Sonntag, 21. November 2021

Black Mirror 1


Black Mirror sollte eigentlich jedem Adventure-Veteranen irgendwie ein Begriff sein. Das Spiel erschien 2003, hat zwei direkte Nachfolger und quasi noch so etwas wie ein Reboot (oder vielleicht eher eine Fortsetzung ohne Nummerierung?) erhalten. Thematisch findet es sich in eher düsteren ("Horror" würde ich jetzt für übertrieben halten) Gefilden ein.
Man merkt diesem klassischen Point & Click Abenteuer das Alter durchaus an. Das Bewegungstempo ist eher schleppend, das erforderliche Backtracking manchmal ein wenig anstrengend und Grafik und Vertonung sind natürlich etwas altbacken. Im Gegenzug dazu bekommt man aber wiederum eine ziemlich coole, geheimnisvolle Atmosphäre, eine sich langsam aber stetig steigernde spannende Geschichte, und überraschend viele Details, die mehr zum allgemeinen Geschehen beitragen als zum Hauptplot. 
Adventure-Fans der ersten Stunde, die sich nicht an veralteten Gepflogenheiten stören werden mit Black Mirror höchstwahrscheinlich überhaupt keine Probleme haben und können sich an der Story erfreuen. Sofern sie dieser nicht mit Ungeduld begegnen, sondern genießen können, wie sie sich langsam entfaltet.

Das Spiel beginnt in einer stürmischen Nacht, wo wir einen älteren Herren dabei beobachten, wie er hoch in einem Turm einen Brief an einen Verwandten schreibt, und diesem von einer Bedrohung berichten will. Bevor er dieses Schreiben jedoch vollenden kann, fällt er aus dem Turmfenster und wir wissen natürlich nicht wer oder was diesen Sturz verursacht hat.
Der Empfänger des Briefs, der aber natürlich nie verschickt wurde, Samuel, reist dann zum Begräbnis von William - also dem alten Mann - und stößt dabei ganz von selbst auf immer mehr Geheimnisse seiner Familie, seiner Vorfahren und natürlich des Schlosses, in dem diese residiert: Black Mirror.
Das Spiel ist in sechs Kapitel aufgeteilt, die durchschnittlich etwa 3 Stunden dauern - am Ende hat man also durchaus einige Zeit mit Samuel Gordon und den Mysterium von Black Mirror verbracht. Die Story schreitet daher auch relativ langsam voran, was mir aber eigentlich sehr dabei geholfen hat mich richtig in die Welt einzufühlen. Man lernt das Setting sehr gut kennen, erfährt einiges über Samuels Vergangenheit und es gibt unzählige NPCs, die Hintergründe bekommen haben und nicht nur seelenlose Plotpunkte darstellen. Es gibt ein paar Nebengeschichten, die sich nahtlos ins Große Ganze einfügen, wodurch sich alles durchaus lebendig und interessant anfühlt, obwohl die Schauplätze und auch Dialogmöglichkeiten eigentlich relativ klein sind.
Wobei zu den Schauplätzen zu sagen sei, dass es in Hinblick auf das erste Kapitel, das man hauptsächlich im Schloss verbringt, noch überraschend viel zu entdecken gibt - besonders hervorzuheben sind hier ein paar geheime Orte, die im Spiel seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten niemand mehr betreten hat, und es fühlt sich wirklich auch so an als wäre man der erste Entdecker seit Ewigkeiten. Das ist immer richtig cool!

Samuel hat zu vielen Dingen etwas zu sagen, was weiter zur Immersion beiträgt, und zumindest mich gar nicht genervt hat. Relevante Interaktionsmöglichkeiten lassen sich so lange anklicken, bis man deren Zweck erfüllt hat, während irrelevante Dinge nach Samuels Text dazu nicht mehr anwählbar sind. Das hilft auf jeden Fall, um Hinweise auch richtig zuzuordnen.
Bei benutzbaren Gegenständen gibt es dafür aber ein anderes Problem: Die meisten kann man erst dann mitnehmen und einsetzen wenn der Protagonist weiß wofür er es brauchen könnte. Also finde ich in einer Schublade im Schuppen einen Hammer, der mir zwar ausgiebig beschrieben wird, aber erst mal dort drinnen bleibt, bis ich über das ganze Gelände durchs halbe Haus auf den Dachboden gegangen bin und sehe, dass ich das Werkzeug dort einsetzen muss. Nun muss ich nochmal zurück, den Hammer holen, und wieder den ganzen Weg zum Dachboden laufen. Wobei "laufen" in dem Fall das falsche Wort ist.

