Dienstag, 14. März 2023

Bravely Default


Bravely Default hat auf dem Papier alles, was ich mir eigentlich nur wünschen könnte: Es ist ein klassisches JRPG mit motivierendem Jobsystem, einer durchaus interessanten und vielschichtigen Geschichte, sympathischen Charakteren, die man besser kennenlernt und die sich auch weiter entwickeln, und einigen tollen Komfortfunktionen, um die altbewährte Formel aus Zufallskämpfen und Grindingsessions so angenehm wie möglich zu gestalten. Als kleinen Bonus gibt es auch noch kleine 4th-Wall Twists und zwei verschiedene Enden.
In der Praxis hat das Spiel aber natürlich trotzdem einige Schwächen. Und dabei rede ich jetzt nicht einmal von der zweiten Hälfte, bei der sich die Spielerschaft schon halbwegs einig darüber ist, dass sie nicht unbedingt der spaßigste Teil von Bravely Default ist. Dazu komme ich also erst später, zuerst wollen wir einmal beleuchten, was mir am "normalen" Spielverlauf, also erst mal an den Kapiteln 1 bis 4, gefallen oder nicht gefallen hat.

Die Geschichte des Spiels dreht sich - da es sich ursprünglich eigentlich um ein klassisches "4 Heroes of Light" Spiel handeln sollte - um die elementaren Kristalle, die Final Fantasy Veteranen nur allzu bekannt sind. Diese sind in der Welt von Bravely Default dafür verantwortlich, dass alle Elemente eben auch funktionieren, was sie allerdings zu Beginn des Spiels nicht mehr tun. Eine Verstalin, also eine Art Wächterin, will nun herausfinden, was geschehen ist. Agnès, die für den Windkristall verantwortlich ist, trifft dabei auf einen Jungen namens Tiz. Dessen Heimatdorf wurde von einem auf den anderen Tag zerstört, weil sich genau darunter ein riesiger Abgrund auftat. Tiz ist der einzige Überlebende dieser Katastrophe. 
Im Lauf der Geschichte treffen die beiden noch auf Ringabel, einen jungen Mann mit Gedächtnislücken, und Edea,  die Tochter eines Generals, der die Kristalle lieber zerstören möchte und dafür auch zu niederträchtigen Methoden greift (über weite Strecken also der scheinbare Antagonist). Angetrieben wird unsere Gruppe von einer kleinen Fee namens Airy, die Agnès mit Rat und Tat zu den Kristallen beisteht, und die uns schließlich dazu bringt, alle vier dieser mystischen Edelsteine von der Dunkelheit zu befreien und wieder zu erwecken. 
Die ersten vier Kapitel des Spiels bestehen daraus, je einen der vier Kristalle zu erwecken. Hier wird sich viel Zeit für die Geschichte und die Charaktere genommen, sodass man sie durchaus gut kennenlernt und einen Bezug herstellen kann. Trotz der recht niedlichen Grafik und der teilweise albernen (aber recht liebenswerten) Dialoge sollte man den Ton des ganzen jedoch nicht unterschätzen. Teilweise wird es ganz schön düster - zum Beispiel wenn man in einen Krieg zwischen zwei Fraktionen gerät, bei denen eine Seite eine Massenvernichtungswaffe in Form von Gift hat und auch nutzt, oder wenn man den Tod der Vestalin des Wassers mit ansehen muss. Grundsätzlich würde ich die Story bis Kapitel 5 auf jeden Fall als  positiv werten, auch wenn es ein paar Einbrüche gibt, wenn man teilweise dann an drei verschiedene Orte backtracken muss, damit es weitergehen kann. 
Ab Kapitel 5 wird es ein wenig schwieriger. Dadurch, dass sich die Ereignisse aus bestimmten Gründen wiederholen, wurden für gewisse Szenen nicht mal neue Dialoge benutzt. In Kapitel 6 wird es zwar nochmal interessant (und ich fand die Auflösung, wer Ringabel eigentlich ist, wirklich super), aber es ist trotz allem kein Vergleich zu den Ereignissen davor - und danach wird es sowieso ganz mau. Viel zusätzliches  Hintergrundwissen kann man nur aus Ringabels Tagebuch herauslesen, ohne dass solche Details im Spiel direkt erwähnt werden, was wirklich suboptimal ist. Die Welt und ihre Charaktere sind ausgearbeitet und interessant, aber ich habe leider keine Lust, mir das zusätzliche Wissen darüber nur selbstständig anlesen zu können? Über Sidequests kann man zumindest noch über einige NPCs und Antagonisten etwas erfahren, aber diese werden, je näher es ans Ende geht, auch irgendwie immer alberner, und ob man auf diese überhaupt noch irgendwie Lust hat, ist eine andere Frage. Denn prinzipiell wiederholt man 4 Kapitel lang die Erweckung der vier Kristalle (also, alle 4 in jedem einzelnen weiteren Kapitel, was insgesamt dann stolze 20! Erweckungen macht), und als einzige Abwechslung hätte man weitere Kämpfe. Denn nichts anderes sind die Sidequests, die man so ähnlich teilweise auch schon erlebt hat. Juhu?

