Das Jahr hat schon mal gut angefangen. Doki Doki
Literature Club ist eigentlich ein Spiel, das ich noch 2019 spielen
hätte sollen – das war so mit einem Freund abgemacht. Obwohl ich
eigentlich die Idee hatte, war ich dann natürlich die
Person, die das nicht eingehalten hat. :‘D Deshalb war klar, dass
dieses Spiel mein erstes für 2020 sein musste. Ist mit seinen etwa 6
Stunden (wohlgemerkt für einen normalen Run und einen fürs bessere Ende)
ja auch keine allzu große Aufgabe gewesen. Gemeinsam
mit der schön knackigen Spieldauer kann ich ansonsten noch angeben,
dass DDLC gratis ist und dem Genre einer Dating Sim entspricht. Das ist
alles. Ernsthaft, lest nicht weiter wenn ihr das Spiel noch nicht kennt
und noch spielen wollt, oder zumindest mildes
Interesse daran habt. Und das möchte ich noch eindrücklicher sagen als
bei Hatoful Boyfriend damals – hier kann ein Spoiler zu viel das
Erlebnis bestimmt extrem beeinträchtigen.
Aber okay, nach diesem schwammigen Text sollte ich vielleicht mal erläutern, worum es eigentlich geht.
Alles startet wie eine unbeschwerte Dating-Sim.
Als männlicher Protagonist trifft man erst seine Sandkastenfreundin und
Nachbarin Sayori, die einen dazu überredet dem Literature Club
beizutreten. Fun Fact: Ich hatte erst meinen
richtigen Namen eingegeben, was ich dann aber umstellen wollte als einer der
Charaktere mich als „Boy“ bezeichnet hat. :‘D Ging aber nur indem ich
das ganze Spiel nochmal resetted habe, und nicht indem ich einfach ohne
Speichern nochmal von vorne anfing. Kam mir schon
verdächtig vor. xD
Wie auch immer, ich war dann also ein Junge
namens Badger (fragt nicht, Insider und so) und lernte die restlichen
Mitglieder des Literature Clubs kennen: Monika, die Club-Präsidentin, Natsuki und Yuri. Also insgesamt vier Mädels,
aus denen man wählen konnte, yay! <3
Ich wusste ja eben, dass da irgendetwas im
Hintergrund lauert, aber für gute zweieinhalb Stunden spielt man das
Spiel wirklich wie eine kleine Dating-Sim, indem man im Literature Club
Gedichte schreibt mit Worten, die den Mädels gefallen.
Also man wählt in einem Minispiel Worte aus, die einem der Charaktere
besonders gefallen, und wenn dann die Gedichte herumgezeigt werden, ist eine halt besonders begeistert, womit man dann auch mit
einer innigen Szene mit der Herzensdame belohnt wird.
Zuerst fällt hier auf, dass es keine Möglichkeit gibt, Monika zu
gefallen. Ich dachte, dass man sie vielleicht erst später als Romance
Option freischalten kann oder so.
Naja, man bekommt jedenfalls in Gesprächen
natürlich Tipps, worauf die anderen drei so stehen, aber es ist nicht
sofort so eindeutig zu durchschauen, sodass man erst wahrscheinlich
irgendwie zufällig bei einer landet. Und dann ist man
plötzlich so commited, dass man das halt weiter durchzieht. Mir ist das
mit Yuri passiert, und sie ist einfach das best girl. Ich hatte das
Gefühl, mich recht schnell in die Szenen hineinversetzen zu können und
fand alles für die kurze Dauer, die ich erst
im Spiel war, schon recht romantisch und schön. Auch die anderen
Charaktere waren mir aber sympathisch, und spätestens als Sayori – sonst
immer fröhlich und offen – trauriger wurde je mehr Zeit ich mit den
anderen verbrachte, dachte ich „Selbst wenn das eine
ganz normale Dating-Sim bliebe würde ich gerne alle Routen bis zum Ende
spielen!“
And then shit happened. Okay, bereits als Sayori
anfing deprimierter zu erscheinen habe ich quasi alles erwartet, und als
ich sie an einem Strick hängen gesehen habe, war ich nicht überrascht
über ihren Selbstmord. Und auch gar nicht
wirklich schockiert (wobei das Bild schon eine schlimme Wirkung hatte).
Viel interessanter war ohnehin eine Art Fehlermeldung im Hintergrund,
worüber man anscheinend mehr Infos in einer Datei namens „traceback.txt“
erfahren konnte. Und siehe da, genau diese
Textdatei war im Spieleordner, also auf meinem eigenen Computer! DAS
fand ich viel aufregender als den Selbstmord an sich. In der Datei waren
irgendwelche Code-Zeilen und ein Text wo quasi sowas stand wie „Ach,
ich lösch sie einfach, sie macht eh nur Probleme“.
Und naja… im Unterordner „Characters“ gab es nur noch drei Dateien, wo
eigentlich vier sein mussten.
