir hatte Alex bei meinem ersten Ende mit niemandem mehr Kontakt außer Jonas, dabei bin ich wirklich mit der Zeit netter zu allen geworden. Habe aber wohl eben da an diesem Anfang wohl gleich relativ viele Sympathien verspielt. xD 
Wie auch immer, es gibt natürlich auch eine übergeordnete Geschichte, die neben den Charakterinteraktionen eine große Stärke von Oxenfree ist. 

Durch irgendwelche Radiowellen kommuniziert Alex unabsichtlich mit Geistern, die ihr und den anderen nachfolgend nicht nur Testaufgaben stellen oder mit der Umgebung Schabernak treiben, sondern Einblicke in die Vergangenheit gewähren können und sogar die Körper der Teenager übernehmen. Zuerst hatte ich Mitleid mit den Geistern und dachte irgendwie, dass man ihre Geheimnisse, und damit die Geheimnisse der Insel, ergründen muss um sie am Ende zu befreien oder so. Oooh boy, was I wrong. 
Es wurde stellenweise sogar richtig gruselig und ich habe mich ein paar Mal echt erschreckt. So knorke fand ich die Gruselgestalten dann nicht mehr, die  wollen irgendwann zwar schon quasi befreit werden, aber eigentlich dadurch, dass sie einfach die Körper von allen Charakteren übernehmen und am Ende in ihren neuen Hüllen von der Insel kommen. Und die haben eigentlich ewig viel Zeit und ewig viele Möglichkeiten, denn sie können mehrere, oder ALLE, Zeitlinien sehen und erleben. Also zusätzlich zum Gruselspaß gibt es noch eine Timeline-Mechanik, die im Spiel selbst bei nur einem Durchgang etwas weniger relevant ist als dann ganz am Ende oder eben in weiteren Durchgängen. Sie wird also eigentlich nach und nach größer und bedeutsamer, und das verleiht dem Ganzen ein bisschen Gänsehautfeeling. ... Das aber schnell etwas abflaut wenn man an das Gameplay denkt.
Okay, im ersten Durchgang geht es noch, aber selbst da hat mich das Herumgelatsche manchmal schon genervt, obwohl man da noch von der Neuartigkeit und den Dialogen abgelenkt wird. Grundsätzlich geht (ja, man geht, rennen ist nicht drin) man nämlich einfach mit Alex und einem anderen Charakter - einmal definitiv Jonas und wenn man dann entscheiden kann bei mir halt immer Jonas - über teilweise viel zu große Screens und unterhält sich. Bis dann halt mal wieder der übernatürliche oder mysteriöse Shit abgeht. Leider ist die Fortbewegung nicht mal nur langsam, sondern manchmal auch noch sperrig. Man muss meist mit einer Mischung aus Maus und Tatstatur vorlieb nehmen, weil Alex gerne wo hängen bleibt oder einfach nicht zu klettern aufhört oder nicht über einen Vorsprung kommt, obwohl sie sollte

Das einzige, was man außer gehen(/behinderte klettern/nicht ordentlich springen) und Dialogentscheidungen treffen tatsächlich sonst noch tut ist das Radio bedienen. Und mit "bedienen" meine ich, einen Knopf zum Aktivieren drücken, wodurch sich ein kleines halbrundes Feld mit Zahlen öffnet. Diese stellen Frequenzen dar, und wenn man die richtige findet passiert etwas. Man dreht also entweder wie ein Wahnsinniger am Mausrad oder hält die linke Maustaste gedrückt und fuchtelt dann in alle Richtungen. Es gibt einige optionale Dinge zu hören, bruchstückhafte Sätze oder sogar etwas Musik, und an den relevanten Stellen manchmal auch etwas mehr - oder man öffnet beispielsweise eine Tür damit. Kryptisch ist das alles trotzdem manchmal etwas zu sehr, und die Suche nach den Frequenzen ist halt wirklich alles andere als unterhaltsam. Ich habe das doofe Radio fast mehr gehasst als die ganze Geherei. Beides wird bei einem zweiten Durchgang dann auch wirklich zur Tortur, und das einzig andere Element - die Dialoge - hat man da dann halt auch schon je nach Situation und Entscheidungen so ähnlich gehört - zumindest für gute drei Viertel des Spiels. Es gibt neue Szenen, allerdings häufen diese sich vor allem wenn es wieder aufs Ende zugeht. Ich habe dadurch oft an meinem zweiten Durchgang (also währenddessen) gezweifelt, aber ich war halt einfach so gespannt wie mit der Zeitschleife umgegangen wird und welche Zusammenhänge und Neuerungen man finden würde. Überraschenderweise war es das zweite Ende dann doch noch Wert, aber einfach weil ich da das Beste abgegriffen habe was man aus allem rausholen konnte: Ich habe Alex' toten Bruder widerbelebt, konnte trotzdem mit Jonas bonden, Ren und Nona wurden ein Paar und Clarissa war durch den lebenden Bruder, mit dem sie vor seinem Tod zusammen war, eine weit weniger große Bitch. Außerdem konnte ich eine anderen Alex vor all den Ereignissen auf der Insel warnen und zumindest für eine Version von ihr die Zeitschleife unterbrechen, ha! Da ich schon so viel gemeckert habe möchte ich explizit darauf hinweisen, dass dieses spezielle Ende wirklich richtig, richtig toll war und meine Wertung dann trotz aller Ärgernisse wohl noch etwas nach oben verschiebt.
Beim ersten Mal hatte ich auch einige Hintergründe verpasst - hauptsächlich auf die Insel und ihre Geschichte, sowie einer bestimmten Maggie Adler und dem Schicksal der Menschen, die dann zu diesen Geistern wurden, bezogen. Auch deshalb wollte ich mich nochmal ans Spiel wagen, weil man durch optionale Sammelsachen da nochmal mehr rausholen konnte und ich beim ersten Mal davon wenig mitgenommen hatte... und dann teils auch das Gefühl hatte nur die Hälfte der Story wirklich kapiert zu haben. Aber der zweite Durchgang hat sich dafür wiederum nicht gelohnt, muss ich sagen, weil man die wichtigsten Dinge dann doch eh gesagt bekommt und nur wenige Details durch Optionales hinzukommen.


Naja, wirklich schlau werde ich aus meinen Emotionen dem Spiel gegenüber jedenfalls nicht, obwohl ich tendenziell wohl mehr gerantet habe als gelobt. Aber die Erinnerung an manche Szenen, das zweite Ende (und Jonas) begeistert mich auch jetzt im Nachhinein noch, sodass ich mich nicht zu einer schlechten Wertung hinreißen lassen kann...
Weiterempfehlen würde ich Oxenfree auf jeden Fall, weil es sicher auch kurz genug ist um die Unannehmlichkeiten zu überdauern (und andere diese vielleicht gar nicht als so stark empfinden). Und man könnte theoretisch mein optimales Ende - außer der Möglichkeit die Zeitschleife zu durchbrechen - auch beim ersten Mal schon als bestmöglichen Ausgang erreichen. Gleichzeitig bin ich momentan aber nicht überzeugt davon, dass ich den zweiten Teil, der dieses Jahr erscheinen soll, auch spielen würde. Ich tendiere eher zu einem Nein, aber mal sehen wie es dann ist wenn noch etwas Zeit vergangen ist.

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