Man muss für das "wahre" Ende diese 8 Kapitel vollständig durchmachen. Vom Spiel wird aber (fand ich zumindest) klar empfohlen - eben vor allem im Kapitel 6 - dass man sich vorher gegen diesen ewigen Kreislauf wehrt und nicht mehr mitmacht. Meiner Meinung nach war das alles wirklich eher so gedacht, dass man zuerst einmal das normale Ende freispielt, was problemlos am Ende von Kapitel 6 gemacht werden kann, und dass man dann für den richtig belohnenden Abschluss halt noch zwei extra Abschnitte drangepackt hat, damit man auch dafür arbeiten muss. 
Ich finde das von dem Standpunkt aus gesehen also nicht mal allzu schlimm und sogar irgendwie okay, zumindest in der Theorie. Praktisch war mir das alles trotzdem ein wenig zu lang und mühsam. Dabei habe ich die Sidequests schon zu einem großen Teil ausgelassen.
Leisten konnte ich mir das allemal, denn wenn eines in Bravely Default gut funktioniert, dann ist es Grinding. Ich habe am Ende von Kapitel 5 alle Charaktere auf Level 80 hochtrainiert, und bin damit dann - mit ausgeschalteten Random Encounters - bis zum Schluss gekommen (auch wenn ich am Ende durch die ganzen Bossfights trotzdem Level 94 war^^). 
Womit wir auch schon bei den Komfortfunktionen wären, die das Spiel wirklich deutlich erträglicher machen. Wie gesagt kann man die Rate der Zufallskämpfe frei einstellen, und diese auch jederzeit völlig abstellen. Außerdem kann man die Kämpfe beschleunigen, was auch wirklich viel Zeit spart. Schon nur diese beiden Dinge gemeinsam täuschen wirklich gekonnt darüber hinweg, wieviel man eigentlich grinden muss, um die richtigen guten Jobfähigkeiten zu erhalten. 
Denn Bravely Default kommt mit einem richtig motivierendem Jobsystem daher, was das Herzstück des Gameplays darstellt und auch wirklich einen großen Teil des Spaßes ausmacht.
Gut, bis das alles ins Rollen kommt, sind die rundenbasierten Kämpfe jetzt nicht so spannend, und man bekommt auch nur wenige Jobs durch den normalen Spielverlauf. In den ersten vier Kapiteln macht man aber sowieso alle Sidequests, die auch extra auf der Weltkarte gekennzeichnet sind, und durch diese bekommt man haufenweise Berufe zur Auswahl - insgesamt 24, wenn man den Freelancer mitzählt (nur die letzten zwei werden erst spät verfügbar und erfordern etwas mehr Aufwand).

