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Montag, 27. Januar 2025
Scar of the Doll (Original und Remake)
Scar of the Doll ist eine kurze, japanische Mystery Visual Novel, die 1998 herausgebracht wurde. Im Jahr 2017 erschien sie erstmals übersetzt schließlich auf Steam, und im Jahr 2023 gab es dann ein Remake. Das Original hat mich, als ich es dann mal gefunden hatte (denn es ist schon recht nieschig), sofort grafisch angesprochen, weil es einen zwar alten, aber dafür halt einfach sehr herausstechenden Stil hat. Unsereins kennt halt hauptsächlich Visual Novels mit typischen Anime Gesichtern.^^ Das Remake hat nämlich genau das, und hat mich daher sofort eigentlich viel weniger interessiert.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gespielt habe ich trotzdem beide, weil ich vom Original genug gehooked war, um gerne wissen zu wollen, ob das Remake manche Dinge ausbauen und besser machen konnte. Die Antwort ist zuerst tendenziell Nein, aber als ich dann durch war, wurde das doch noch in ein großes JA umgewandelt.
Grundsätzlich geht es in der Geschichte um Asumi Komijo, die nach Tokyo reist, um ihre verschwundene Schwester zu suchen. Diese hat vor 3 Jahren Arbeit bzw. ein Studium in einem Labor gefunden, das zukünftige Wissenschaftler ausbildet und ziemlich elitär ist. Kürzlich ist es aber unmöglich geworden, die Schwester zu erreichen, sodass Asumi, die auch ihre Wohnadresse kennt und einen Ersatzschlüssel hat, beschließt, direkt vor Ort nachzusehen. In der Wohnung ist natürlich niemand, und im Labor behaupten sämtliche Angestellte und Studenten, dass es nie eine Frau namens Komijo unter ihnen gab.
Innerhalb von rund 3 Stunden muss der Spieler also gemeinsam mit Asumi herausfinden (durch Dialoge und Entscheidungen, die man ganz klassisch anklickt), was hier geschehen sein könnte, während man gleichzeitig damit beschäftigt ist, zu überleben.
Es gibt viele Stellen, an denen Asumi sterben kann, aber das Spiel gibt einem vor allem Anfangs bei einem Game Over recht konkrete Tipps, was man anders machen soll. Im Original gibt es ab einem bestimmten Zeitpunkt sogar einen Disclaimer, dass man oft speichern soll, weil es ab da eben sehr wahrscheinlich ist, dass man in eine Todesfalle läuft. Es ist aber meiner Meinung nach überhaupt nicht nötig, alles sofort richtig zu machen oder gar einen Guide zu benutzen, weil meistens auch falsche Wege zu zusätzlichen Informationen führen, und man so die gesamte Story besser versteht.
Diese ist nämlich so fast paced, dass es schon sein kann, dass man manche Sachen überliest oder sich nicht merkt, und am Ende noch ein paar Zusammenhänge nicht vollumfänglich versteht. Es war jetzt bei mir nichts Weltbewegendes, aber bei meinem zweiten Durchgang im Remake habe ich trotzdem ein paar Details dann besser verstanden, nur weil ich bei einem zweiten Mal an den gewissen Stellen besser aufgepasst habe.
Das Remake hat aber auch ein paar unterstützende Zusatzszenen, sodass alles noch mehr Sinn macht. Im Prinzip sind beide Spiele und die Geschichte darin extrem gleich - ich glaube viele Sätze sind wirklich komplett 1 zu 1 übernommen worden. Geändert wurden nur ein paar Kleinigkeiten, um einem entweder umständliche, zusätzliche Wege zu sparen (was im Original ohne irgendwelche Komfortfunktionen natürlich schon öfter vorkommt) oder etwas auszusprechen, was vorher nur angedeutet wurde. Das wurde meiner Meinung nach recht gut eingebaut, und nicht total offensichtlich oder unpassend. Vielmehr haben so einige Charaktere einfach etwas mehr Screentime und Tiefe bekommen, wo es im Original sehr schwer war, eine Bindung als Spieler zu ihnen aufzubauen.
