Freitag, 16. Oktober 2015

King's Bounty: The Legend


King's Bounty ist eine Spielereihe, bei der RPG und Strategie zu einem gekonnten Mix zusammengeführt werden. "The Legend" stellt den ersten Teil dar - er ist die Neuauflage des 1990 veröffentlichten, urprünglichen "King's Bounty", das als geistiger Vorläufer der Heroes-Reihe angesehen werden kann. Das russische Entwicklerteam "Katauri Interactive", das KB: The Legend 2008 herausbrachte, orientierte sich zwar an dem Original, tauschte aber einige Strategieaspekte gegen Rollenspielelemente, wodurch das Spiel zu einer Besonderheit wurde. Und inzwischen gibt es eben vier Nachfolger, was nicht nur dem speziellen Prinzip, sondern auch der liebevollen und detailgetreuen Gestaltung, sowie dem ausgefeiltem Gameplay zu verdanken ist.
Ich würde allerdings keinem reinen RPG- oder Strategiefan dieses Spiel empfehlen, ohne auch etwas mit dem jeweils anderen Element etwas anfangen zu können. Es ist zu wenig Rollenspiel und zu wenig Strategietitel als einzelnes, um sich mit einer Sache begnügen zu können. Außerdem wird man auch sehr lange damit beschäftigt sein, wenn man wirklich bis zum Ende spielen möchte - dafür braucht man mehr Motivation als nur rundenbasierte, strategische Kämpfe oder nur ausgearbeitete, interessante Quests. Ich habe für meinen Durchgang 42 Stunden gebraucht und habe gegen Ende dann nicht mehr alles so genau durchforstet - ich hätte also durchaus noch einiges an Spielzeit mehr haben können - und war dann am Ende nicht mehr übermäßig motiviert, obwohl mir die Mischung als Ganzes wirklich gefallen hat. Das hatte zwar mehrere Gründe, aber grundsätzlich erfordert dieses King's Bounty schon auch ein bisschen Durchhaltevermögen und wenn man am Anfang nicht total begeistert ist, wird man es vielleicht nicht bis zum Ende schaffen.

Die Geschichte von King's Bounty: The Legend ist eine sehr klassische. Als Schatzsucher von König Markus (der im Prinzip der König der Menschen ist, oder zumindest der angesehenste Herrscher in Darion, dem Territorium der Menschen) erledigt man für diesen allerlei Quests. Dazu bewegt man sich frei auf der Karte - es gibt hierbei keine Runden oder begrenzte Bewegunspunkte. Nach und nach entwickelt sich die Geschichte, bei der man zum Beispiel einen Krieg mit den Zwergen verhindert, oder der Elfenkönigin ihre Seele zurückholt. Auch wenn die Story sich nicht besonders anhört, machen viele Details und Hintergründe das Ganze zu einem interessanten Abenteuer. Hier wurde eine richtig lebendige Welt erschaffen, mit tausenden weiteren Vorgängen, die alle ihre eigenen Hintergründe, Protagonisten und Antagonisten haben. Über Sidequests lernt man von diesen, und wer sich nicht dafür interessiert und nicht gerne lange Texte liest, wird dieses Spiel nicht so mögen. Man verbringt wahrscheinlich 80% der Spielzeit mit Nebenaufgaben, die aber alle wirklich toll gestaltet sind. Ich war regelmäßig begeistert, was den Entwicklern alles eingefallen ist - wirklich keine Aufgabe wirkt dahingeschludert oder um das Spiel zu strecken, jede ist liebevoll ausgearbeitet und hat eine eigene Geschichte. Oft wird hier besonderer Wert auf Humor gelegt. Zum Beispiel findet man in einem Sumpfgebiet einige weibliche Frösche, die eine ihrer Artgenossinen vermissen. Diese wurde von einem Prinzen entführt, der sie durch einen Kuss in einen Menschen verwandeln wollte, was aber nur bedingt geklappt hat. Man selbst kann diese Froschfrau dann befreien und sie danach tatsächlich selbst heiraten. :D
Es gibt aber auch ernste Quests und auch solche, die man versemmeln kann, außerdem hat man bei einigen auch gewisse Entscheidungsfreiheiten. Die Storyline an sich ändert sich zwar nicht, aber man kann dem ausgewählten Helden durch ein paar Optionen zumindest unterschiedliche Charakterzüge geben. Das ist aber eher ein netter Zusatz, als ein wirkliches Feature.
Der ganze Aufbau mit den Quests erinnert also ein bisschen an ein MMORPG, nur dass sie hier wirklich ein Herzstück des Spiels sind und nicht nur dazu dienen, coolen Loot oder Levels zu bekommen. Es gibt natürlich auch EXP und Belohnungen, aber diese werden auf Dauer nicht motivieren, wenn man sich kein Stück für die Geschichte der Aufgaben interessiert.

