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Dienstag, 5. November 2024
The Captain
Captain, mein Captain. Oder irgendjemandes Captain, denn für mich war das Spiel eigentlich nicht so wirklich was.
Ich dachte es ist ein relativ klassisches Adventure, bei dem man unbehelligt eine eigene Route wählen kann und viele Entscheidungsfreiheiten hat. Das hat schon irgendwie auch zugetroffen, aber es gab einerseits einige Elemente, die ich sowieso nicht so mag (Schleichen, Entkommen, und Timing-Sachen, oh sooo viele Timing-Sachen) und andererseits war alles auch sehr kryptisch und dadurch relativ… schwierig. Die Anforderungen, um ein Ende zu erreichen, sind quasi bei Null. Es ist dann halt sehr niederschmetternd und schlecht. Die Anforderungen, etwas Besseres als das zu erhalten, sind aber ungleich viel höher. Also wenn man nun gar keinen Planeten besucht und sich bis zur Erde direkt durchmanövriert, gibt einem dasselbe Ende wie wenn man blind sein Bestes gibt, aber aufgrund des eigenen Unwissens und des Ausprobierens halt einfach nicht die richtigen Voraussetzungen erfüllt. Das fand ich extrem demotivierend.
Aber gut, worum geht es überhaupt?
Das Spiel findet natürlich in einem zukünftigen Zeitalter der Raumfahrt statt. Eine außerirdische Nation hat den Menschen und ihrer Spacefleet den Krieg erklärt und ist mit einer übermächtigen Waffe zur Erde unterwegs, womit sie völlig ausgelöscht werden würde. Die Menschen selbst haben eine eigene Technologie entwickeln lassen, um dies zu kontern – allerdings muss diese erst geliefert werden. Das geht dann auch noch schief, und Captain Thomas Welmu muss schließlich mindestens eine dieser sogenannten Fuel Cells wieder finden und damit im Gepäck auch noch einen recht weiten Weg zur Erde zurück finden, um die Menschheit noch irgendwie zu retten. Man hat dafür 2 ingame Jahre Zeit, bekommt eine Sternenkarte und einen nützlichen Bordcomputer. Danach kann man quasi nach Herzenslust erkunden.
Es gibt dafür ein paar obsolete Story-Events, die meistens einfach mehr Gefahr in das ganze Abenteuer bringen, und eines davon ist hierbei der große Miesmacher, der eigentlich alles deutlich schwieriger und unverzeihlicher macht, weil er so viel Einfluss auf das Ending hat.
Kurz bevor man zur Erde gelangt, gibt es eine Barriere, die man überwinden muss, um ein paar Außenposten der Spacefleet zu erreichen. Diese sind alle unter Beschuss und es steht sogar explizit dabei, dass es optional ist, sie zu unterstützen. Auf einem davon ist Welmus Frau, sodass man selbst mehr Ansporn hat, diese Aufgabe anzugehen. Die Anforderungen dafür sind aber echt nicht einfach zu erfüllen – entweder man braucht einige seltene Ressourcen, die man bei einem ersten Durchgang vermu~tlich nicht beisammen hat, weil man noch keinen richtigen Plan hat, wie man überhaupt klug oder sparsam oder hilfreich vorgehen kann. Oder man kämpft sich durch, wofür man ein ziemlich aufgemotztes Schiff benötigt, was ebenfalls keine leichte Aufgabe ist.
Ich bin jedenfalls ziemlich orientierungslos von Planet zu Planet gestolpert und habe nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen getroffen, die mir gefallen haben. Manchmal hatte ich schon gleich das Gefühl, dass ich etwas anders machen hätte sollen, aber im Großen und Ganzen bin ich gut vorangekommen. Dachte ich zumindest. Oder eigentlich auch nicht wirklich. Die Barriere hat mir von Anfang an Sorgen gemacht, weil ich durchaus verstanden hatte, dass das schwierig werden würde. Aber ich wusste nicht, wo und wie ich Dinge herbekomme, die ich dafür gebrauchen kann. Man will sich ja nicht spoilern.
Am Ende blieb mir nur, sie zu durchbrechen indem ich alle meine Items aufgebe – sowohl gesammelte Gegenstände, als auch Waffen und Schilder, die direkt ins Schiff eingebaut waren. Damit konnte ich natürlich gar keinen Outpost retten, und obwohl die alle 5 optional waren, hatte es verheerende Auswirkungen. Die Erde konnte ich beschützen, aber es ist nicht nur Welmus Frau gestorben, sondern die komplette Wirtschaft der Spacefleet zusammengebrochen und eine Pandemie ausgebrochen, und Millionen von Menschen sind gestorben. Weil bestimmte Outposts zerstört wurden. Das wird nie irgendwo erwähnt oder angedeutet, was ich schon echt ziemlich albern fand. Selbst wenn ich nämlich einen oder mehrere retten hätte können, nur zufällig nicht genau die beiden, hätte ich ein ähnlich beschissenes Ende bekommen. Das finde ich schon echt fragwürdig, und ich habe LISA gespielt, ich weiß was bittere aber gerade noch faire Bedingungen sind.