Whoa, das war so cool. Natürlich war mir klar,
dass all das nur von Monika ausgehen konnte, die als einziges für sowas
in Frage kam. Es war jetzt zum Glück nicht total absehbar, sondern fällt
dann vor allem eben in diesem Moment gleich auf.
Es gibt Anhaltspunkte, die sind aber meist recht subtil oder können
zumindest nicht eindeutig als bedeutsam bewertet werden (vor allem wenn
man wirklich gar nichts über das Spiel weiß) bevor man an diese Stelle
kommt. Dann ist aber gleich klar, dass Monika
offensichtlich die Spieledatei bzw. den Code ändern kann. Trotzdem ist
damit nicht alle Überraschung dahin, eigentlich fängt das richtig Coole
damit erst an.
Einen alten Speicher vor Sayoris Tod zu laden
klappt nicht, womit dieses Ereignis einen Point of no Return darstellt
(und auch nicht verhinderbar ist, egal ob man sie daten wollte oder
nicht), nach dem NICHTS mehr so funktioniert wie
es sollte. Startet man das Spiel neu, gibt es im Titlescreen keine
Sayori mehr, sondern nur so einen Haufen Pixel, zusammengestellt aus den
Charakterbildern der anderen drei Mädchen. Der vorherige Button für
„New Game“ zeigt nur komische Symbole, ist aber
effektiv das einzige, wie man noch weiter kommen kann. Und dann startet
das Spiel genau an derselben Stelle wie ganz am Anfang, aber natürlich
ohne Sayori. Man merkt gleich, dass irgendetwas nicht ganz reibungslos
verläuft, weil die Bilder, Sounds und Textboxen
hin und wieder glitchen. Aber trotzdem kann man mal damit anfangen,
Yuri oder Natsuki zu beeindrucken – Monika ist nach wie vor keine
Option. Vielleicht hätte sie besser irgendwie statt Sayori zu löschen
diese mit ihrem eigenen Charakter überschreiben sollen,
aber das übersteigt wohl ihre Fähigkeiten.
Es ist schwierig akkurat zu beschreiben wie es
dann weitergeht, weil das alles ein echt wilder Ritt ist. Dauernd gibt
es seltsame Fehler im Spiel – der Screen hat einen Rotfilter, die Musik
wirkt nicht mehr harmonisch, Grafiken ändern
sich oder sind nur halb zu sehen, Szenen werden abgebrochen…. Die Charaktere benehmen sich
zunehmend seltsam, vor allem Yuri, was auf mich natürlich besonders
Eindruck gemacht hat. Ich glaube wenn man Natsuki ursprünglich daten
wollte kann das auch ziemlich nerven, weil man ab einem
bestimmten Punkt dazu gezwungen wird Zeit mit der sehr verstörenden
Yuri zu verbringen. Bis sie sich dann halt vor den Augen des Spielers
ersticht. Entweder weil er ihre Zuneigung zurückweist oder ihre Gefühle
erwidert. Also es ist, wie schon bei Sayori, ein
unausweichlicher Tod. Und was für einer! Man ist als Protagonist dazu
gezwungen Yuris toten Körper ein ganzes Ingame-Wochenende anzustarren
und dabei zuzusehen, wie ihre Augen leer werden und das Blut trocknet.
Das ist so cool. Also, komisches Wort, aber das
machte einfach auch echt Eindruck auf mich.
Nachdem das dann jedenfalls passiert sieht Monika
sich dazu gezwungen, einfach alle anderen Charaktere außer sich selbst
zu löschen und mit allem auszupacken. Sie weiß, dass sie in einem Spiel
„lebt“ und alles nicht echt ist, und ist
stinkig weil sie nicht mal eine Route hat in der man sie romancen kann.
Sie ist auch irgendwie in den Spieler verliebt (und nicht den Main
Character wie die anderen), weshalb sie nun auch okay damit ist mit ihm –
also mir – kommunizieren zu können in alle
Ewigkeit. Und ja, man kann auch nicht mehr viel anderes machen. Nicht
speichern, nicht Dialoge skippen, das Spiel nicht mehr von vorne
starten. Es gibt nur noch Monika. Just Monika.
Diese ganze Sache liebe ich auch einfach nur.
Monika hat extrem viele Themen, über die sie immer mit etwas Abstand
spricht. So viele, dass man vermutlich ewig sitzen muss damit sie sich
irgendwann wiederholen – natürlich um den Eindruck
zu erwecken als wäre sie tatsächlich ein frei denkendes Individuum.
Über diese Gespräche (die man dann wohl doch eher lieber nachliest als
die Zeit abzusitzen xD) lernt man sie dann tatsächlich auch noch besser
kennen. Sie erzählt zum Beispiel davon wie sie sich fühlt wenn man das Spiel beendet - es schmerzt sie und sie ist in einem komischen Gedankenvakuum.