Samuel hat nur ein Tempo drauf, und das ist gemütliches Spazierengehen. Glücklicherweise kann man durch einen Doppelklick durchaus schnell den Screen wechseln, davor muss man aber noch eine Animation abwarten, weshalb es trotzdem nicht soo optimal gelöst ist. 
Und es ist eben absolut notwendig viele Wege hin- und zurück zu laufen - nicht nur wegen der Items, sondern weil manchmal auf einfach Zeit vergehen muss. Oft sagen einem NPCs, dass sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas fertig haben, was man braucht. Man kann diesen Zeitpunkt nicht verpassen, aber muss manchmal andere Events triggern oder aber einfach nur mal den Screen wechseln, damit es weitergehen kann. Gerade in Kapitel 2 gab es eine Stelle, wo das direkt einige Male hintereinander erforderlich war, und ich muss zugeben, dass mich das genervt hat. Eventuell war das sogar das, was mich am meisten am ganzen Spiel genervt hat! 
Die meisten anderen Sachen kann ich nämlich eigentlich schon gar nicht mehr wirklich bemängeln. 

Die Rätsel fand ich über weite Strecken sehr gut. Sie waren größtenteils so logisch, dass auch ich auf die Lösung kommen konnte, hatte aber ein paar besondere Spielereien zu bieten. Ein zerrissenes Foto zusammensetzen, Codewörter anhand kryptischer Beschreibungen erraten, Planeten richtig anordnen... alles Aufgaben, in die man zwar Zeit stecken musste, bei denen man aber immer wusste was verlangt wird und es deshalb auch Spaß machte. Da hatte man auch immer das Gefühl etwas geschafft zu haben.
Ein Hinweis-System oder andere Hilfen sucht man übrigens vergeblich. Zwischendurch kann das schon auch unpraktisch sein, wenn man einen Punkt irgendwo übersehen hat und einem daher ein Item fehlt, was sich nicht alleine durch Logik lösen lässt (woher soll ich auch wissen wo genau ich eine kleine Schraube finde). Insgesamt empfand ich die Schwierigkeit des Spiels trotzdem als angenehm, und in Kapitel 5 war ich sogar richtig, richtig gut drauf und habe das in Windeseile gelöst - im Übrigen auch ganz allgemein das beste Kapitel des Spiels, da Samuel hier den Brief vom Anfang findet und sich alle offenen Plotpunkte nahtlos zusammen fügen. Ich hatte alle Enthüllungen zwar schon für mich selbst so ziemlich gelöst, aber trotzdem hatte ich Gänsehaut als alles nacheinander auch "offiziell" aufgelöst wurde. Dramaturgisch trotz wirklich großer Plottwists wurde hier auf jeden Fall alles richtig gemacht und das alles hat meine Meinung über das Spiels nochmal angehoben.

Ansonsten möchte ich noch hervorheben, dass an manchen Stellen sehr atmosphärische Musik abgespielt wird, wobei die sonstige Sounduntermalung sehr zu vernachlässigen ist. Die Dialoge wurden auch alle vertont, was ich als durchaus in Ordnung empfand - zumindest nicht unangenehm oder störend. Für die damalige Zeit und auch für deutsche Sprecher (habe tatsächlich mal nicht auf Englisch gespielt) kann ich mich gar nicht so recht beschweren - einige waren abgesehen von der veralteten Technik sogar gut wie Samuel oder auch der Butler Bates.

Insgesamt reiht sich Black Mirror 1 damit definitiv bei meinen persönlichen Top klassischen Point & Click Adventure Games ein, das mir gut in Erinnerung bleiben wird. Hätte ich dieses Jahr nicht auch The Dig gespielt, wäre es in diesem Genre sogar das Beste Adventure 2021!
Kann ich also wirklich empfehlen, und der zweite Teil soll ähnlich gut sein und technisch deutlich angenehmer, also schiebe ich den gleich noch hinterher! :3

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen