Dienstag, 21. Mai 2024

Jade Cocoon


Es ist mal wieder Zeit für eine Geschichte. Eine, die ziemlich straight forward ist und nicht so kryptisch, wie die in, naja, zum Beispiel Jade Cocoon.
Als ich noch ein Teenager war, habe ich eigentlich so ziemlich alle JRPGs gespielt, die ich in die Finger bekommen konnte... was natürlich nicht ewig viele waren, weil ich ja auch nicht besonders viel Geld hatte. Gerade deshalb habe ich aber auch alles zwar sehr langsam, aber stetig, bis zum Ende gespielt. Die Durchspielwut ist immer noch stark in mir, obwohl meine Auswahl inzwischen deutlich größer ist, aber damals hat das bereits seinen Anfang genommen. In dieser Zeit gab es nur zwei Spiele, die ich abgebrochen habe (und insgesamt gibt es übrigens nur 4, die mir einfallen, also das heißt schon was), und eines davon war Jade Cocoon 2. Da es ziemlich lange her ist, erinnere ich mich natürlich nicht mehr wirklich an Details, aber ich weiß schon, dass ich zuerst sehr motiviert war und viel Spaß hatte, aber dieser Zustand so schnell abgefallen ist, dass ich so übelst gelangweilt war, und drastische Maßnahmen ergreifen zu müssen. Also es eben abzubrechen und zu verkaufen, sehr drastisch, ich weiß.
Im Nachhinein dachte ich mir oft, ob ich nicht überstürzt gehandelt habe, und das ja wohl irgendwie schon durchgebracht hätte. Ja, fragt nicht, ich bin meinen Zwängen unterlegen.
Auf jeden Fall kam mir vor, dass es eigentlich vielleicht eine Möglichkeit geben könnte, sich darüber nochmal Gedanken zu machen. Schließlich gibt es ja nicht nur ein Jade Cocoon Spiel, sondern zwei, und das erste sollte deutlich kürzer sein als die Fortsetzung, die ich weggeworfen habe wie eine Chilli-Pflanze, die zwar noch lebt und grüne Blätter hat, aber halt keine Frucht mehr produziert. Okay, wo war ich?
Ja, Jade Cocoon 1. Mir wurde zugetragen, dass es auf jeden Fall eine tolle Atmosphäre hat, und irgendwie an den Ghibli Film Prinzessin Mononoke erinnert, den ich erst vor kurzem wieder mal gesehen habe. Ich war also verständlicherweise gehypted und wollte so der "Reihe" noch eine Chance geben - und letztes Wochenende war es dann soweit. Über drei Tage habe ich mit meiner seelischen (und auch praktischen) Unterstützung das Spiel in etwa 13 Stunden durchgespielt.
Kurz zusammengefasst kann ich sagen: Es tut Jade Cocoon ganz gut, so kurz zu sein, und es war auch wirklich wertvoll, dass ich es nicht alleine spielen musste, denn irgendwie war ich schon auch einige Male recht erzürnt. Gleichzeitig hat das Spiel aber wirklich eine tolle Atmosphäre und ist etwas total Eigenständiges, sogar Besonderes.

Schauplatz von Jade Cocoon ist ein Ort namens Syrus, der, abgeschnitten von der Außenwelt, von geheimnisvollen Wäldern umgeben ist. In diesen tummeln sich Monster, und nur Kokonmeister dürfen dorthin, um den Frieden zu bewahren oder irgendwie so etwas. Man spielt natürlich einen Kokonmeister namens Levant, allerdings wird man dazu nur ernannt, weil eine Katastrophe passiert, und man zufällig der Sohn des vorherigen Auserwählten ist, der aber seit Jahren bereits verschwunden ist. Also so genau kann ich das alles gar nicht beschreiben, weil die Story zwar irgendwie dramatisch ist, aber nicht unbedingt weil man auch weiß, was vor sich geht. Es gibt Legenden, Prophezeiungen und Reinkarnationen in der Welt von Jade Cocoon, und das alles in der Form von verschiedenen Geschichten, in denen alles und jeder einen bedeutungsschwangeren Namen erhält, damit es auch wirklich bedeutsam klingt. Ob das teilweise dieselben Leute und Ereignisse beschreibt, weiß ich auch nicht, und ich habe auch nicht verstanden, warum es erst dramatisch ist, dass alle Menschen eingeschlafen sind, aber dann waren es überhaupt nicht alle Menschen, sondern nur eine Handvoll random NPCs und sonst niemand, und dann wurden doch noch alle auch versteinert und was ist die Zeit des Sammelns und warum spricht der Erzähler zwischen den Kapiteln in Haikus und the fuck was passiert hier.
Das ist nicht einmal Kritik, es hat auch echt etwas und trägt richtig zur Atmosphäre bei. xD Ich hatte trotz meines eigenen Unverständnisses auch das Gefühl, das trotzdem sehr viel Aufwand in die Geschichte und auch deren Präsentation gefallen ist, weil es zumindest nicht wahllos zusammengewürfelt, sondern authentisch wirkt. Es hat einfach was!
Dazu trägt natürlich auch die Vertonung bei, die auf Deutsch tatsächlich gut gelungen ist. Und es werden wirklich alle wichtigen Dialoge gesprochen! Auch grafisch gibt es einiges, das Beeindrucken kann. Die schön gezeichneten Videosequenzen erinnern tatsächlich etwas an Ghibli, und selbst die ingame Grafik ist für PS1 Verhältnisse nicht schlecht. Gerade solche Dinge wie Kampfanimationen können unter Berücksichtigung des Alters noch überzeugen, und die vier Wälder sind trotz derselben Thematik unterschiedlich genug und ganz hübsch.


Apropos Wälder: Sie sind die Dungeons im Spiel. Das Dorf Syrus ist so eine Art Hub, in dem man shoppen und sich ausrüsten kann, während man seine Zeit ansonsten hauptsächlich im Käfer-, Libellen-, Spinnen-, und schließlich im Mottenwald verbringt. Jeder Wald hat ein unterschiedliches Ziel, wobei der letzte eigentlich einen Übergang zur zweiten Spielphase darstellt. In dieser besucht man die "dunklen" Versionen der Wälder, die... genau gleich sind, nur mit anderer Farbpalette und anderen Gegnern. Jaja, das ist ein bisschen lame und sicher mitunter auch mit ein Grund für die geringe Spielzeit. Mal von der Wiederholung der Gebiete abgesehen gibt es hier auch keine relevanten NPCs mehr - man kann auch nicht mehr ins Dorf zurück, sondern hat als Hub nur kryptische, leblose Hallen zur Verfügung. Die erste Spielhälfte ist in allen Belangen überlegen und sollte als Herzstück wahrgenommen werden.
Dass Jade Cocoon eine Art Monster Taming Spiel ist, rettet das aber doch ein bisschen. Zumindest wenn man sich damit anfreunden kann, dass die Monster (im Englischen Minions) ein meist sehr unspannendes Design haben. Glücklicherweise kann und sollte man sie aber miteinander fusionieren, was wenigstens zu einigen lustigen Kombinationen führt - weil tatsächlich Aussehen von beiden Kreaturen miteinander kombiniert wird. Ich hatte da durchaus meine Freude daran.
Der Kampf mit den Monstern ist so essenziell, dass man nicht einmal Erfahrungspunkte bekommt, wenn man als Levant einen Gegner tötet, er bekommt nur welche, wenn er diesen fängt. Das fand ich eigentlich schon sehr cool.
Die Kreaturen selbst gehören alle einem Element (von vier möglichen) an, und nur durch die Fusion kann man auch mehrere gleichzeitig benutzen. Die Monster sind außerdem meistens unterteilt in physische und magische Angreifer, und wenn man diese kombiniert bekommt man ein Ergebnis, das in allen Belangen nur Mittelmaß ist. Es gibt für unterschiedliche Körperteile verschiedene physische Skills, und bis zu 4 Zauber, die ein Kämpfer haben kann. Alles in allem ist es ein durchaus motivierendes Kombinationssystem, mit dem die Schwierigkeit des Spiels deutlich gehoben oder gesenkt werden kann. Wir verschweigen hierbei am besten, dass ich hauptsächlich nach coolem Aussehen fusionieren wollte, und mein armer Spielgefährte zwischendurch für mich grinden musste, damit sie wenigstens ein ordentliches Level hatten - bevor ich dann doch etwas mehr auf ihn gehört und etwas sinnvoller gemerged habe. xD


Es war halt einfach frustrierend, nicht übermäßig stark zu sein, weil die Kämpfe dann einfach solange dauern. Es gibt zwar keine Zufallskämpfe, aber man kann immer nur ein Monster beschwören, während man schon auch mal gegen drei Widersacher kämpfen muss. Und die sind keine Trashmobs, sondern haben anscheinend genau die Stats, mit denen man sie auch dann fängt - es sind also ebenbürtige Gegner.
Die Kämpfe machen allgemein auch nicht wirklich Spaß, weil die Aktionen, die man machen kann, recht beschränkt sind. Mit Levant wird man außer Items nutzen und Monster fangen nicht viel machen. Die Minions selbst haben durch den Verbrauch von MP auch nur eingeschränkte Möglichkeiten - meistens kann man nicht mehr als drei Fähigkeiten einsetzen, bevor man auf normale Angriffe zurückgreifen muss. Daher hatte ich auch ausschließlich physisch starke Monster und habe Magie quasi überhaupt nie benutzt. Aber das hat funktioniert.
Was mich auch noch frustriert hat war die Steuerung. Die PANZER STEUERUNG *donnergrollen*.
Also man gewöhnt sich nach einer Weile schon daran, aber wenn man Monstern ausweichen will, was manchmal alleine schon durch ihre Position auf der Map schwierig ist, hat man es wirklich nicht leicht. Und dann sitzt man wieder sieben Minuten an einem Kampf, wenn man ihn für die wertvollen EXP machen möchte, statt feige davonzulaufen (was glücklicherweise fast immer funktioniert). Das Leveln selbst geht dafür wenigstens recht zügig, das System erlaubt es Kreaturen, die hinterherhinken, schnell aufzuholen.


Alles in allem ist Jade Cocoon nicht unanstrengend, aber insgesamt hauptsächlich einfach faszinierend. Hätte ich es alleine gespielt, wäre mein Frustlevel sicher höher gewesen, aber zu zweit konnte ich dem ganzen Durchgang zum größten Teil die neugierige Aufmerksamkeit geben, die er ohne Zweifel verdient. Und trotz allem würde ich auch sagen, dass das Spiel bis auf die Steuerung ansonsten recht gut gealtert ist.
Etwas Vergleichbares wird man wahrscheinlich nur schwer finden, und ich glaube sogar, dass mein Eindruck sich mit vergehender Zeit noch positiver verklärt. Irgendwie ist es eben etwas Besonderes, wenn auch sicherlich nicht ohne Fehler.
Bei Jade Cocoon 2 bin ich allerdings nach wie vor nicht sicher, ob es noch einen Versuch wert gewesen wäre. Es ist länger und monotoner, und ich glaube fast, dass ich das bessere der beiden Spiele jetzt tatsächlich schon gespielt habe.

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