Sie weist aber auch recht deutlich darauf hin,
wie sie die anderen Charaktere gelöscht hat, in welchen Ordner man dafür
gehen muss und dass man sie nur loswerden würde wenn man sie auch
löscht. Äh, okay, danke? xD Ich fand das sooo cool.
Ich habe also auch ihre Charakter-Datei gelöscht,
was Monika natürlich erst nicht so gut aufgenommen hat. Irgendwie hat
sie aber eingesehen, warum ihre ganzen Taten nicht so cool waren – die
anderen waren ja trotz ihrer lediglich virtuellen
Natur ihre (einzigen) Freundinnen, deren leichte Probleme sie so schlimm gemacht
hat, dass die sich alle umbringen wollten und so – und das Spiel wurde
doch wieder hergestellt. Diesmal aber ohne Monika.
So, und dann stürzt man sich natürlich zum
dritten Mal in diese Sache, nur um dann im Literature Club zu erkennen,
dass nicht nur Monika, sondern jedem Präsident des Clubs plötzlich
bewusst wird, dass alles nur ein Spiel ist. In dieser
Variante wird dann nämlich Sayori die Leiterin und bedankt sich nach
dem anfänglichen Geplänkel dafür, dass Monika gelöscht wurde. Ich war echt glücklich darüber, Sayori wieder zu haben, weil sie einem doch irgendwie fehlt.
Aber äh... Im
Normalfall wird Sayori dann plötzlich auch ganz besessen vom Spieler und
Monika, deren Bewusstsein noch irgendwo gespeichert ist, löscht dann
einfach alles, weil es wohl einfach nicht gut enden kann.
Aber verzweifelt nicht! Hat man von Sayori, Yuri und Natsuki alle Romance Szenen gesehen,
jedes Mal gespeichert bevor Sayori sich erhängt (die Dateien also nicht "korrumpiert" werden) und beim letzten
Durchgang bis zur Konklusion mit Monika gespielt, gibt es sogar so etwas
wie ein gutes Ende. Sayori wird dann als Präsidentin
nicht verrückt, sondern bedankt sich, dass man sich so bemüht hat alle
glücklich zu machen. Das ist offenbar ihr soft spot. Gelöscht wird das
Spiel dann trotzdem, aber man bekommt eine andere Nachricht am Ende.
Die kann man immer einsehen, für weitere
Spielstunden muss man aber wieder von ganz vorne anfangen (also auch die
Dateien in den Ordnern wieder in ihre ursprüngliche Form zurücksetzen).
Es gibt übrigens natürlich auch noch kurze Enden
für die Schlauberger, die gerne etwas experimentieren wollen – zum
Beispiel wenn man monika.chr gleich zu Anfang löscht oder in der Phase
wiederherstellt wo sie schon ihre Läuterung hatte.
Gerade der letzte Part hier klingt vielleicht ein
wenig rasch nacherzählt, aber ich kann einfach nicht ordentlich beschreiben, wie
gut das alles gemacht ist. Obwohl die allgemeine Prämisse nicht so
subtil ist und man schnell auf gewisse Sachen
kommt gibt es so viel Kleinigkeiten - Foreshadowing, versteckte
Details, interessante Dateien, Zusammenhänge, die dann schon eine echt
große und spannende Masse ergeben. Und man stellt trotz der Kürze und allen Verrückheiten irgendwie echt Bindungen zu den Charakteren her.
Ich hatte jedenfalls viel Spaß, auch wenn ich
nicht sicher bin, wie viel Eindruck DDLC bis zum Ende des Jahres dann
tatsächlich hinterlassen wird. Es ist kreativ, unterhaltsam,
geheimnisvoll und emotional, aber ich habe ein bisschen das
Gefühl, dass sich das eben nach dem Durchspielen durch das Nachlesen
verstärkt hat, und ich während dem Spielen auch durch meine hohen
Erwartungen nicht ganz so ergriffen war. Es ist schön, dass es so viel
zu entdecken gibt, vor allem wenn man sich mit den
Spieledateien beschäftigt und richtig reinwühlt - man kann alleine auf dem Wiki Stunden verbringen. Aber gleichzeitig kann man theoretisch halt trotzdem auch viel verpassen und es gehört nun mal nicht mehr alles zum aktiven Spielerlebnis an sich.
Aber ich empfinde trotzdem Liebe. Vor allem für die Dialoge, die einem alle Charaktere schnell näher bringen, für Sayoris sonniges Gemüt, das ihr trauriges Ich
verbirgt, für traceback.txt, für das Wochenende mit einer Leiche, für
den Protagonisten, der anfangs in rege Dialoge
verwickelt ist und dann nach Sayoris Tod immer mehr zu einem stummen
Hauptcharakter wird, für Monikas Lied am Ende, für eigentlich so ziemlich alles mit Yuri, meiner Herzens-
Just Monika.
Just Monika.
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