Sonstige RPG-Elemente gibt es vor allem bei der Charakterentwicklung. Zu Beginn sucht man sich einen von drei verschiedenen Helden aus - einen Krieger, einen Paladin oder einen Magier - und bestreitet mit ihm das Spiel. Sie alle haben dieselben drei Skilltrees zur Aktivierung von Fähigkeiten, aber auch je eine einzigartige Fertigkeit. Bei jedem Level-Up bekommt man Runen, die man im Skilltree ausgeben kann und auch hier wird bei der Verteilung darauf geachtet, welcher Berufung man nachgeht.
Es gibt einiges an (nicht auf dem Protagonisten sichtbarer) Ausrüstung zu finden, die grundsätzlich jede Klasse tragen kann - natürlich ist nicht alles sinnvoll. Neben üblichen Werten, die man so steigern kann (wie Intelligenz oder Angriff), haben manche Items auch Auswirkungen auf die Fraktionen. Also, die Fraktionen, deren Kreaturen man angeworben hat. Womit wir beim strategischen Teil wären.

Die Helden kämpfen nicht selbst, sondern befehligen wie in Heroes of Might and Magic eine Armee aus verschiedenen Einheiten. Die werden allerdings nicht in einer eigenen Stadt angeworben, sondern an unabhängigen Orten - es gibt in King's Bounty keine eigene Stätte, die man ausbauen könnte. Die Anwerbeorte sind aber sehr, sehr zahlreich und die Auswahl an Kreaturen wirklich riesig. Das macht eine ganze Weile lang richtig viel Spaß, weil man hier auch taktisch völlig unterschiedliche Ansätze verfolgen kann.
Es gibt jedenfalls eben die Fraktionen, die aus Menschen, Zwergen, Elfen, Orks, Tieren, Untoten, Drachen und Dämonen bestehen - je nachdem in welchem Territorium man ist, findet man natürlich häufig die zugehörigen Einheiten, aber es gibt trotzdem viel Abwechslung. So kann man sich wirklich eine perfekte Auswahl zusammenstellen, weil es einfach ganz viele Möglichkeiten gibt, die Truppe nach seinem eigenen Spielstil zu gestalten. Diese Vielfalt ist auch unabdingbar, denn die meisten Kreaturen sind nur limitiert in den Behausungen verfügbar. Nur bei Fraktionen, mit denen man sich gut stellen kann, gibt es irgendwann unendliche Vorräte - allerdings auch nur bei Einheiten, die im "Haupt"schloss verfügbar sind.
So weit ich das mitbekommen habe entscheidet auch ein gewisser Zufallsfaktor über die verfügbaren Kämpfer an den Anwerbeorten, die eben kein Schloss sind. So kann es einem passieren, dass man Inquisitoren anheuert, sie aber im restlichen Spiel nie mehr findet. Das wäre ein Problem, wenn es eben nicht sowieso Horden von Alternativen gäbe. Jemand, der so eine bestimmte Kreatur ganz besonders mag, wird sich aber wohl trotzdem ärgern.
Was ich so verwendet habe kann in dem Screenshot, den ich ganz am Ende eingefügt habe, so ein bisschen betrachtet werden.

Kämpfe laufen dann jedenfalls fast genau wie in Heroes of Might and Magic ab. Nach der Reihe sind die Einheiten je nach ihrem Initiative-Wert dran. Jede kann sich eine bestimmte Anzahl von Feldern bewegen und - wenn vorhanden - eine Spezialfertigkeit anwenden oder angreifen. Hier muss eben bedacht werden, dass der Feind zurückschlägt, manche Angriffe Flächenschaden verursachen oder bestimmte Kämpfer eine Richtung für ihre Attacke bevorzugen.
Man selbst kann auch noch mit Zaubern nachhelfen, die aber natürlich nur beim Magier wirklich stark sind. Als andere Klasse wird man sie vielleicht zur Stärkung oder zum Schutz hin und wieder verwenden, die großen Schadensmagien aber vermeiden. Was allerdings allen zur Verfügung steht, sind die Wutgeister.
Im Laufe der Hauptquest bekommt der Held nämlich eine Kiste, in der vier "Monster" leben. Wenn man bestimmte Bedingungen erfüllt (zum Beispiel die Truhe an einen bestimmten Ort bringt), stellen sie sich in die Dienste des Protagonisten. Jeder der Wutgeister hat vier Fähigkeiten, die man steigern kann, weil die dämonischen Helfer ebenfalls Level gewinnen - insofern man sie einsetzt. Ihre Stärke nimmt also zu, je mehr man sie gebraucht. Und auch wenn einige der Fähigkeiten relativ nutzlos sind, gibt es auch ein paar richtig, richtig starke. Vor allem der letzte Wutgeist, den man erst recht spät freischalten kann, säbelt entweder alles weg oder bringt taktische Vorteile.
Für die Nutzung braucht man übrigens "Wut", was eine eigene Art von Mana ist und sich im Kampf steigert - vor allem natürlich wenn die eigenen Einheiten Schaden erleiden.

