Freitag, 13. November 2020

Devil Came Through Here: Lorelai


Wäre das hier der Beginn der "Devil Came Through Here" Trilogie, dann hätte Lorelai bestimmt mehr Aufmerksamkeit bekommen. Denn es ist ein gutes Spiel und es wäre etwas Besonderes wenn nicht die Vorgänger schon gewesen wären. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es allerdings der Abschluss und das "große Finale" sein soll, gibt es doch einiges zu bemängeln. Daher möchte ich gleich am Anfang festhalten: Ich hatte eine sehr gute Zeit mit Lorelai, empfinde es als empfehlenswertes Erlebnis, aber ich werde trotzdem sehr viel zu meckern haben. Gerade für Fans von The Cat Lady und Downfall könnte es hier nämlich die ein oder andere große Enttäuschung geben. 

Lorelai gibt uns wieder einmal Einblick in das Leben eines Individuums, das es nicht einfach hat. Im Vergleich zu Susan und Joe aus den Vorgängern sticht die namensgebende Lorelai als Protagonistin innerhalb der Spielereihe allerdings schon etwas hervor. Sie führt ein Leben, aus dem sie aufgrund ihrer Jugend nicht so einfach entkommen kann, hat aber Hoffnungen und Träume, ist ein Kämpfertyp und soll dem Spieler definitiv grundsympathisch erscheinen. Es wird sich relativ viel Zeit genommen ihre gegenwärtige Situation zu beleuchten, bevor eine unvermeidliche Katastrophe geschieht.
Zuerst war ich ein wenig verwirrt, dass es doch verhältnismäßig lange gedauert hat, bis die wichtigsten Eckpunkte einer typischen Geschichte in der Trilogie erreicht wurden: Eben eine prekäre Situation, die in weiterer Folge alptraumhafte Szenen und schließlich die Queen of Maggots hervorruft. Aber gleichzeitig war ich an allem trotzdem interessiert. Die Geschichte scheint so eindringlich erzählt, dass ich eigentlich zu jeder Zeit gebannt vor dem Bildschirm saß. Sogar bei dem Flashback in Kapitel Zwei - Man entdeckt gerade, dass sich die Mutter erhängt hat und man selbst wird auch noch umgebracht, und dann geht es erst mal beinahe gemütlich um den Tag, den Lorelai davor erlebt hat. Und es war mir egal! Besser noch, ich fand das Kapitel trotzdem spannend. Da bin ich selbst überrascht.
Und so lief es eigentlich die ganze Zeit. Mich hat die ganze Geschichte interessiert, dabei war sie vergleichsweise weniger schockierend, gruselig und blutrünstig. Natürlich gibt es weiterhin verstörende Szenen, Situationen in denen man sich unwohl fühlt und den ein oder anderen Schreckensmoment. Aber im Vergleich zu The Cat Lady, wo fast alle anderen Charaktere wirklich schlimmer Abschaum waren, und Downfall, wo man ständig in einem Alptraum war und selbst ziemlich Abscheuliches tat, ist Lorelai relativ harmlos. Aber durch die leichte Zugänglichkeit zum Hauptcharakter und durch die einfach gute Inszenierung wurde immer noch eine interessante Geschichte erzählt. 


Die Inszenierung ist wirklich sehr toll. Man merkt, dass von Spiel zu Spiel Fortschritte gemacht wurden. Grafisch wurde der bekannte Stil der Reihe beibehalten, aber trotzdem sieht alles besser und schöner aus, und sogar bunter. Lorelai, also die Person, ist so hübsch! Und die Musik übertrifft nochmal alles bisher dagewesene. Der Soundtrack ist so gut, ich bin froh, dass einige Stücke beim Kauf des Spiels enthalten sind. Sonst müsste ich den wieder extra dazu kaufen.^^ Die Soundqualität ist diesmal auch bei den Sprechern gut, die größtenteils wieder voll überzeugen können.
Die Menüführung ist dafür etwas sperrig, aber es gibt eh wieder kaum nennenswerte Rätsel oder Kombinationsaufgaben. Die Lösungsfindung ist wieder recht unkompliziert, worüber ich aber ja schon öfter gesagt habe, dass mich das in dieser Art von Spiel nicht groß stört.