Die Story an sich ist gut, mit vielen Wendungen und wirklich dramatischen Szenen (deshalb auch fast-paced, weil all das in 3 Stunden passiert), aber ich war nie so recht emotional dabei. Ich war stets interessiert und mochte vor allem die Atmosphäre, die durch die alte Grafik, den Soundtrack und die kurzen Dialoge irgendwie einzigartig war. Aber obwohl da fast alle Leute früher oder später den Löffel abgeben, war ich immer sehr gefasst und fand das höchstens schade. Im Remake habe ich jedoch ein bisschen geweint.
Alleine, dass die doch recht generischen Anime-Portraits mehr unterschiedliche Gesichtsausdrücke haben, hat schon sehr geholfen, die Charaktere mehr als Menschen wahrzunehmen. Aber eben, manche haben auch gerade so eine oder zwei zusätzliche Szenen bekommen, und das hat so immens geholfen, dass ich plötzlich mit ihnen mitgefiebert habe.
Ein bisschen hat sicher auch dazu beigetragen, dass die alle nun ja keine wirklich Fremden mehr für mich waren, aber das Remake hat den Fokus sehr darauf gelegt, wie viel sie alle riskieren oder riskiert haben, um Asumi zu helfen, und die Bindungen zur Protagonistin kamen einfach viel deutlicher heraus. Sie selbst hat sich weniger angefühlt wie eine random Person, die stoisch nach ihrer Schwester sucht, wie es im Original einfach ein bisschen rüberkommt. Im Remake hat man das Gefühl, dass sie mit jeder einzelnen Person (die nicht böse ist) eine Art von Freundschaft schließen kann, obwohl sie mit ihnen eigentlich nicht wirklich mehr Zeit (oder Dialogzeilen) hat, als im Original. Faszinierend, was alleine der visuelle Unterschied - dass man ihr Portrait zum Beispiel ständig sieht, im Gegensatz zum Original, wo es nur hin und wieder eingeblendet wird - hier sicherlich schon ausmacht.
So muss ich sagen, dass das Remake bei mir erst so richtig den Funken überspringen hat lassen, aber das Original ist interessant genug, dass ich überhaupt mehr davon wollte. Es hat bei der Atmosphäre, die für mich wirklich sehr einzigartig war, die Nase um Längen vorne, aber in allen anderen Belangen eben nicht. Überall spürt man das Alter des Spiels, und während nichts davon wirklich nervig ist, und manches eben sogar einen charmanten Vibe versprüht, ist das doch wohl der Hauptgrund, warum Scar of the Doll auch jetzt kaum jemand kennt. Das Remake kennen aber noch weniger Leute, weil es auf den ersten Blick einfach übelst generisch aussieht, was hier wiederum der einzige Punkt ist, den ich als wirklich negativ werten würde. Ansonsten hat es mich einfach mehr begeistert, als ich dachte - vor allem weil ich die Story ja eigentlich schon kannte.
Und diese ist bei beiden Varianten des Spiels solide, vor allem wenn man die kleinen Details bemerkt, sobald man das Mysterium schon mal gelöst hat. Es ist auch gar nicht soo schwierig, auf manche der Twists zu kommen, und obwohl ich schon behaupten würde, dass Science Fiction das größere Element als beispielsweise Horror wäre (und ich damit schon einiges in die Richtung kenne), wird ein Thema behandelt, dass ich für mich selbst noch recht frisch fand.
Ich würde auf jeden Fall sicherlich eine Empfehlung aussprechen, eine der beiden Visual Novels zu spielen. Ich denke, dass das Original nicht viele Leute auch emotional erreichen würde, aber das Remake wiederum vielleicht wirken könnte wie jede andere Visual Novel in diese Richtung, die man mal gespielt hat. Also für mich persönlich macht es wirklich die Kombination aus beidem. Man muss sich aber trotzdem nicht unbedingt beide vornehmen - auch wenn man vielleicht nicht so eine Begeisterung aufbringen kann wie ich, verschwendete Zeit sind die drei Stunden für nur eines der beiden Spiele nun wirklich nicht.
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