Montag, 15. Mai 2023

Shadowrun Returns


Ich habe absolut kein Vorwissen zum Shadowrun Pen & Paper Rollenspiel, in dessen Universum dieses Spiel stattfindet. Das braucht man zumindest für diesen Titel aber auch gar nicht, denn er ist relativ kompakt, schnell in seinen Grundzügen verständlich und hat eigentlich eine recht selbsterklärende Welt - zumindest in Bezug darauf, was man für die Kampagne hier braucht. 
Shadowrun Returns ist eine Mischung aus westlichem CRPG und taktischem Rollenspiel ála X-Com. Das funktionierte für mich ziemlich gut, auch wenn es erst einmal recht ungewohnt war, wie wenig es in der Welt zu entdecken gab. Zwar gibt es eine sehr freie Charaktererstellung, manchmal mehrere Wege, um eine Quest zu lösen und unterschiedliche Dialogmöglichkeiten, aber man folgt eigentlich immer der linearen Hauptquest. Zu erkunden gibt es nicht viel, was eigentlich mal eine recht nette Abwechslung zu den sonst immer sehr aufgebauschten westlichen RPGs ist, zumindest wenn einem von Anfang an klar ist, dass dies eben der Fall ist. Sonst wird man mit Sicherheit enttäuscht. Für mich war es aber, nach einem zugegebenermaßen leicht verwirrtem Ersteindruck, im Endeffekt wirklich cool so. Ich musste mir keine Sorgen machen, etwas zu verpassen, oder für irgendetwas nicht gewappnet zu sein, weil das nächste Ziel immer klar und ohne mögliche Umwege vor Augen war. Und, was eigentlich noch viel wichtiger war, ich habe das Kampfsystem verstanden. Eben weil dieses definitiv näher an Spielen wie X-Com, als an wirklichen CRPGs dran ist. Ich musste mir nicht ständig Gedanken machen, wie bei Pillars of Eternity zum Beispiel, dass ich die Hälfte des Systems nicht verstehe, und dabei auch keine Lust habe es zu erlernen. Das ist die Hauptsorge, die ich inzwischen bei den langen westlichen RPGs habe, und worum ich mich bei Shadowrun einfach nicht lange kümmern musste. Also, für mich ein klarer Pluspunkt, der mich auch definitiv eher dazu bringt, den Nachfolger Shadowrun Dragonfall zu spielen, als ein Pillars of Eternity 2.

Die Welt in Shadowrun ist eine gelungene Mischung aus Cyberpunk und Fantasy. Im Kontext der Welt funktioniert diese Fusion wirklich ausgesprochen gut. 
Bei der Charaktererstellung hat man eigentlich die klassischen Fantasyrassen, und kann Magier, Schamanen oder Nahkämpfer problemlos spielen, die aber recht individuell an das Setting angepasst sind, damit es nicht komisch wirkt. Zusätzlich dazu gibt es auch die ganz speziell technischen Klassen, wie Computer hacken (das ist dann sogar eine eigene Oberfläche abseits der normalen Maps) oder Drohnen befehligen können. Ich habe die nicht gewählt, weil ich nicht wusste, wie das alles funktionieren soll, und habe eigentlich dasselbe gespielt wie immer. xD Ich bin wirklich unverbesserlich. Also, es gab keinen Ranger, und immer wenn es keinen Ranger gibt, dann spiele ich - wenn vorhanden - einen Schamanen. Und genau das wurde es auch. 
Neben einer gewissen Spezialisierung und ein paar Obergrenzen für die Skillung (was aber eher von der Rasse abhängig ist), kann man aber eigentlich trotzdem so gut wie alles erlernen, was man will. Gut beraten ist man natürlich in dem Setting immer mit Schusswaffen, die man auf jeden Fall ein wenig aufleveln sollte. Ich hätte aber als Schamane genauso gut hacken lernen können, wenn ich Lust und genug Geld für die notwendige Ausrüstung gehabt hätte. Bei der Erstellung ist also nicht alles verloren, sollte man mit der Klasse nicht zufrieden sein.
Es gibt in Shadowrun Returns keine Level, sondern Karma-Punkte, die als Skillpunkte dienen. Eine Fähigkeit kostet immer so viele Punkte, wie die nächste Stufe ist, die ich erreichen will. Habe ich also Charisma 5, und möchte zu Stufe 6, muss ich 6 Karma-Punkte dafür bezahlen. Es ist alles wirklich ganz einfach, und überall steht auch sehr praktisch dabei, was welches Attribut und deren Unterkategorien genau bewirken. Also für Ungeduldige und Dumme wie mich einfach optimal.
Wenn man sich dann ins Gefecht stürzt, wechselt die sonst nahtlose Erkundung ohne Umschweife oder gar Ladezeiten auf derselben Map in ein rundenbasiertes System. Jeder Charakter hat eine bestimmte Anzahl an Aktionspunkten, die er pro Runde verbrauchen kann. Das sind in der Regel recht wenige, aber Skills und Angriffe kosten dafür auch meist nur 1-3 AP (und mehr Maximum hat man eigentlich auch eigentlich nicht, es sei denn man hat einen Zauber für mehr AP, wie der gute Schamane). Meistens kann man sich in einer Runde bewegen, schießen und vielleicht sogar noch ein Item benutzen - nur Granaten werfen kostet immer 2 AP, und die wirklich guten Zauber auch so 2-3 AP. 
Am wichtigsten im Kampf ist die Positionierung, denn es wird viel Wert auf Deckung und Entfernungen gelegt. Es macht wirklich Spaß, sich eine gute Position auszusuchen und sich die beste Taktik zu überlegen. Denn das ist leicht verständlich, macht aber trotzdem oft große Unterschiede aus. Mich haben die Kämpfe sehr motiviert. 

Vielleicht lag meine Motivation aber auch darin, dass Shadowrun Returns allgemein eher leicht ist. Ich hatte im ersten Drittel, und ganz zum Schluss mal je eine Situation, wo ich ein bisschen geschnauft habe. Aber Erstere war eigentlich deshalb, weil ich noch nicht kapiert hatte, dass ich jede Waffe einfach nachladen kann, und nicht plötzlich von meinen Fäusten Gebrauch machen muss... und das andere war halt der Endkampf, der ja auch ein wenig intensiver sein darf. 
Man kann sich das Leben aber auch mit den Teammitgliedern erleichtern oder erschweren. Es gibt zwar ein paar Gefährten, die man aufgrund des Plots bei Missionen dabei hat, aber diese sind dann beim nächsten Mal schon wieder weg. Und Ausrüsten kann man die auch nicht. Es sind eigentlich, bis auf die Tatsache, dass man sie in den Kämpfen direkt steuert, als wären sie der eigene Charakter, sonst wirklich nur NPCs. Die meiste Zeit über muss man mindestens zwei Team-Slots mit angeheuerten Söldnern gegen Bezahlung füllen, die keine Persönlichkeit haben, und nur mit dem kommen, was sie am Leib (und im Inventar) tragen. Die Auswahl ist aber sehr groß, und gegen Ende hin hat man eigentlich auch genug Geld, um sich wirklich die guten Leute herauszupicken. Ich fand beim zweiten oder dritten Mal, wo ich so meine Truppe auswählen musste, eine Magierin, die einfach alles weggebrannt hat und zusätzlich noch heilen konnte. Egal was ich danach sonst für eine Komposition hatte, mit ihr war die Herausforderung für mich plötzlich noch eine Spur geringer als vorher - ich habe nie wieder eine Mission ohne sie gemacht. Insgesamt denke ich aber trotzdem, dass Shadowrun Returns allgemein eher zur leichten Sorte gehört, wenn man mal alles verstanden hat, was aber nicht lange dauern sollte. Selbst ich hatte irgendwann alles komplett im Griff, obwohl ich manchmal wirklich nicht besonders aufmerksam bin, und ich nicht mal auf "leicht" sondern "normal" gespielt hatte! ;0


Die Geschichte von Shadowrun Return beginnt mit einer Nachricht, die ein alter Kollege dem Hauptcharakter (bei mir mit dem Namen Maki Roll, heh) schickt, nachdem dieser umgebracht wurde. Die Aufgabe des MCs ist nun, den Mörder zu finden, wobei man sich das Motiv dafür ein bisschen zusammenbasteln kann - es gibt die Möglichkeit, einfach scharf auf die Belohnung zu sein, die einem versprochen wird, oder der Verstorbene war doch ein guter Freund oder zumindest geschätzter, ehemaliger Mitstreiter. 
Für mich war natürlich spannend, dass man augenscheinlich auf den Fersen eines Serienmörders ist, was in mir ziemlich große Hoffnungen geweckt hat. Im Endeffekt gibt es aber wenig Überraschungen, und der erste Antagonist ist eigentlich gleich derjenige, der auch als einziges sofort offensichtlich verdächtig ist.^^ Der Plot wandelt sich dann auch rasch von einer Mordermittlung zu einer Weltenrettung, mit einem bösen Kult und ekligen Experimenten, was zwar insgesamt schon stimmig ist und zusammen passt, aber gleichzeitig trotzdem nie sonderlich spannend wird. Es ist alles meist genau so wie es auf den ersten Blick scheint, wirkliche Twists sucht man eigentlich vergeblich. Trotzdem ist die Geschichte eine, die es wert ist zu verfolgen, und sei es nur wegen der doch ziemlich coolen Atmosphäre, die das ganze Spiel über herrscht. 
Gerne mochte ich auch die Gefährten, die kurz ihren Auftritt im Rampenlicht hatten (wie gesagt, sie alle waren aber nur für ein bis zwei Missionen als Partymitglieder dabei), und allgemein viele der NPCs - die Portraits waren auch meistens sehr, sehr cool. Außerdem gefiel mir auch, dass ich mir am Ende eine Belohnung aussuchen konnte, entweder Geld, eine Anstellung bei einer renommierten Firma, oder Rache am unsympathischen Polizeikommandanten, der einem das Leben am Anfang ein bisschen schwer macht. Oh, und natürlich durfte man davor entscheiden, ob die "Big Bad" von riesigen Alien-Insekten aufgefressen wird, man sie vorher lieber erschießt, oder sie mitnimmt, um sie einzusperren. 
Leider gibt es keine individuellen Enden an sich, mit den Dialog-Entscheidungen hat man quasi seine Geschichte zum Abschluss gebracht, und es gibt nur Credits am Schluss. Also keine besonderen Szenen oder ähnliches. 


Insgesamt hat mir Shadowrun Returns aber schon so gut gefallen, dass ich Shadowrun Dragonfall (und vielleicht sogar Hong Kong) eigentlich unbedingt spielen sollte. Mir gefällt das Gameplay einfach sehr, und im zweiten Spiel soll dieses noch ein bisschen angenehmer gestaltet sein, und gleichzeitig vor allem die  Story deutlich einnehmender und besser erzählt werden. Dragonfall ist dafür aber auch ein bisschen länger, allerdings auch nicht wieder total aufgebläht. Unter Berücksichtigung meiner Erfahrungen mit Shadowrun Returns klingt das für mich eigentlich perfekt. Ich würde fast am liebsten gleich loslegen. Aber wann nur, wann habe ich wirklich Zeit dafür? D: 

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