Ich war schon während des Spielens oft überhaupt nicht motiviert, aber Anfangs lag das meistens daran, dass ich auf die Art der Aufgaben wenig Lust hatte (dazu komme ich gleich noch). Irgendwann hatte ich aber wirklich immer mehr das Gefühl, überhaupt keinen nennenswerten Fortschritt zu machen, obwohl ich tatsächlich auch mal einen Kampf gewagt, oder, ähem, etwas in die Luft gejagt habe. Nichts davon hat mir genug Geld oder gute Ressourcen gebracht, ich war selbst im letzten Drittel des Spiels rein vom Gefühl her immer noch an meiner Startposition. Und das hat wirklich keinen Spaß gemacht. Die Belohnungen erscheinen mir nicht nur teilweise zu gering (nach einem erfolgreichen Schiffskampf hat man die Wahl zwischen Material zum Verkaufen oder Material zum Ausbauen des eigenen Schiffs, und von beidem viel zu wenig, als dass sich ein oder zwei Gefechte lohnen würden), sondern auch sehr explizit. Ich hatte zum Beispiel fast von Anfang an einen Vorrat an Fleisch (fragt nicht), der endlich bei der Barriere – und nur dort! – zum Einsatz kam. Allerdings konnte ich nur eine Waffe dafür eintauschen, die mir aber dann auch abgeluchst wurde, damit ich überhaupt durch die Barriere konnte. o.ô Finde ich schon ziemlich widersinnig. Und es gab mehrere solcher Items, die wirklich nur einmalig und explizit eingesetzt werden konnten, und die einem ansonsten überhaupt nicht weitergeholfen haben, wenn man nicht ganz genau diese eine Anwendungsmöglichkeit gefunden und benötigt hat.
Das ist alles so schade, weil die grundsätzliche Struktur mir eigentlich ganz gut gefallen hätte können. Jeder Planet und jede Station galten quasi als eigene Quest. Bei allen konnte man unterschiedliche Enden für den jeweiligen Abschnitt erreichen. Die Aufgaben selbst waren relativ unterschiedlich, hatten doch auch Rätsel und ein bisschen typisches Adventure-Gameplay, und waren oft mit moralischen Entscheidungen verknüpft. Einmal ging es nur darum, eine Fuel Cell irgendwie aus einem festen Eisblock zu bekommen, und es gab drei mögliche Lösungen. Einmal habe ich aber auch eine Person gefunden, die seit 200 Jahren im Kryoschlaf war und nicht aufgeweckt werden wollte, wenn mehr als 10 Jahre vergangen waren. Man konnte hier noch Nachrichten von Familienangehörigen finden, die alle nicht mehr angekommen waren, und es war schon recht tragisch und echt ein Dilemma. Einmal durfte ich auch an einem Wettbewerb teilnehmen, bei dem man Edelsteine von unterschiedlichen Monden farmen konnte, und man musste nicht nur die Zeit gut managen, sondern konnte auch die Konkurrenten durch List und Tücke ausstechen. Das alles sind Aufgaben, die mir Spaß gemacht haben, und so hätten sie ruhig alle sein können.
Stattdessen war vieles mit Gefahr und Timing verbunden (dem Haupt-Antagonisten muss man mehr als nur einmal entwischen), und dann wurden die Missionen nicht nur immer noch umfangreicher, sondern haben dadurch auch nicht mehr so gut funktioniert. Einmal konnte ich bei einer Quest extrem weit kommen, nur um zu erkennen, dass ich in einer Situation bin, aus der man nicht mehr entkommen kann – weil ich nicht alles ganz genau so gemacht habe, wie es vorgesehen war. Also die drei unterschiedlichen Ausgänge waren dort auch wieder sehr verschieden, aber war man mal auf dem Weg zu einem, mussten bei so einer längeren Geschichte alle Schritte penibel verfolgt werden, damit man zu einer Konklusion kommen konnte. Und gerade bei der Sache, an die ich denke, war für mich auch gar nicht so deutlich, dass meine Freiheiten mir nur vorgegaukelt wurden.
Für mich hat sich all das in seiner Gesamtheit oft nach Stress und künstlichem Drama, für das man keinerlei Belohnung erhält, angefühlt. Dabei würde ich objektiv betrachtet trotzdem behaupten, dass The Captain ein Spiel ist, das einem richtig gut gefallen kann. Ich verstehe, dass viele Leute es mögen! Es ist abwechslungsreich, fühlt sich nach einer großen Welt an und ist für so ein Indie-Spiel auch sehr polished. Es bietet Schiffsausbau, ein bisschen Basenbau und sogar ein wenig Crafting. Auch Companions kann man theoretisch haben (habe ich auch nicht geschafft ;0 Jaja, ihr habt mich entlarvt, das Fleisch, das ich hatte, war der Typ im Kryoschlaf *hüstel*), und die Pixelgrafik kann hier und da schon echt schön sein.
Alles, was mich am Spiel stört, trifft bei mir einfach so gewisse Nerven, die ich auf die Art und Weise einfach nicht mag. Daher sollte sich niemand per se abschrecken lassen. Aber ich persönlich hatte einfach wenig Spaß, und war am Ende schon ziemlich salty, dass meine Bemühungen so im Sand verlaufen sind. Manch einer wird daraus aber vielleicht sogar Motivation ziehen, es beim nächsten Mal einfach besser und – mit mehr Erfahrung bestückt – effektiver anzugehen. Ich bin aber nicht diese Person.
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