Ich denke das dürfte so ziemlich das gesamte Prinzip von King's Bounty: The Legend beschreiben. Natürlich gibt es noch viele kleine Details - zum Beispiel dass man mit einer Heirat auch Kinder bekommen kann, und Frau und Nachwuchs auch kleine Boni geben, oder dass Items aufgestuft und verbessert werden können, wenn man gegen ihre Wächter kämpft - aber das kann man bei Interesse auch selbst herausfinden.
Damit will ich auch nur sagen, dass dieses Spiel sehr tiefgehend sein kann und man sich wirklich sehr lange damit beschäftigen kann. Noch sehr viel länger als ich, obwohl ich schon echt viel gemacht habe. Mir fehlen sicher nicht viele Sidequests, aber mit den Items habe ich mich zum Beispiel sehr wenig beschäftigt. Und in der Drachenwelt bin ich vor Kämpfen eher davongerannt, als mich ihnen entgegen zu stellen.^^
Das war nämlich eine Sache, die mir meine Motivation etwas verdorben hat: Ab einem bestimmten Punkt war das Spiel plötzlich sehr schwer. Das machte einen richtigen Sprung, dabei habe ich schon auf leicht gespielt. xD
Sobald man in das "richtige" Reich der Untoten kommt (vorher gibt es ein paar kleinere Gebiete, wo diese Fraktion vertreten ist), sind plötzlich alle Gegner als "sehr stark" oder sogar "tödlich" eingestuft. Bis dahin hatte ich so gut wie alle Aufgaben gemacht und keinen Kampf auf der Map ausgelassen, und trotzdem war ich erst einmal zu schwach. Und etwas später darf man dann auch gegen die Drachen kämpfen, die einfach nur richtig furchtbar sind. Sie machen natürlich schon mal viel Schaden, aber viel nerviger ist, dass sie immer als erstes handeln. Selbst wenn man eigene Drachen hat, kommen meist zuerst die Gegner dran. Und dann kann man noch so stark sein - wenn als erstes einmal mehrere fliegende Ungetümer angreifen dürfen (die können sich ja auch noch über die ganze Kampfmap bewegen), verliert man nun mal einige Kreaturen. Und das ist für ein Spiel, wo dies eine - wenn auch großzügig - begrenzte Ressource ist, sehr ärgerlich. Weil man zu dem Zeitpunkt eben höchstwahrscheinlich auch schon seine favoritisierte Truppe beisammen hat.

Insgesamt würde ich also sagen, dass King's Bounty: The Legend ein liebevoll gestaltetes Spiel ist, bei dem alle Aspekte sehr viel Spaß machen. Allerdings kann sich die Motivation gegen Ende verflüchtigen - vorrangig weil der Schwierigkeitsgrad so ansteigt und nicht, weil es so lange ist. Zwar bietet sich so immerhin bis zum Schluss eine Herausforderung, aber das war für mich eben sehr zweitrangig, und ich schätze so wird es vielen gehen. Trotzdem kann ich das Spiel empfehlen, man sollte nur von Anfang an wissen, auf was für eine ausufernde Reise man sich einlässt. Ich habe oft nebenbei gespielt, wofür sich King's Bounty ausgezeichnet eignet, und teilweise auch längere Pausen gemacht, was sich sicher über weite Strecken bewährt hat - hätte ich gegen Ende vielleicht auch nochmal machen sollen, aber da wollte ich dann einfach fertig werden^^. Wenn man die Motivation über all die Zeit verliert kann es nämlich locker sein, dass sie nach ein paar Wochen (oder Monaten) Abstinenz wieder voll zurückkommt.


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