Kommen wir jetzt aber endlich zum Gemecker. Um mal bei der Geschichte an sich zu bleiben: Es ist selbstverständlich wieder möglich dem Hauptcharakter eine gewisse Note durch Dialogoptionen zu verpassen. Das funktioniert größtenteils wieder gut, aber an einer Stelle hat es mich dann doch gestört. Alles ist in Ordnung wenn man immer sehr nett ist und sich vor allem entscheidet an einer Stelle einem Nebencharakter aus der Alkoholsucht zu helfen, statt ihn tiefer hineinzustürzen. Letzteres ist das was die Queen of Maggots von einem verlangt, und wenn man dem folgt fühlt sich alles danach nicht mehr ganz so "rund" an. Es wird zwar versucht darzustellen, dass Lorelai nur ihre Schwester Beth und ihren Freund Zack beschützen will und dabei quasi über Leichen geht, aber eh... irgendwie war mir das trotzdem zu schwach. Vielleicht weil Lorelai beim Versuch ein Leben zu versauen durchaus ein wenig Spaß zu haben scheint (ich habe beide Varianten gespielt).
Und boom, dann hätte man sogar die Möglichkeit Lorelai tatsächlich zur Princess of Maggots werden zu lassen, das Ganze als Prequel aufzusetzen und die anderen Spiele danach stattfinden zu lassen - mit dieser Lorelai als neuer Queen of Maggots. Aber nein. Stattdessen entscheidet unsere Heldin sehr vehement, dass die Königin vernichtet werden muss und, wie gesagt, je nach Spielstil fühlt sich das so ein bisschen Out-of-nowhere an. Man wollte irgendwie zu sehr erzwingen, dass die Trilogie mit dem Besiegen der Queen of Maggots enden muss, was ich aber eben für nicht notwendig halte. Wenn sie wirklich der Teufel ist macht das übrigens auch gar keinen Sinn.
Eventuell würde sich das auch nicht ganz so blöd anfühlen, wenn nicht auch eine gewisse Erwartungshaltung forciert worden wäre. In Downfall findet man den "echten" Namen der Queen of Maggots heraus, und das nächste Spiel in der Reihe heißt genau so? Whaaaat? Jeder hat eine Origin-Story erwartet, jeder. Zu allem Überfluss zeigt sogar das Bild für das Achievement für das Herausfinden des Namens in Downfall die Protagonistin dieses Titels. Und jetzt hat das alles überhaupt nichts miteinander zu tun?! Habe ich irgendwas nicht verstanden?
Auf jeden Fall kann ich keinem vorwerfen enttäuscht zu sein. Ich habe recht schnell erkannt, dass hier etwas anderes kommt als gedacht, und konnte das Spiel dann trotzdem genießen, aber wer die ganze Zeit auf eine Enthüllung in die Richtung wartet, wird wenig Freude haben.


Von den Verbindungen der Spieler abgesehen hat mir aber eigentlich nur das Ende an Lorelai nicht so gut gefallen. Dabei gibt es hier das, was man am nähesten als Happy Ende bezeichnen kann! Aber es ist wesentlich aufwändiger den Stiefvater, der vermutlich der einzige wirklich abgrundtief böse Mensch in der Geschichte ist, loszuwerden als die Queen of Maggots. Das ist dann irgendwie ein bisschen lahm. Und dass sich Texte teilweise überschneiden bei den Enden, wo man in einem Beth & Zack gerettet hat und in einem eben nicht, hat fürs gute Ende natürlich einen komischen Beigeschmack. 

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich die Verbindungen zu den Vorgängern, die im Spiel an sich vorkamen, wieder ganz cool fand, da sie nicht aufgezwungen wirken. Dass Joe, der eigentlich gar nicht so wirklich in diese "echte" Welt passen mag, nur einmal kurz aus dem Augenwinkel zu sehen ist und seine Axt dalässt, mochte ich besonders. Und man konnte noch ein klein bisschen mehr über Susans Werdegang und die Helen Road erfahren, ohne dass das Gebäude aber wieder ein wichtiger Schauplatz werden musste. Das hatte alles eine schöne Subtilität, die man als Spieler der ganzen Reihe durchaus wertschätzen konnte. 

Zusammenfassend würde ich sagen, dass Lorelai ein gutes Spiel ist, das sich dem Vergleich mit den beiden Vorgängern aber nicht entziehen kann. Und da muss man sagen, dass es weniger Besonderheiten und Einzigartigkeit zu bieten hat, obwohl Geschichte und Atmosphäre trotzdem wieder sehr einnehmend sind.

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