Es gibt ganz klassische Jobs, wie den Weißmagier, den Ritter oder den Dieb, aber auch ganz eigene Klassen. Der Pirat kämpft zum Beispiel mit Äxten und kann viel Schaden austeilen, der Merchant vertraut hauptsächlich auf das Geld, das man auf der Hand hat, und der Templer hat sich ganz auf Schwertkampf, gepaart mit Lichtmagie, spezialisiert. 
Jeder Beruf hat 14 Level, und neben aktiven Angriffen erhält man beim Leveln auch passive Skills. Diese kann man mit einer bestimmten Anzahl von Punkten jederzeit nach dem Erlernen ausrüsten, völlig egal welcher Job tatsächlich ausgewählt ist. Und es macht richtig Spaß, coole Kombinationen herauszufinden und zu nutzen. 
Da es aber so viele Möglichkeiten und Kniffe gibt, wird bei den meisten Kämpfen auch eine gewisse Taktik verlangt. Bei den Bossen - außer vielleicht später bei den immer selben Kristallbossen - gibt es kein hirnloses Geschnetzel, sie alle erfordern dann doch etwas Konzentration. Einerseits ist das natürlich cool, andererseits hat man halt in Kapitel 7 dann eigentlich schon echt keine Lust mehr, und will einfach nur noch schnell vorankommen. 
Ansonsten gibt es noch ein paar Details bei den Kämpfen, wie zum Beispiel eben die namensgebenden Fähigkeiten "Brave" und "Default". Wenn man eine Runde auslässt mit Default, verteidigt man nicht nur für diesen Zug, sondern bekommt auch für den nächsten einen Aktionspunkt (BP) mehr. Man kann allerdings diese Punkte auch schon vorher "leihen", indem man mit Brave mehrere Aktionen durchführt - dann kann man halt die Runden danach nichts machen. 
Während die Skills für einzelne Jobs mit dem Leveln automatisch kommen, muss man Magie für die bestimmten Klassen trotzdem noch in Shops kaufen. Für Ausrüstungen und Items gibt es neben der normalen Geschäfte noch die Möglichkeit, das Dorf Norende (Tiz' Heimat) auf einem separaten Screen wieder aufzubauen, wodurch extra Gegenstände freigeschaltet werden. Dort kann man auch neue Spezialfertigkeiten freischalten, die sich bei der Erfüllung von gewissen Bedingungen im Kampf einsetzen lassen, und neben ordentlichem Schaden auch Stats für eine kurze Dauer verbessern. Diese Spezialfähigkeiten sinnvoll aneinanderzureihen kann die Schadenszahlen wirklich erheblich in die Höhe treiben - und dies ist gegen viele Bosse eben auch erforderlich. 

Ich denke damit habe ich jetzt so grob einmal alles abgedeckt, was man über das Spiel in relativer Kurzform sagen könnte. 
Zum Schluss noch ein paar persönliche Dinge: Ringabel und Edea sind Tiz und Agnès als Charaktere weit überlegen. Mein Lieblingsjob war der Schwertmeister. Von der gegnerischen Fraktion (und den Leuten, von denen man Jobs erhalten konnte) fand ich Einheria (neben Alternis) am coolsten. Auf die Meta-Elemente hätte ich eigentlich alle verzichten können - manche waren ganz nett, andere ein bisschen albern (oh nein, zerstör nicht die Welt von meinem guten Freund, Freund-Bot!!). Ziemlich cool fand ich, dass sich der Startbildschirm mit der Zeit verändert und irgendwann den Satz "Airy Lies" anzeigt. Alles andere war nicht so wirklich aufregend, aber gut, man musste ja offenbar die Streetpass- und Online-Funktion des 3DS irgendwie einbauen. Und nochmal: Ich fand es soo cool, als ich herausfand, dass Ringabel Alternis Dim ist. Ringabel ist einfach der Beste. 

Meine Jobkombinationen beim Endboss waren:
Ringabel: Walküre/Salbenmacher
Agnès: Geisterrufer/Weißmagier
Tiz: Waldläufer/Kampfmagier
Edea: Schwertmeister/Kampfmagier
Insgesamt hatten alle Beteiligten ungefähr 6 Jobs gemeistert, würde ich sagen. Und ich war zu faul, mir noch den Vampir und Conjurer überhaupt zu holen. Dabei scheint zumindest Yulyanas Quest noch ein paar Hintergrundinfos zu bringen, aber naja, es war einfach alles schon zu lang.
Die direkte Fortsetzung Bravely Second werde ich aber auf jeden Fall spielen - nicht nur, dass ich das Spiel bereits gekauft habe, es liegt mir auch irgendwie schon was an dieser Welt und ihren Bewohnern. Bravely Default 2 steht allerdings eher nicht auf meinem Programm. 

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